Die Handballabteilung des SVF sorgte für Aufsehen, als sie bei der Gründung einer Damenmannschaft einen Ansturm verzeichnete.
HandballIn Frielingsdorf steht das Erlebnis vor dem Ergebnis

Sie sind die Schaltzentrale der Handballer des SV Frielingsdorf: Marco Mann, Nadja Brückner, Karina Schiks und Jannis Schilling (v.l.)
Copyright: Andrea Knitter
Für Aufsehen in der oberbergischen Handballwelt sorgt der SV Frielingsdorf. Auf einen Aufruf der Handball-Abteilung, eine Frauen-Mannschaft gründen zu wollen, kamen über 30 Damen zum ersten Training. Seit Saisonbeginn spielt die Mannschaft in der Regionsoberliga. Wie die Frielingsdorfer Handballer aufgestellt sind und wie sie sich den Boom erklären, darüber sprach Andrea Knitter mit Abteilungsleiter Jannis Schilling, seinen Stellvertretern Marco Mann und Nadja Brückner sowie der für die Jungend zuständigen Karina Schiks. Alle vier sind nicht nur Funktionäre, sondern auch Trainerinnen und Trainer.
Im Handballkreis Oberberg schrumpfte in den vergangenen Jahren die Zahl der Frauenmannschaften, wie haben Sie es geschafft, auf Anhieb so viele Frauen für den Sport zu begeistern?
Karina Schiks: Als wir den Plan für eine Damenmannschaft hatten, haben wir zunächst die Mütter unserer Jugendspieler angesprochen.
Jannis Schilling: Dazu haben wir noch ein bisschen Werbung gemacht.
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Marco Mann: Ich denke, das liegt auch an dem umfassenden Angebot, das wir als Handballabteilung bieten und mit dem wir die Kinder und ihre Eltern einbinden. Wir sind eine Gemeinschaft von den Minis bis zu den Senioren. Wir verbinden unser Sommerfest immer mit dem Sportabzeichen, wo jeder herzlich willkommen ist. Dazu kommt unser Weihnachtsturnier, wo alle Mannschaften von Minis bis Damen und Herren gemischt gegen die Eltern der Kids spielen.
Na ja, so einfach stelle ich es mir aber nicht vor. Wer war denn der Motor der ganzen Sache?
Schilling: Das sind Karina Schiks und Nadja Brückner, zwei Handballerinnen, die zugezogen und mittlerweile Dreh- und Angelpunkt im Jugendbereich sind. Sie haben beide höherklassig gespielt.
Nadja Brückner: Und eigentlich wollten wir ja auch nur so zum Spaß eine Alte-Damen-Truppe gründen. Jetzt treten wir in der Meisterschaft gegen Gegnerinnen an, die kaum Auswechselspielerinnen haben, während bei uns acht Frauen auf der Bank sitzen. Das ist schon kurios.
Schiks: Nicht nur das ist schön zu sehen, sondern auch die Entwicklung aller anderen Mannschaften. Wir stehen mit vielen Teams, die an der Meisterschaft teilnehmen, im Moment auf einem der oberen Plätze. Vor ein paar Jahren war das noch anders .
Gibt es ein Erfolgsrezept beim SV Frielingsdorf?
Mann: Ich denke, die Abteilung ist attraktiv, weil wir sehr niederschwellig an die Sache herangehen. Wir binden alle mit ein, die Lust auf Handball haben.
Schilling: Es geht uns vor allem darum, dass alle Spaß haben sollen. Beispielsweise haben wir bei den Herren sechs Anfänger, die vorher nichts mit Handball zu tun hatten. Sie können über den Zusammenhalt der Mannschaft integriert werden. So ist die Freude über das erste Tor in der Meisterschaft nicht nur persönlich, sondern auch eine Sache des gesamten Teams.
Mann: Man kann es unter dem Slogan Erlebnis geht vor Ergebnis zusammenfassen.
Trotzdem, Sie trainieren doch auch dafür, Spiele zu gewinnen. Gibt es da keinen Leistungsgedanken?
Mann: Natürlich werden wir keine Mannschaft auf dem Weg nach oben aufhalten. Wenn sie mehr wollen, dann sollen sie mehr bekommen. Besonders die Jugend unterstützen wir bei jeder guten Entwicklung. Wir hoffen auch, dass die jetzige A-Jugend in zwei Jahren unsere erste Herrenmannschaft sein wird und wieder aufsteigt.
Schiks: Wir haben einfach eine gute Mischung.
Wie kam es dazu, dass der SV Frielingsdorf überhaupt eine Handballabteilung gegründet hat, wo es vor Ort doch gar keine Dreifachturnhalle gibt? Immerhin haben Sie mittlerweile über 300 Mitglieder und zehn gemeldete Mannschaften.
Schilling: Ganz einfach, wir sind vom SV Frielingsdorf mit offenen Armen empfangen worden. Der Handball in der Gemeinde war in der jüngeren Vergangenheit zwar beim TuS Lindlar zu Hause, deren Handballabteilung sich 2008 aber aufgelöst hat.
