Leverkusener BrückeIm November soll es weitergehen – Verzögerung von 21 Monate

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Bleibt noch länger nur eine Vision: die neue Leverkusener Rheinbrücke. Im September 2023 soll das erste Teilstück für den Verkehr freigegeben werden.

Bleibt noch länger nur eine Vision: die neue Leverkusener Rheinbrücke. Im September 2023 soll das erste Teilstück für den Verkehr freigegeben werden.

  • Nach dem Streit über Bauteile aus China kündigte das Land den Bauvertrag mit der PORR.
  • Nun wird im November neu ausgeschrieben.
  • Der Landesbetrieb Straßen.NRW rechnet mit Bauverzögerungen von rund 21 Monaten.
  • Wir geben einen Überblick über den Stand der Dinge und wie es weitergeht.

Leverkusen – Ab November 2020 sollen die Arbeiten für den Neubau der Leverkusener Rheinbrücke fortgesetzt werden. Dies sagte am Montag ein Sprecher des Landesbetriebs Straßen.NRW. Wie berichtet, hatte der Landesbetrieb am Freitag den Vertrag mit dem bisherigen Generalunternehmen Porr AG wegen gravierender Mängel an den Stahlbauteilen gekündigt (siehe nächste Seite). Schon in dieser Woche wird der Weiterbau der Brücke europaweit neu ausgeschrieben. „Wir werden die Interessenten bitten, sich die Baustelle genau anzuschauen, um einen reibungslosen Übergang zu schaffen“, sagte Straßen.NRW-Pressesprecher Bernd A. Löchter der Rundschau auf Anfrage. Um das Prozedere zu vereinfachen, wird zunächst nur der Bau des ersten Brückenelementes ausgeschrieben. In einem zweiten und dritten Verfahren dann der Abriss der alten und der Neubau des zweiten Brückenbauwerks. Die österreichische Porr AG hatte als Generalunternehmen sowohl den Bau der beiden Brücken als auch den Abriss verantworten sollen. Das werde diesmal bewusst getrennt, so Löchter.

21 Monate Bauverzögerung

Der Landesbetrieb Straßen.NRW rechnet mit Bauverzögerungen von rund 21 Monaten. Ziel ist es, das erste Teilstück der neuen Autobahnbrücke im September 2023 freigeben zu können. Das soll erreicht werden mit Bonuszahlungen, Zwischenfristen, die ebenfalls honoriert werden können, sowie Vertragsstrafen, kündigte Straßen.NRW an.

Keine zeitlichen Auswirkungen sieht der Landesbetrieb durch den Abriss der alten mit Schwermetall belasteten Brücke. Die Porr AG hatte moniert, dass die Querung PCB und Asbest enthalte, was nicht bekannt gewesen sei und den Abriss teurer und zeitaufwendiger machen würde. Straßen.NRW bestreitet das. Es sei richtig, so Löchter, dass die Vorlandbrücke Asbest und Blei enthalte, in der Strombrücke aber gebe es kein Asbest. Ein Abbruchkonzept sei Aufgabe des Unternehmens und die Entsorgung führe nicht zwangsläufig zu Verzögerungen.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

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Bislang war der Neubau der Rheinbrücke mit rund 363 Millionen Euro beziffert worden. „Das wird nicht zu halten sein“, so der Sprecher von Straßen.NRW, wie viel sie am Ende kosten wird, lässt sich noch nicht sagen.

Alte Brücke soll bis zum Ende tragfähig erhalten werden

Sorgen, dass die alte Rheinbrücke bis zur Freigabe der neuen nicht mehr tragfähig bleibt, teilt der Landesbetrieb derzeit nicht. Das Bauwerk kann im aktuellen Zustand durch das umfassende Monitoring und laufende Instandhaltungen verkehrssicher erhalten bleiben, sagte Löchter. Zwar würden noch immer etwa 100 Lastwagen täglich die Brücke verbotswidrig befahren, trotz der Schrankenanlagen, die das verhindern sollen. Das könne das Bauwerk, das seit 2014 für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt ist, aber verkraften.

Keinen Einfluss hat die Kündigung des Vertrages mit der Porr AG auf die anderen Arbeiten links- und rechtsrheinisch am Neubau der Leverkusener Brücke, ebenso wie die Brückenarbeiten im Autobahnkreuz Leverkusen-West und in der Anschlussstelle Köln-Niehl/Industriestraße. Dort sind andere Firmen am Werk.

