Die Unternehmerin Eva Peisker aus Hermesdorf gibt den Taxi-Betrieb auf und setzt auf Mietwagen. Noch gibt es 117 Lizenzen für das Kreisgebiet.
Zu hohe KostenTaxis verschwinden von Oberbergs Straßen – Feierabend nun auch in Waldbröl

Die Taxi-Unternehmerin Eva Peisker aus Waldbröl gibt ihre Taxi-Lizenzen für Waldbröl an den Oberbergischen Kreis zurück. Dieser ist die zuständige Behörde für den Taxi-Verkehr.
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Beschwipst von der Geburtstagsfete bequem nach Hause, angeschickert von der Schützensause zur nächsten Partylocation: Mit dem Taxi wird das in Oberberg künftig deutlich schwieriger, mancherorts wird das wohl gar nicht mehr gehen. Denn dem Vernehmen nach überlegt so mancher Unternehmer derzeit, Taxi-Lizenzen an die zuständige Behörde, den Oberbergischen Kreis, zurückzugeben und den Taxi-Betrieb einzustellen.
Die Gründe sind zumeist wirtschaftlicher Natur: Das Geschäft ist rückläufig, die Zahl der Fahrten – insbesondere an den Wochenenden – sinkt, der Mindestlohn pro Stunde aber steigt im kommenden Jahr von derzeit 12,82 auf 13,90 Euro und 2027 erneut auf dann 14,60 Euro. Auch unterliegen die Unternehmen ab dem 1. Januar 2026 der gesetzlichen Pflicht, eine Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu installieren, die jede Fahrt dokumentiert und Manipulationen verhindern soll. Die Einrichtung von TSE wird für ein Fahrzeug auf etwa 500 Euro geschätzt, der Betrieb einer dazugehörigen Software verursacht zudem monatliche Kosten.
Unternehmerin Eva Peisker aus Waldbröl setzt künftig nur noch auf Mietwagen
„Es geht nicht mehr, wir kommen nicht mehr klar“, klagt etwa die Waldbrölerin Eva Peisker. Die Unternehmerin hat zwei Taxi-Lizenzen für die Marktstadt, beide will sie zum 1. November 2025 aufgeben – und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr, ihre Schwiegereltern Elly und Reinhard Peisker haben den Betrieb 2000 gegründet. Freude bereitet das Jubiläum also nicht. „Ab nächstem Monat fahren nur noch unsere Mietwagen – auf Bestellung, von Montag bis Samstag, von 6 bis 19 Uhr“, kündigt die 41-Jährige aus der Ortschaft Hermesdorf an.
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Der Morsbacher Markus Gossmann hat sich vom Taxi-Betrieb bereits getrennt und die Lizenzen dafür Anfang Oktober zurückgegeben.
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Damit folgt sie dem Beispiel des Morsbachers Markus Gossmann, der seine Konzessionen bereits am 1. Oktober zurückgegeben hat: Drei hatte der 48-Jährige für seine Heimatgemeinde, drei weitere für die Nachbarkommune Reichshof. „Seit 20 Jahren feiere ich zum ersten Mal Silvester mit der Familie und mit Freunden“, freut sich Gossmann und blickt auf die Zeiten in der Taxi-Zentrale zurück, als er an Telefon und Computer saß, Fahrten nach dem Jahreswechsel organisierte.
„Für das Jahr 2025 muss ich rund 20.000 Euro draufzahlen“, wagt der Morsbacher eine erste Bilanz. „2026 wären daraus mindestens 30.000 Euro geworden.“ Auch er setzt künftig auf das Mietwagen-Geschäft. Damit ist sein Unternehmen zudem von der Pflicht entbunden, die Fahrzeuge an sieben Tagen in der Woche für 24 Stunden am Tag bereitzustellen.