Mann: 2015 hatte ich mit neun weiteren Männern die Idee, wieder in Lindlar Handball spielen zu wollen und wir haben sehr erfolgreich beim SV Frielingsdorf angeklopft. Wir sind mit den Herren bis 2020 bis in die Landesliga aufgestiegen, ehe es einen Bruch durch Corona gab. Kurz zuvor hatte Jannis Schilling die Abteilungsleitung übernommen. Nadja und Karina standen ihm ab diesem Zeitpunkt zur Seite. Aus der Pandemie-bedingten Krise gingen wir so, trotz kurzem Tief stärker raus als wir reingegangen sind. Dass Nadja und Karina zugezogen sind, war ein Glücksfall und die Initialzündung für die weitere Entwicklung.
Inwiefern?
Mann: Sie standen mit ihren eigenen Kindern vor der Halle, um sie zum Training zu bringen. Sie haben unseren personellen und organisatorischen Engpass direkt erkannt und sich ohne große Umwege direkt mit eingebracht. Sowohl als Trainerinnen als auch in der Abteilungsleitung. Die Anzahl der Kids und Mannschaften stieg dann wieder recht schnell.
Brückner: Eine der Grundlagen war der Hannibalpass, das offizielle Spielabzeichen des Deutschen Handballbundes, den wir in den Grundschulen anbieten. So wurden es immer mehr Kinder.
Schilling: Heute scheitert es nicht mehr an den Kindern, wir könnten noch viel mehr machen, doch es fehlt an Funktionären, Trainern und Hallenzeiten. Dabei haben wir eine starke Elternschaft, die sieht, dass wir viel investieren, das spiegelt sich auch im Sponsoring wieder. Leider haben wir wenig Möglichkeiten, unsere Sponsoren in der Halle gut zu präsentieren. Die Wege sind manchmal zäh und wir kämpfen jedes Jahr um die neuen Hallenzeiten.
Brückner: Daher ist es auch ein Wunsch, in der Damenmannschaft noch mehr für die Vereinsarbeit zu begeistern, beispielsweise Kindermannschaften zu übernehmen.
Dass Ihre Ideen ankommen, hat sich beim 100-jährigen Jubiläum des SV Frielingsdorf gezeigt, als sie mit großem Erfolg den Scheelbach-Cup ausgerichtet haben. War das vorauszusehen?
Brückner: Nein, wir haben den Scheelbach-Cup, ein Feldhandball-Turnier, erstmals ausgerichtet. Da er zum Vereinsjubiläum stattfand, sollte er in Frielingsdorf durchgeführt werden. Dafür haben wir die ONI-Arena genutzt. Mit 32 Jugendmannschaften und rund 500 Handballern war es ein Riesenerfolg und es tummelten sich auf der Sportanlage so viele Menschen, wie ein paar Tage später beim entscheidenden Spiel um den Aufstieg in die Bezirksliga zwischen Frielingsdorf und dem VfR Wipperfürth. Anschließend war klar, dass es keine einmalige Sache bleiben soll.
Sie alle zeigen ein hohes Engagement, sei es als Trainer oder Funktionäre, was treibt Sie an?
Schilling: Wir wollen die Kinder auf den Weg bringen. Ich wohne zwar nicht mehr hier, habe mein Herz aber an Lindlar verloren. Ich fahre fünf Mal die Woche von Bergisch Gladbach nach Lindlar. Ich habe über die Jahre gemerkt, wie positiv der Umgang mit Kindern ist. Ich habe vor rund sechs Jahren die D-Jugend als Trainer übernommen und stehe teilweise heute selbst mit diesen Spielern auf der Platte.
Brückner: Ich komme aus Berlin und habe Handball in der Bundesliga bei den Füchsen Berlin gespielt. Über die Ausbildung bin ich nach Köln gekommen und bin zu den Spielen am Wochenende nach Berlin gefahren. Später habe ich mit Karina bei Fortuna Köln zusammengespielt. Bis mich ein Kreuzbandriss gestoppt hat. Handball ist aber immer mein Sport geblieben.
Schiks: Nadja und ich haben uns bei Fortuna Köln angefreundet. Dann sind wir beide ins Bergische gezogen. Als unsere Kinder alt genug waren für den schönsten Sport der Welt, haben wir einen Verein gesucht und sind seit 2019 fest beim SV Frielingsdorf verankert. Man muss mit dem Herzen dabei sein, sonst funktioniert es nicht. Ich habe das schon bei meiner Familie mitbekommen. Mein Vater hat in Hessen einen Handballverein mit aufgebaut.
Brückner: Es ist einfach toll, wenn Strukturen wachsen, die diese Liebe zum Handball weitergeben. Eins unserer Handballmädels hat letztens ihren Geburtstag in die Halle verlegt, damit sie das Training nicht verpasst.
Mann: Am Anfang ging es erst einmal darum, Struktur in die Herrenmannschaft und die Abteilung zu bekommen. Dann wurden es immer mehr Spieler und vor allem Kinder. Von Beginn an begleite ich unsere Jüngsten, das ist nicht immer einfach, aber wenn ich mit diesen Kindern dann ihre ersten Spiele, ihre ersten Tore und Siege erleben darf, gibt mir das unglaublich viel zurück. Ich glaube, das geht uns allen vieren so. Heute haben wir rund 50 Minis in der Abteilung und rund 230 Kinder bis zur A-Jugend im Training.
Schilling: Die Vereinsarbeit muss auch Spaß machen, sonst funktioniert es nicht. Dass wir vier gerne miteinander arbeiten, uns gut ergänzen und auch darüber hinaus sehr mögen, macht es an vielen Stellen einfach.

