Radstadion im Sportpark MüngersdorfDas wird Kölns neuer Sporttempel

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Vidualisierung Sportstadion Köln

So soll das neue Radstadion im Sportpark Müngersdorf aussehen.

Köln – Wenn Markus Schellenberger an das künftige Kölner Radstadion denkt, gerät er ins Schwärmen. Auf einer Etage des backsteinernen Anbaus ist ein Hostel mit zehn Doppelzimmern geplant, damit Talente keine teuren Hotelzimmer buchen müssen, Kraftraum, Höhenkammer, Wettkampfsimulator, Sauna und Schulungsräume sind Teil der Pläne. „Köln erreicht damit internationalen Standard, eine vergleichbare Radrennbahn gibt es nur in Manchester“, sagt Schellenberger, der beim Radsportverband NRW Koordinator für den Leistungssport ist.

Eröffnet werden soll das Radstadion 2024

Auch Stephan Baeck sehnt den Tag der Eröffnung des Radstadions herbei. Ende 2024 soll es so weit sein, wenn alles glatt läuft. Baeck ist Geschäftsführer der Rheinstars-Basketballer. Auch sie sollen hier eine neue Heimat finden. Denn im Innenraum des Radstadions soll eine multifunktionale Spielfläche gebaut werden, auch mobile Tribünen gehören zum Plan. Bei Radveranstaltungen haben 4000 Zuschauer Platz im Stadion, bei Basketball- oder Volleyballspielen sollen es 3000 sein. „Für uns ist das alles entscheidend, denn für die Zweite Bundesliga benötigen wir diese Zuschauerkapazität“, sagt Baeck.

Das neue Vorzeigeprojekt im Sportpark Müngersdorf ist mit 60 Millionen Euro budgetiert, davon wollen Bund und Land ein Drittel fördern. Seit dem Bau des Rheinenergie-Stadions hat die Stadt nicht mehr so viel Geld in eine Sportstätte investiert. „Für den Radsport in Nordrhein-Westfalen ist das ein Meilenstein und für uns ein Leuchtturmprojekt. Denn unsere Aufgabe ist auch die Entwicklung neuer Sportstätten“, sagt Lutz Wingerath, Geschäftsführer der Kölner Sportstätten GmbH, zu deren Portfolio auch die Radrennbahn gehört.

Vergangenes Wochenende hat sich Markus Schellenberger auf der Radrennbahn die Rennen der Deutschen Bahnradmeisterschaft des Nachwuchses angeschaut. „Die Bahn ist eigentlich nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Anforderungen. Im Winter fahren unsere Talente manchmal nach Frankfurt an der Oder zum Bundesstützpunkt, um dort in einer überdachten Halle trainieren zu können“, erzählt der Funktionär. Bei Neuss gibt es noch eine zweite Halle, hinzu kommen zwei alte Betonpisten in Bielefeld und Solingen. „In Luxemburg soll auch eine Halle entstehen“, weiß Schellenberg. Weite Wege sind die Radsportler gewöhnt.

In Köln fehlt ein Spielort für mehr als 1500 Zuschauer

Im Mai 2019 hat das Land den Zuschlag für den Ausbau der Kölner Radrennbahn zum überdachten Radstadion gegeben. „Die erste Anfrage des Landes, ob wir uns einen Bundesleistungsstützpunkt in Köln vorstellen können, kam schon 2017“, erinnert sich Wingerath. Seitdem laufen die Planungen bei Sportamt und Sportstätten GmbH. Von Beginn an hat Köln eine multifunktionale Sportstätte geplant, um das jahrzehntealte Hallenfiasko zu lösen, denn in der Stadt fehlt ein Spielort für mehr als 1500 Zuschauer. „Wir haben überlegt, wie wir den großen Innenraum sinnvoll nutzen können“, sagt Wingerath. Neben den Basketballern der Rheinstars sollen künftig auch die Zweitliga-Volleyballerinnen der DSHS Snowtrex ihre Heimspiele im Radstadion austragen.

Der Radsport hat eine lange Tradition in Köln, der Ehrenfelder Albert Richter errang 1932 den Weltmeistertitel im Sprint auf der Bahn, sieben Mal wurde er Deutscher Meister. Zwischen 1928 und 1998 hatten Sechstagerennen einen festen Platz im Sportkalender der Stadt, zunächst wurde in der Rheinlandhalle in Ehrenfeld im Kreis gefahren, später in der Sporthalle, die 1999 abgebrochen wurde. Längst gibt es den politischen Willen in Köln, das neue Radstadion ebenfalls nach Albert Richter zu benennen. „Die neue Radrennbahn in Köln wäre olympiatauglich. Wir hoffen auf eine Sogwirkung, von der die Vereine profitieren“, wünscht Schellenberger.

Basketballer und Volleyballer müssen flexibel sein

Die Planungen für das Radstadion befinden sich in der vierten Planungsphase, die Bauaufsicht prüft die Unterlagen für die Genehmigung. Spätestens Mitte 2022 soll ein Teil der bestehenden Radrennbahn abgebrochen werden, um Platz für den Neubau zu machen. Bei der allgemeinen Vorfreude, die das Projekt in Kölns Sportlandschaft auslöst, stellt Lutz Wingerath fest: „Der Schwerpunkt wird immer auf dem Radsport liegen.“ Basketballer und Volleyballer müssen also bei der Terminierung ihrer Heimspiele Flexibilität zeigen.

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„In vielen Ligen wird in Veranstaltungshallen gespielt, es gibt viele Modelle, bei denen es funktioniert“, sagt Rheinstars-Geschäftsführer Stephan Baeck. Derzeit tragen die Rheinstars ihre Heimspiele in der ASV-Halle aus, die Platz für 1000 Zuschauer bietet. Drei Jahre hatte der Club zwischenzeitlich mal in der Lanxess-Arena gespielt, der Aufwand hatte sich jedoch als zu groß erwiesen. Die Volleyballerinnen von Snowtrex haben mehrfach auf den Aufstieg in die Erste Bundesliga verzichtet, weil es in Köln keine Halle mit ausreichender Deckenhöhe und Zuschauerkapazität gibt. Nun ruhen die Hoffnungen auf dem Radstadion.

In einigen anderen Veranstaltungshallen ist der Radsport die Nummer zwei, beispielsweise in Berlin. Der Velodrom steht nur 100 Tage pro Jahr den Sportlern zur Verfügung, ansonsten werden hier Konzerte gespielt, derzeit befindet sich dort ein Impfzentrum. In der Kölner Halle wird der Radsport Nummer eins.

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