Die Corona-Pandemie hat der Taxi-Branche in Oberberg einen Einbruch vor allem bei den Nachtfahrten beschert
„Vor der Corona-Pandemie gab es Touren bis etwa 2 Uhr in der Nacht, diese fanden danach fast gar nicht mehr statt“, berichtet Gossmann. Das bestätigt die Hermesdorferin Peisker: „Vor Corona haben wir jede Nacht etwa 400 Euro eingefahren, heute freuen wir uns, wenn wir noch über 120 Euro kommen.“
In Engelskirchen denkt die Taxi-Chefin Anke Berger dagegen nicht allein ans Aufgeben: „Ich möchte mein Unternehmen sogar verkaufen, und das am liebsten noch in diesem Jahr“, berichtet die bald 51-Jährige. Gegründet worden ist dieses 1971. Berger hat acht Lizenzen für die Gemeinde Engelskirchen, noch sind ihre Wagen auch in der Nacht unterwegs. „Die Auflagen werden immer härter, wir können das alles nicht mehr stemmen“, erklärt sie.
Derweil werden Rufe aus der Branche laut nach Subventionen durch den Oberbergischen Kreis. Birgit Hähn, die zuständige Dezernentin, kann sich eine solche Unterstützung durchaus vorstellen. „Aber nicht für die Betriebe an sich, sondern nur dann, wenn das Taxi als alternatives Angebot in den Öffentlichen Personen-Nahverkehr eingebunden ist“, betont sie mit Blick auf das Integrierte Mobilitätskonzept für den Oberbergischen Kreis, das der Kreistag im vergangenen Juni verabschiedet hat.
Zuletzt sind die Taxi-Tarife in Oberberg vor mehr als drei Jahren angepasst worden
Darin beschrieben wird ein Pilotprojekt, das die Einführung „einer bedarfsorientierten Bedienform“ in den Nahverkehr vorsieht – in „enger Kooperation mit dem örtlichen Taxigewerbe“. Das „ÖPNV-Taxi“ soll nach Anruf rollen, als Testraum dafür, so steht es im Konzept, sei die Gemeinde Morsbach denkbar. „Insgesamt sind wir sehr bemüht, den Unternehmen zu helfen, und befinden uns in einem sehr guten Austausch mit ihnen“, sagt Hähn und erinnert an die jüngste Anpassung der Gebührenordnung für den Taxi-Verkehr im Jahr 2022 – mit einstimmigem Kreistagsvotum. „Diese Tariferhöhungen sind sehr plausibel.“
Größtes der Taxi-Unternehmen in Oberberg ist das von Roger Lang. Er hält 46 Lizenzen insgesamt – zwölf für Waldbröl, elf für Gummersbach, acht für Wiehl, sieben für Bergneustadt, zwei für Reichshof und sechs für den eigenen Standort in Nümbrecht. Die Lage sei katastrophal, urteilt der 67-Jährige ebenfalls und spricht von drastischen Einbußen. Von Lizenzen trennen möchte sich der Inhaber der 1974 gegründeten Firma vorerst nicht. Aber: „Wenn welche auf der Kippe stehen, dann wohl die für Reichshof und Bergneustadt“, schildert er. „Aber auch Nümbrecht ist schwierig.“
117 Taxis fahren derzeit durch Oberberg
Nach Angaben von Kreissprecher Philipp Ising gibt es in Oberberg derzeit 14 Unternehmen mit Taxis und Mietwagen. Vier Betriebe fahren dagegen nur mit Taxis. Die Zahl der gültigen Konzessionen beziffert Ising auf 117. In diesem Jahr an den Kreis zurückgegeben worden seien bisher sechs Lizenzen.
Zuletzt sind die Taxi-Tarife Ende März 2022 angepasst – das heißt: erhöht – worden. Grund war der Mindestlohn von erst 9,82 Euro und später dann zwölf Euro. Damals hat sich der Kreistag einstimmig für die neuen Kosten ausgesprochen.
Seit 1. Juli 2022 liegt der Grundtarif in Oberberg bei 4,90 Euro (zuvor 3,80 Euro). Der Preis pro Kilometer (bis zum fünften gefahrenen Kilometer) beträgt an Werktagen zwischen 6 und 22 Uhr 2,65 Euro (vorher 2,30 Euro) sowie nach dem fünften Kilometer 2,60 Euro (vorher 2,20 Euro). An Sonn- und Feiertagen kostet der Kilometer zwischen 22 und 6 Uhr 2,80 Euro (vorher 2,50 Euro) und 2,75 Euro (2,40 Euro).