Landtag: „Super-Gau für die Verkehrspolitik in NRW“

Die SPD-Opposition im Düsseldorfer Landtag hatte die Entwicklung in einer ersten Stellungnahme als „Super-Gau für die Verkehrspolitik in NRW“ bezeichnet und die Landesregierung aufgefordert, schnellstmöglich die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, wie es zu diesem Skandal kommen konnte, so die Abgeordneten Jochen Ott und Carsten Löcker. Auf ihren Antrag hin, wird sich der Verkehrsausschuss des Landtages in dieser Woche mit dem Desaster um die neue Rheinbrücke befassen. Die Genossen haben einen umfangreichen Fragenkatalog an Verkehrsminister Hendrik Wüst adressiert.

Es ist die nicht erste Hiobsbotschaft für den Brückenneubau gewesen. Auch die notwendige Kampfmittelsondierung im Bereich der Pfeilerstandorte stand unter einem ungünstigen Stern. Wegen extremer Niedrigwasserstände im Rhein hatte sich die Suche nach Blindgängern um mehr als ein halbes Jahr verzögert. Die zur Sondierung notwendigen Schwimmpontons konnten nicht eingesetzt werden, um aber nur mit Baggern und Bohrgeräten zu arbeiten, war das Wasser jedoch noch zu hoch gewesen, erklärte Straßen.NRW damals. Alleine im Bereich des geplanten linksrheinischen Pfeilers habe es fast 6000 Verdachtspunkte gegeben, so Straßen.NRW-Sprecher Löchter. Gefunden wurde aber nur eine Menge Schrott wie alte Fahrräder, Eisenstangen und Schrauben, aber auch Munition.

Hintergrund: Kündigung nach monatelangem Streit um Stahlbauteile

Wegen „gravierender Mängel bei der Verarbeitung der Stahlbauteile, die weder die deutschen Normen noch die vertraglichen Vereinbarungen erfüllen“, so Straßen.NRW, hatte der Landesbetrieb am Freitag den Vertrag mit dem Generalunternehmen Porr AG gekündigt.

„In den letzten Monaten sind viele intensive Gespräche geführt worden. Es konnte aber keine Einigkeit über den Umgang mit der Vielzahl der Mängel erzielt werden. Das zwingt uns dazu, einen neuen Partner zur Fertigstellung der Brücke zu finden“, hatte Dr. Sascha Kaiser, Direktor beim Landesbetrieb Straßen.NRW, erklärt.

Der gemeinsame Anspruch von Bund, Land und Straßen.NRW sei es, eine qualitativ hochwertige und langlebige Brücke zu bauen, die Jahrzehnte hält. „Bei Qualität und Sicherheit dürfen keine Abstriche gemacht werden“, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst.

Nur die Neuausschreibung mit Neuherstellung der Bauteile schaffe einen verlässlichen Zeitrahmen und eine normenkonforme sowie vertragsgerechte Qualität. Die Tolerierung einer Reparatur der Vielzahl der Mängel führe nicht zu einer normengerechten und vertraglich vereinbarten Qualität. Abstriche bei der Langlebigkeit und damit verbundene Kompensationsmaßnahmen, wie zum Beispiel verkürzte Prüfintervalle und permanente Überwachung - wie schon bei der alten Brücke - wären die Folgen. Zudem wäre völlig offen, zu welchen weiteren zusätzlichen Verzögerungen die Reparaturen, ihre Überprüfungen und Abnahmen führen würden. Mit der Kündigung werde zudem ein langjähriger den Bauablauf störender Gutachterstreit vermieden, so Straßen.NRW.

Die Porr AG hatte die Vorwürfe als sachlich nicht haltbar zurückgewiesen. In der Stellungnahme des österreichischen Unternehmens heißt es: „Gutachten renommierter Stahlbau-Experten und der TÜV Rheinland bestätigen, dass eine Beseitigung der festgestellten Fehlstellen unproblematisch vorgenommen werden kann. Eine Neuproduktion aller Stahlteile sei entsprechend der Gutachten nicht notwendig und nicht nachvollziehbar. Auch hat der Auftraggeber nur einen geringen Teil der Stahlelemente untersucht.“ Die Porr AG sei bestens vorbereitet, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten und ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren.

Nun haben die Juristen das Wort.

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