Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Besorgte AnwohnerWiderstand gegen ortsnahe Windparks im Südkreis Euskirchen wächst

6 min
Die drei Genannten vor der Fläche, auf dem ein Windrad errichtet werden soll.

Auf der Hügelkuppe hinter Stephan Wienhold (v.l.), Nicole Heup und Markus Wunsch aus Felser soll sich in einigen Jahren eines der Windräder im Windpark „Wildenburg“ drehen.

Zwei neue Windparks, die Projektierer im Südkreis Euskirchen errichten wollen, rufen Besorgnis hervor. Die Standorte kollidieren auch mit den Planungen der Kommunen.

Seit die Energiewende per Gesetz vorangetrieben wird, herrscht Goldgräberstimmung bei Projektentwicklern von Wind- und Solarparks. Regelmäßig werden in den Städten und Gemeinden neue Planungen vorgestellt. Als Bremsklotz wirkt derzeit noch der Regionalplan, der bis zum Ende des Jahres verabschiedet werden soll. Doch auch, wenn nur die Bereiche, die als Vorzugsflächen für die Windkraft ausgewiesen worden sind, mit Windenergieanlagen bestückt werden, wird sich das Bild der Eifel verändern.

„Der Blick auf die Eifel wird in fünf Jahren nicht mehr derselbe sein“, prophezeit Markus Wunsch. Er ist als Förster auch mit der Windkraft befasst. Doch in Felser sei er nur Betroffener und damit privat unterwegs, betont er. Rund 800 Meter vom Fenster seines Wohnhauses entfernt, soll eines der Windräder des geplanten Windparks „Wildenburg“ errichtet werden: 266,5 Meter hoch. Bis auf 745 Meter rücken die Anlagen dieses Windparks an den Ort heran, 730 Meter sind es bei Zingscheid.

Standorte der Windkraftanlagen rücken immer näher an die Menschen heran

Manche Projektplaner haben nicht den besten Ruf bei vielen Eifelern. Es wird ihnen Gewinnmaximierung auf Kosten der Anwohner vorgeworfen, locken doch satte Gewinne aus dem Betrieb der Windräder. So dicht wie möglich sind die Standorte gewählt worden. So rücken die Anlagen immer näher an die Menschen heran, die dort seit Jahrzehnten leben und nicht weniger als den Verlust ihres Lebensplans befürchten.

„Jeder, der hier lebt, ist hier, weil er es liebt“, sagt etwa Gaby Cremer aus Paulushof. Mit ihrer Nachbarin Angela Schmitz ist sie an einen der geplanten Standorte in der Nähe der B258 gefahren. Jahrelang hätten sie aus diesem Grund die Nachteile der Lage ihrer Wohnhäuser und weite Anfahrten zur Arbeitsstelle in Kauf genommen. „Und jetzt soll zerstört werden, weswegen wir hier sind“, moniert sie.

Der Blick auf die Eifel wird in fünf Jahren nicht mehr derselbe sein.
Markus Wunsch, Anwohner in Felser

Ruhe und Natur hätten sie damals gesucht, doch das sei mit den Anlagen dann vorbei. Sie prüfe derzeit, Schadensersatzforderungen geltend zu machen und vor Gericht zu ziehen. Denn der Wertverlust ihres Hauses und Grundstückes sei massiv. „Heutzutage hört und sieht man dort nichts, das macht den Wert unserer Immobilien aus“, bestätigt Angela Schmitz. Aber in erster Linie kämpfe sie gegen den Verlust an Lebensqualität.

Die beiden Frauen auf der Fläche im Wald, die für ein Windrad vorgesehen ist.

Gaby Cremer und Angela Schmitz an einem der Windrad-Standorte, die zum Windpark „Eifelwald“ gehören.

Trotz der nahen Bundesstraße ist es still hier, wo in Zukunft die Windenergieanlage 15 des Windparks „Eifelwald“ stehen soll. „Wir haben hier den Schwarzstorch, Milane und ein Wildkatzenschutzgebiet“, sagt die Jägerin. Auch geschützte Fledermausarten lebten hier, fügt Gaby Cremer hinzu.

Damit sei es dann vorbei, prophezeit Angela Schmitz. Sie befürchte den Störfaktor Mensch durch die Bauarbeiten und den Betrieb der Anlagen, die regelmäßig gewartet werden müssen. Das Rotwild würde sich dann weiter in die Dickungen zurückziehen und dort auch zur Futteraufnahme bleiben. Die Folge wären Verbissschäden.

Regionalforstamt Hocheifel - Zülpicher Börde moniert große Kahlschläge

Wie massiv die Auswirkungen auf den Wald sein würden, beschreibt Christoph Böltz, Leiter des Regionalforstamtes Hocheifel - Zülpicher Börde, das eine Stellungnahme zu der Planung abgeben muss. „Die Leute, die nichts damit zu tun haben, können sich nicht vorstellen, welche Kahlschläge für den Bau der Windenenergieanlagen notwendig sind“, sagt er.

Die Flächen für die Fundamente und die Stellflächen für die Kräne, die rund einen halben Hektar betragen, seien da nur ein Teil. Doch genauso müssten auch Lagerflächen für Bauteile oder Maschinen gerodet werden. Auch müsse man Zisternen bauen, da Windenergieanlagen auch Feuer fangen können, was im Wald erhebliche Folgen haben kann.

Einen Eindruck für ein anderes Problem liefern die Karten, die bei den Präsentationen in den kommunalen Räten im Kreis vorgelegt wurden: Jede Kurve im Wald ist mit einem ausgedehnten Radius versehen, der gerodet werden muss. Der Grund ist die Materialanlieferung: „Alleine die Flügel sind 80 Meter lang und müssen um die Ecken in den Wald gebracht werden“, so Böltz.

