Starfighter-AbsturzTapferer Pilot opferte sein Leben für die Menschen in Kall-Krekel

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Ein Holzkreuz mit einer Plakette und einem Foto des Piloten steht heute an der Absturzstelle.

Kall-Krekel – Als Erik-Edgar Bedarf den Schleudersitz seines Starfighters betätigt, ist es schon zu spät. Die Maschine hat nicht mehr genug Höhe, der Fallschirm des Piloten kann sich nicht mehr richtig öffnen. Der 26-Jährige schleudert mit seinem Sitz in den Wald und ist sofort tot.

Vorher hatte Bedarf aber seinen Starfighter noch über den Ort Krekel hinweggezogen und damit das Dorf vor einer Katastrophe bewahrt. Die Maschine wäre sonst nahe der Hauptstraße abgestürzt, wo es damals nicht weit voneinander entfernt drei Tankstellen gab, wie Ortsvorsteher Hans Dieter Schäfer erzählt.

An den Absturz des Bundeswehroffiziers, der sich am 3. September 1962 ereignet hat, wird 60 Jahre später bei einem Gottesdienst in der Krekeler Pfarrkirche und einer Kranzniederlegung an der Absturzstelle am Ortsrand erinnert. Schäfer hat mit Dieter Züll und dessen Sohn Andreas ein Programm für die Feier am Sonntag, 2. Oktober, ausgearbeitet.

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Über Mechernich bemerkte Pilot Probleme am Flugzeug

Die drei Protagonisten hatten auch schon vor zehn Jahren eine Gedenkfeier organisiert. Dieter Züll hat lange in Kall gewohnt und lebt jetzt in Köln. Wie Züll erzählt, waren Erik-Edgar Bedarf und Joachim Zieger an diesem 3. September mit zwei Maschinen vom Fliegerhorst Nörvenich zu einem routinemäßigen Übungsflug gestartet. Zieger und Bedarf hätten sich dann aber in der Luft aus den Augen verloren.

Über Mechernich habe der 26-Jährige dem Fliegerhorst Probleme mit seiner Maschine gemeldet. „Die Fahrwerksklappe hatte sich nicht geschlossen“, sagt Züll. Später kamen auch die Luftfahrtexperten, die die Absturzursache untersuchten, zu dem Ergebnis, dass es Probleme am Fahrwerk der Maschine gegeben habe. In Krekel stürzte der Starfighter schließlich ab.

Abstürze im Kreis

Der Absturz von Erik-Edgar Bedarf 1962 in Krekel war nicht der einzige im Kreis Euskirchen. Auch in Lommersum (1967), Zülpich (1974), Satzvey (1976) und Houverath (1980) stürzten Starfighter ab. Dieter Züll hat Listen mit allen Opfern.

 Die meisten Verluste gab es in den Jahren 1965 und 1966, als bundesweit mehr 50 Maschinen verloren gingen. Von den 916 von der Bundeswehr beschafften F-104 stürzten rund ein Drittel ab. 116 Piloten, 108 deutsche und acht amerikanische Soldaten, kamen ums Leben. Den letzten Absturz mit einem Toten gab es 1984. Am 22. Mai 1991 stürzte zum letzten Mal ein Starfighter der deutschen Luftwaffe ab. (wki)   

„Das Problem des Starfighters waren die sehr kurzen Tragflächen“, erklärt Züll. Deshalb sei er im Langsamflug nur schwer zu kontrollieren gewesen. Krekels Ortsvorsteher Hans-Dieter Schäfer war damals sieben Jahre alt und hat das Unglück miterlebt: „Ich war mit meinen Eltern auf einem Feld an der Steinfelder Straße. Plötzlich sahen wir ein Flugzeug, das eine Qualmwolke hinter sich herzog und so extrem tief über uns hinwegflog, dass ich den Eindruck hatte, ich hätte es anfassen können“, erinnert sich Schäfer.

Pilot landete mit Schleudersitz in einem Baum

Kurz danach sei die Maschine abgestürzt und es habe einen Riesenknall und eine große Stichflamme gegeben. Der Pilot sei mit seinem Schleudersitz in einem Baum gelandet. „Die Krekeler sind dem mutigen Piloten bis heute noch immer sehr dankbar “, betont Schäfer. Wenn der 26-Jährige früher aus dem Flugzeug ausgestiegen wäre, hätte das für eine Vielzahl von Krekeler Bürger wohl den sicheren Tod bedeutet.

