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VfL Gummersbach16-jähriger Norweger steht im Bundesligakader

Lesezeit 5 Minuten

Im Trainingslager mit dem VfL gegen Graz zeigte Oskar Knudsen gleich beim ersten Wurf eine Parade. 

Gummersbach – Es sind aufregende Tage für Oskar Knudsen. Die begannen für den jungen Torhüter des VfL Gummersbach in seinen Ferien in Norwegen mit der Nachricht, dass er als dritter Torhüter in den Bundesligakader der Handballer berufen wurde. Kurz vor dem Start in die Vorbereitung des Aufsteigers brach sich Martin Nagy den Mittelfuß und der noch 16-jährige Knudsen bildete mit Tibor Ivanisevic das Torhüter-Duo des VfL.

Oskar Knudsen reiste mit den Profis ins Trainingslager nach Österreich und hatte im Testspiel gegen Graz den ersten Einsatz. Als er direkt den ersten Ball hielt, der aufs Tor kam, seien ihm 100 Kilo von den Schultern gefallen, sagt er. Der Jubel der Mannschaftskollegen samt Trainerteam tat sein übriges.

Die Vorbereitung absolvierten Tibor Ivanisevic (l.) und Oskar Knudsen mit Torwarttrainer Mario Kelentric.

„Ich war im ersten Training mit der Bundesliga so nervös, dass ich keinen Ball gehalten haben“, erzählt der mittlerweile 17-jährige Torhüter von seinem Einstieg. Von Beginn an habe er sich gut aufgenommen gefühlt, sagt Oskar Knudsen. Torwarttrainer Mario Kelentric, mit dem er schon in der vergangenen Saison in den Jugendteams zusammenarbeitete, gebe ihm zudem Sicherheit und helfe ihm.

Mit Sondergenehmigung

Noch mit einer Sondergenehmigung ausgestattet, trat Knudsen beim Vorbereitungsturnier mit dem VfL in Krefeld an. Seitdem er 17 Jahre alt ist, ist das nicht mehr nötig.

Bereits mit 14 Jahren kam der junge Norweger nach Gummersbach, um seinen Traum vom Profihandball zu verwirklichen. Seine Mutter und sein Vater waren beide ebenfalls Torhüter. Der Vater hatte erst spät mit 18 Jahren im Tor begonnen und während seines Studiums in Frankreich sogar das Angebot ausgeschlagen, in der ersten französischen Liga zu spielen. Trotz der „Vorbelastung“ durch die Eltern, wollte Oskar Knudsen eigentlich Rückraumspieler werden. „Ich war dann aber im Tor besser.“

Auf einer englischen Schule

Auf den VfL Gummersbach wurde er, der eine englische Schule besuchte, über eine Annonce aufmerksam. Marco Markis, damals in Gummersbach Torwarttrainer, warb um 16- bis 18-jährige Torhüter für den Verein. Gemeinsam mit seiner Mutter beschloss der 14-Jährige es trotzdem zu versuchen.

Zwei Wochen später kam die Einladung zu einem Probetraining, das er trotz Schule besuchen durfte. Eine Woche blieb er in Gummersbach, kehrte nach Norwegen zurück und absolvierte einige Monate später eine weitere Probewoche. Anschließend unterschrieb er einen Vertrag in der Handballakademie und zog nach Gummersbach.

„Meinen Eltern, deren einziges Kind ich bin, fiel die Entscheidung deutlich schwerer als mir“, blickt Oskar Knudsen zurück. Dabei waren die ersten Monate in Gummersbach schwer für ihn. „Ich konnte die Sprache nicht, es gab keinen Skandinavier in der Mannschaft und ich war sehr schüchtern“, erzählt er.

Er fühlte sich verloren, die Entscheidung für den VfL habe er aber nie in Frage gestellt. Er kam besser zurecht, als er in der Gesamtschule Marienheide einen Deutschkurs machte und vor allem, als er mit B-Jugend-Trainer Jan Schwenzfeier begann online Gespräche auf Deutsch zu führen.

Im Lockdown nach Norwegen

Während des Lockdowns kehrte er nach Norwegen zurück. Die Familie war vor einigen Jahren von Trondheim nach Hamar umgezogen, wo Oskar Knudsen die Sportschule besuchte und bei Elverum trainierte. „Mein Lehrer war Co-Trainer von Elverum.“

Nach seiner Rückkehr nach Gummersbach nahm Oskar Knudsen weiter online am Unterricht teil. Da er aber der einzige Schüler im Ausland war, konnte die Schule das Angebot nicht mehr aufrecht halten. Mittlerweile macht der 17-Jährige, der in der zwölften Klasse ist, Home-Schooling, erfüllt die Anforderungen Fach für Fach und reist für die Prüfungen nach Norwegen.

Von der anfänglichen Scheu gibt es keine Spur mehr. Mit dem Luxemburger U19-Mannschaftskollegen Max Steichen lebt er seit dieser Saison in einer WG zusammen. „Ich liebe es zu kochen“, erzählt er. Seine Spezialität sind Gerichte mit Lachs und Tacos. „Bei uns in Norwegen ist freitags Taco-Tag“, berichtet er dazu.

Als er vor kurzem seinen 17. Geburtstag feierte, lud er Mannschaftskollegen aus der U19 zum Steak-Essen ein. „Meine Mutter wollte schon früh, dass ich ihr in der Küche helfe“, erzählt er, wie es zu der Leidenschaft kam. „Ich mache mir Musik an und koche“ – das sei seine Entspannung.

Endgültigen Durchbruch gegen Göppingen

Sportlich ging es für den jungen Torhüter schnell nach oben. Nach einem Jahr in der U17, bekam er seine Chance in der U19, zunächst als zweiter Torhüter. Doch je länger die Saison dauerte, desto öfter fing Knudsen im Tor an.

In der Qualifikation zur neuen Bundesliga-Saison hatte er gegen Göppingen seinen endgültigen Durchbruch. „Das war mein bisher bestes Spiel überhaupt“, sagt er. Er habe sich bereit gefühlt und dann habe auch alles geklappt. Gegen den Nachwuchs von Lemgo folgten 20 Paraden. Die U19 qualifizierte sich, auch dank Knudsen, erneut für die Bundesliga.

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„Wir haben alle denselben Traum und wollen in die Bundesliga der Männer“, sagt Oskar Knudsen, dass seine U19-Mannschaftskollegen sich mit gefreut hätten. „Jeder von uns weiß, was es bedeutet, mit der Bundesliga zu trainieren. In der neuen Saison werde er wieder mit der U19 antreten, ebenso wie in der U23 in der Dritten Liga. Und er träumt davon, einmal mit dem Bundesligakader in die voll besetzte Schwalbe-Arena einzulaufen. „Jetzt bin ich einfach nur dankbar, bei den Profus mittrainieren zu dürfen“, sagt Oskar Knudsen.