Christoph Böltz in seinem Büro.

Christoph Böltz, der Leiter des Regionalforstamtes Hocheifel - Zülpicher Börde, weist auf die großen Kahlschläge hin, die für den Bau der Windräder nötig sind.

Er kritisiert, dass die Projektierer ihre favorisierten Standorte genau auf die Grenzen der geplanten Vorranggebiete gelegt hätten. „Als Regionalforstamt müssen wir die verschiedenen Funktionen des Waldes schützen, den Nutzen, den Naturschutz und die Erholung“, sagt er. Deshalb müsste nach seiner Auffassung auch mal eine Windenergieanlage reichen, wo die Planer in einen kleinen Bereich zwei gesetzt hätten. Doch wenn der Regionalplan so wie entworfen verabschiedet würde, seien die Anlagen privilegiert und kaum zu verhindern.

Die Leute, die nichts damit zu tun haben, können sich nicht vorstellen, welche Kahlschläge für den Bau der Windenenergieanlagen notwendig sind.
Christoph Böltz, Leiter des Regionalforsamtes Hocheifel - ZülpicherBörde

Kritik aus naturschutzfachlicher Richtung am Windpark „Eifelwald“ kommt vom Nabu Kreisverband Euskirchen. „Aus natur- und artenschutzrechtlicher Sicht eignet sich das betrachtete naturnahe Waldgebiet nicht zur Etablierung von Windindustrieanlagen“ – zu diesem Urteil kommt ein von dem Verband in Auftrag gegebenes Gutachten, das den Behörden und dieser Redaktion vorliegt. Das Büro für Umweltplanung Brötz aus Sinzig untersuchte die Fläche im ersten Halbjahr 2024 und konnte dabei zwölf streng geschützte Vogelarten feststellen. Auch konnten sieben belegte Horste von Rotmilan, Schwarzstorch, Habicht und Mäusebussard beobachtet werden.

Biologe Manfred Trinzen weist auf die Gefahren für die Tierwelt hin

Auch die Säugetierpopulation sei in Gefahr, urteilt der Biologe Manfred Trinzen in einem zweiten Gutachten über zu erwartende Konflikte zwischen den Windenergieanlagen, Wölfen und Wildkatzen. „Bei einem weiteren Ausbau der Windenergie im Bereich Zitterwald ist eine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes der Wildkatze durch massiven Verlust von Reproduktionsraum nicht auszuschließen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Förderung der Wiederbesiedlung durch den Wolf wird untergraben“ resümiert er.

In Felser formiert sich Widerstand. Die Gegner formulieren eine ganze Liste von Sorgen: Dauerndes Blinken in der Nacht, die Kontamination mit Schmiermitteln, Schattenwurf und nicht zuletzt der Lärm: „Wir sind Wohnmischgebiet, deshalb dürfen wir dann nachts mit 45 Dezibel beschallt werden“, weiß Wunsch. „Ich kriege mein Haus nie wieder los, alle Investitionen sind verbrannt“, befürchtet Stephan Wienhold. Man sei völlig hilflos.

Aber kampflos wollen sich die Anwohner in Felser nicht ergeben. So sollten in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hellenthal die Berechnungspunkte für den Geräuschpegel neu festgelegt werden, kündigt Wunsch an. Und man will sich vernetzen. „Wir planen eine Veranstaltung mit den Leuten aus den Nachbarorten“, kündigt er an.

Wir haben hier den Schwarzstorch, Milane und ein Wildkatzenschutzgebiet.
Angela Schmitz, Jägerin

Doch nicht alle Menschen in Felser seien Gegner des Projektes, sagt Nicole Heup. „Manche kriegen Geld für ihre Wiesen, andere leben mit den Nachteilen“, moniert Nicole Heup. So befürchtet ihr Mann Thilo negative Folgen für die Nachbarschaften. „Ich hoffe, dass es das Dorf nicht zerreißt“, sagt er.


Der Windpark „Eifelwald“

Zwei verschiedene Windparks sind an den Gemeindegrenzen zwischen Kall, Hellenthal und Nettersheim vom gleichen Projektierer geplant worden. Dabei ist das als „Eifelwald“ bezeichnete Projekt sehr viel weiter gediehen als „Wildenburg“.

Für „Eifelwald“ hat die Firma Prokon bereits beim Kreis Euskirchen als Genehmigungsbehörde die Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz beantragt. Im Bereich Silberberg, ungefähr entlang der L204 zwischen Milzenhäuschen und Schmidtheim und darüber hinaus, sollen 14 Anlagen errichtet werden. Von Paulushof ist das nächstgelegene Windrad etwa 960 Meter entfernt. Die Gemeinden Dahlem, Nettersheim und Hellenthal lehnten unabhängig voneinander den Antrag auf Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ab.

Der Windpark „Wildenburg“

Fünf Windenergieanlagen plant die Firma außerdem im Windpark „Wildenburg“. Der befindet sich in einem Waldstück zwischen Felser, Sistig, Zingscheid und Benenberg. Drei der geplanten Anlagen rücken näher als 750 Meter an die Wohnbebauung in Zingscheid und Felser heran. Bei diesem Projekt ist der aktuelle Verfahrensstand noch im Stadium des Vorbescheides auf Genehmigung.

Bei beiden Projekten befinden sich die Windenergieanlagen innerhalb der Grenzen der Flächen, die im aktuellen Entwurf des Regionalplans für die Windenergie als Vorranggebiete ausgewiesen werden. Das kollidiert aber mit der Planung der Kommunen. Die Bereiche liegen außerhalb der Konzentrationsflächen, die die Gemeinden in ihren jeweiligen Flächennutzungsplänen festgelegt haben.