Zuletzt stand Haus Bierenbach, einst Erholungs- und Bildungsstätte des Evangelischen Kirchenkreises in Düsseldorf, leer.
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Bierenbachtal – „Hier entsteht die Gemeinschaft im Haus Bierenbach“: Ein Plakat an der Tür zum Haupteingang verkündet, was wahrscheinlich, aber zurzeit noch nicht beschlossen ist. Ein Kölner Verein möchte die frühere Erholungs- und Tagungsstätte des Evangelischen Kirchenkreises mit Sitz in Düsseldorf übernehmen, um in der Nümbrechter Ortschaft Bierenbachtal ein Mehr-Generationen-Wohnprojekt zu etablieren, und nicht nur das.
Haus Bierenbach
Auf dem Grundstück in Bierenbachtal steht auch eine Kirche.
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Letzter Mieter der Kirchenimmobilien war der Oberbergische Kreis, der dort von Oktober 2015 bis zum 30. September 2016 eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge unterhalten hatte. Rund 300 Asylbewerber waren in Spitzenzeiten untergebracht.
Ende des Jahres 2013 hatte der in Düsseldorf ansässige Evangelische Kirchenkreis die 1957 errichtete Erholungs- und Bildungsstätte mitsamt eines Jugendgästehauses aufgegeben, weil die Einrichtung rote Zahlen schrieb. Die Gemeinde Nümbrecht hatte schon frühzeitig und zuletzt im Juli 2016 erklärt, dass sie kein Interesse an der Liegenschaft der Kirche habe. Als Grund nannte Bürgermeister Hilko Redenius zuletzt die Größe des Geländes. Gleichwohl helfe seine Verwaltung bei der Vermittlung des Grundstücks. „Und das haben wir getan“, sagt Redenius.
Mit rund 1100 Einwohnern ist Bierenbachtal der zweitgrößte Ortsteil Nümbrechts. Sie hatten im Herbst 2015 das Schlagen der Glocke vermisst. Denn seit 1958 steht auf dem Gelände an der Freibadstraße auch ein Gotteshaus. (höh)
„Wir (...) kommen aus unterschiedlichen Kulturen und Nationen, haben unterschiedliche religiöse Überzeugungen, unterschiedliche Behinderungen und unterschiedliche Geschlechter“, heißt dazu auf den Internetseiten des Vereins, der am vergangenen Wochenende bereits zu einer Putzaktion auf das Gelände an der Freibadstraße eingeladen hatte.
„Diese Gemeinschaft hat ein exklusives Vorgriffsrecht auf die Immobilien dort“, bestätigt Marc Clausmeyer von der Abteilung für Bau und Liegenschaften beim Kirchenkreis auf Nachfrage dieser Zeitung. Er betont aber auch: „Weitere Verträge wurden nicht unterschrieben, auch hat es bisher keinen Verkauf gegeben.“ Die Gemeinschaft habe aber das Recht, zu prüfen, ob das Gelände für ihre Zwecke geeignet ist und habe auch Zugang zu den Häusern dort. Mit Schloss Tempelhof in Kreßberg (Landkreis Schwäbisch Hall) gibt es eine ähnliche Lebensgemeinschaft, die 2010 als „Ökosiedlung und basisdemokratische Gemeinschaft“ gegründet wurde. Sie gilt als Vorbild für das geplant Vorhaben in Bierenbachtal und hat inzwischen mehr als 150 Mitglieder. In Kreßberg gibt es mit der „Schule für freie Entfaltung“ zudem eine eigene Unterrichtsstätte für die Kinder, die derzeit erweitert wird.
Eine eigene Schule plant die „Gemeinschaft im Haus Bierenbach“ nach Angaben von David Ries (37), eines von fünf gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern des Kölner Vereins und Lehrer an der Freien Schule in Berkenroth, nicht: „Wohl aber ein Bildungshaus für alle Generationen.“ Bis kommenden September habe sein Verein Zeit, über den Ankauf der rund 33.000 Quadratmeter großen Anlage zu entschieden. „Wir wollen das ganze Grundstück aber unbedingt haben“, versichert Ries. Bis dahin soll unter anderem eine Genossenschaft gegründet werden, die zu Beginn zehn Anteilseigentümer haben und in den drei Folgejahren auf 40 Anteilsinhaber wachsen soll. Privatbesitz gibt es an den Häusern nicht. „Wir wollen insgesamt 20 Wohneinheiten einrichten, sodass wir am Ende sozusagen ein eigenes Dorf sind“, sagt Ries, der zum angepeilten Kaufpreis ebenso keine Angaben macht wie der Kirchenkreis. Er rechne zudem mit einem Sanierungsaufwand von mehr als 200 Euro pro Quadratmeter. Erhalten werden soll seinen Angaben zufolge die Kirche auf dem Gelände, doch nicht als Gotteshaus: „Daraus könnte ein Veranstaltungsort werden – auch für Gottesdienste“, erklärt Ries. „Die Glocke wird also sicher läuten.“