Dass der Offizier sein Leben geopfert und damit viele Menschen gerettet hatte, wurde nach dem Absturz schnell klar. Schon wenige Wochen nach dem Unglück stellten die Krekeler an der Stelle, wo Bedarf gestorben war, ein Birkenkreuz auf. Das wurde 1986 gegen ein Holzkreuz mit einer Plakette ausgetauscht.

Bei ihren Recherchen für die Gedenkfeier vor zehn Jahren waren Dieter und Andreas Züll und Schäfer von der Gemeinschaft der Flieger Deutscher Streitkräfte und besonders von dem im Juli 2020 verstorbenen Brigadegeneral a.D. Hermann Hammerstein unterstützt worden. Vater und Sohn Züll hatten seinerzeit nach langer Suche Erik-Arthur Bedarf, den Sohn des Piloten, ausfindig gemacht, der damals vier Wochen alt gewesen war.

Der Sohn des Piloten berichtet vom Leid der Familie

Der Absturz, so erzählte der Sohn ihnen damals, habe nicht nur eine tiefe Schneise in den Eifelwald geschlagen, sondern auch in seine Familie. „Ich habe heute noch Kontakt zu ihm und seiner Mutter Ursula“, sagt Dieter Züll.

Die heute 86-Jährige könne aus gesundheitlichen Gründen leider nicht an der Gedenkfeier am Sonntag teilnehmen. Der Sohn werde aber kommen und seine Frau und seinen ältesten Sohn mitbringen. „Mir als ehemaligen Luftwaffensoldat liegt dieser Fall besonders am Herzen“, erklärt Züll.

Der ehemalige Kaller, der jetzt in Köln lebt, war im Alter von 17 Jahren als junger Feuerwehrmann nach dem Absturz vor Ort gewesen. Drei Jahre später war er selbst Soldat bei der Bundeswehr geworden. Züll hat vorgeschlagen, den Weg zu der Gedenkstätte in Krekel nach dem verunglückten Piloten zu benennen: „Da laufen Gespräche mit der Gemeinde.“

Kaller Bürgermeister Esser spricht bei Gedenkfeier

Zu Beginn der Gedenkfeier am Sonntag gibt es um 10.30 Uhr einen Gottesdienst in der Krekeler Kirche, der von Pater Paul aus Steinfeld zelebriert wird. Anschließend gehen die Teilnehmer und die Krekeler zur etwa 300 Meter entfernten Absturzstelle, wo ein Kreuz an den Tod des Piloten erinnert und wo Kränze niedergelegt werden.

Bei der Feier werden der Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser und Ortsvorsteher Schäfer jeweils eine kurze Ansprache halten. Hans-Dieter Poth, ehemaliger Brigadegeneral der Flugsicherung, wird ebenfalls ein paar Worte sprechen. Eingeladen sind ferner Vertreter der Gemeinde Kall sowie Mitglieder der Traditionsgemeinschaften der Flieger Deutscher Streitkräfte und des Luftwaffenringes.

Eine offizielle Delegation aus Nörvenich wird laut Züll nicht kommen: „Das Geschwader kann leider nicht mehr an einzelnen Gedenkfeiern für abgestürzte Piloten teilnehmen, weil es zu viele Veranstaltungen wären.“ Außerdem sei der Standort Nörvenich derzeit auch beim Einsatz an der Nato-Ostflanke sehr stark eingebunden. Einige Soldaten hätten aber ihr Kommen zugesagt.

Erhält der tapfere Soldat ein militärisches Denkmal?

Eingeladen hat Züll auch den Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, der von 2007 bis 2010 als Kommandeur an der Spitze des Nörvenicher Geschwaders Jabo G 31 Boelcke gestanden hatte. „Er hat bislang noch nicht geantwortet.“ Züll hat dem General vorgeschlagen, dem mutigen Piloten auch militärisch ein Denkmal zu setzen.

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Bedarf solle als fünfter Soldat als Vorbild der Luftwaffe aufgeführt werde. Man könne in der Fachschule der Luftwaffe in Faßberg einen Hörsaal nach ihm benennen. Laut Züll wird in Berlin bereits am Ehrenmal der Bundeswehr am Rand des Bendlerblocks an den Piloten gedacht.

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