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Regionales SaatgutDie Eifeler Mischung enthält 19 Wildkräuter

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Eine Frau hält einen Blumenstrauß in der Hand und kniet auf einer Wiese vor einem braunen Pferd. Ein Mann hält das Pferd an einem Strick.

Ein Leckerbissen für Spot: Astrid Uhlisch „serviert“ dem Pferd von Harry Kurt Voigtsberger einen Strauß bunter Kräuter.

Das regionale Saatgutprojekt im Kreis Euskirchen kommt voran: In den nächsten Monaten können rund 150 Kilo ausgebracht werden.

Einen kräftigen Wachstumsschub hat das seit Anfang dieses Jahres von der Biologischen Station im Kreis Düren vorangetriebene Kooperationsprojekt „Regiosaatgut in Eifel und Bergischem Land“. Es ist die Fortsetzung des bereits 2022 gestarteten Eifelsaatgut-Projekts, wie die Biologin Astrid Uhlisch erinnert, die das Projekt in der in Nideggen-Brück ansässigen Station federführend betreut. Auch die Biologische Station des Kreises Euskirchen in Nettersheim ist daran beteiligt.

Die Flächen der bisherigen landwirtschaftlichen Anbauer aus dem Raum Embken/Wollersheim, Nideggen und Untermaubach seien dabei geblieben, so dass jetzt das erste Saatgut als „Eifelmischung“ an den Start gehen könne, freut sich Uhlisch. Nach ihrer Einschätzung könne wohl insgesamt rund 150 Kilo Saatgut zur Verfügung gestellt werden.

Die Mischung sei mit 19 Wildkrautarten und zwei Wildgräsern zwar noch nicht ganz perfekt. Mit Blick auf die langfristige Perspektive sollten es etwa 25 bis 30 Wildkrautarten in der Mischung sein, außerdem bis zu fünf Wildgräser. Deswegen werden weiterhin Anbaubetriebe gesucht.

Das Saatgut soll in diesem Herbst und im Frühjahr ausgebracht werden

Das Saatgut soll in diesem Herbst und im kommenden Frühjahr im Naturraum Eifel ausgebracht werden. Astrid Uhlisch: „Wir haben schon eine Liste von Privatpersonen, die ein Stück Wildblumenwiese im Garten oder im Bereich von Grünflächen in ihrem Dorf anlegen möchten.“ Außerdem gebe es zwei Anfragen zur Einsaat ehemaliger Ackerflächen als Ausgleichsflächen. Dies sei auch bereits in der Südeifel der Fall. Darüber hinaus wolle die Gemeinde Hürtgenwald rund um ihr Rathaus zwei Wildblumenstreifen anlegen.

In einem Schaukasten sind zahlreiche verschiedene Samen. Jedes Fach ist mit einer Nummer versehen.

Die Samen sind im Schaukasten fein säuberlich getrennt.

Tierärztin Dr. Beate Betram aus Zülpich greift in einen Sack mit Wildsamen.

Wissen über die Kräuter vermittelt Tierärztin Dr. Beate Bertram.

Ferner werden mehrere landwirtschaftlich genutzte Wiesen durch die Einsaat von sogenannten Initialstreifen ökologisch aufgewertet. Sie sollen sich Jahr für Jahr weiter ausbreiten. „Die großflächige Anreicherung dieser Wiesen im Außenbereich mit dem gebietseigenen Saatgut dürfte wohl den größten ökologischen Nutzen haben und steht daher bei uns besonders im Fokus“, so Uhlisch.

Landwirte können Grünland in eine Wildblumenwiese umwandeln

Und hier knüpfte kürzlich ein Info-Nachmittag auf dem Bosselbacher Hof, einem Pferdehof mit Café in Vossenack, an. Denn viele Landwirte seien durchaus interessiert und würden gerne das grasdominierte Grünland in eine Wildblumenwiese umwandeln, ist Astrid Uhlisch überzeugt. Allerdings fürchteten sie, dass sie das davon geerntete Heu dann nicht mehr an Pferdehalter verkaufen können, weil es vermeintlich giftige Pflanzen enthalten könne.

Deswegen wurde gemeinsam mit der Tierärztin Dr. Beate Bertram aus Zülpich die entsprechende Artenliste bezüglich der Frage beleuchtet, welche Pflanzen Probleme verursachen könnten und deswegen zukünftig von der Liste gestrichen oder nur in geringen Mengen ausgebracht werden sollten. Ebenso wurde betrachtet, welche Gewächse sogar die Pferdegesundheit fördern und dadurch Krankheiten vorbeugen könnten. Die sollten dementsprechend prioritär auf der Liste erscheinen.

Auch für Pferde kann die Eifeler Mischung hilfreich sein

Auch hatte Uhlisch einen besonderen „Pferdeflüsterer“ auf dem Bosselbacher Hof zu Gast: Harry Kurt Voigtsberger, Ehrenpräsident der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Natur, Heimat und Kultur. Sie hat das Saatgut-Projekt finanziell gefördert. Der 75-Jährige aus dem belgischen Raeren war es, der im Grunde den Anstoß gegeben hatte, insbesondere Pferdehalter mit dem Thema Verträglichkeit von Kräutern im Futter besser vertraut zu machen. Voigtsberger, ehemaliger NRW-Wirtschaftsminister, hält selbst ein Pferd namens Spot, das er auf dem Bosselbacher Hof eingestellt hat und womit er regelmäßig Ausritte durch die Eifel unternimmt.

Dieser von der Rasse her ein Appaloosa-Mix aus der südfranzösischen Camargue, schon 31 Jahre alt, habe, so Voigtsberger, durchaus ein Gespür für die „richtigen“ Pflanzen, die seiner Gesundheit förderlich seien. Er fresse diese gezielt auf der Wiese oder am Wegesrand ab: „Er stürzt sich regelrecht drauf und verputzt alles von der Blüte bis zum Stängel“, so Voigtsberger. Als Beispiele nennt er Wiesenkerbel, Spitzwegerich oder Klee – spricht da gar von „Superfood für das Pferd“.

So habe er beobachtet, dass sein Spot zu bestimmten Zeiten bestimmte Kräuter herauspicke. Das könne kein Zufall sein, findet Voigtsberger: „Das Pferd braucht diese Kräutervielfalt.“   Voigtsberger sieht in dem Projekt und der Eifeler Samenmischung enormes Potenzial: „Sie kann für die gesamte Region zu einem Qualitätsmerkmal werden.“

Auch Astrid Uhlisch zeigt sich erfreut, dass sie auch bei Pferdehaltern zunehmend auf Zustimmung für die Kräuter aus dem Regiosaatgut treffe. „Die Evolution macht keine Fehler“, zeigte sich auch Voigtsberger überzeugt – die entsprechenden Pflanzen seien teils Millionen Jahre alt.


Das Projekt

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Köln unterstützt die Erhaltung, Wiederherstellung und Neuanlage von arten- und blütenreichen Flächen. Dazu stellt er das Regio-Saatgut kostenlos zur Verfügung.

Weitere Informationen über Förderbedingungen und -anträge stehen online zur Verfügung. Fragen dazu beantwortet die Koordinatorin für das Projekt „Regio-Saatgut in Eifel und Bergischem Land“, Astrid Uhlisch von der Biologischen Station im Kreis Düren unter der Telefonnummer 0 2427/9498716 oder per E-Mail unter astrid.uhlisch@biostation-dueren.de.

Gesucht werden auch Landwirte, die großflächig gebietseigene Wildkräuter anpflanzen wollen. Dies könne ein mögliches neues Standbein für die Betriebe sein.