JahresbilanzGleich an mehreren Orten verändert die Stadt Wiehl derzeit ihr Gesicht

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Blick auf die Wiehl und die Stadt im Hintergrund des Wassers.

Die Umgestaltung des Wiehlparks ist auf der Zielgeraden. An anderen Stellen läuft es weniger rund in der Stadt.

Welche Projekte in Wiehl wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen, welche gescheitert und wo hakt es noch? Wir ziehen Bilanz.

Was war? Was kommt? In unserer Serie zum Jahresstart ziehen wir Bilanz und blicken gemeinsam mit den Verantwortlichen voraus auf das Jahr 2023. Welche Projekte sind abgeschlossen, welche gescheitert und wo hakt es noch? Heute geht es um Wiehl.

Natürlich gibt es einige, die gern wollten, dass in Wiehl alles beim Alten geblieben wäre. Oder wieder so wird, wie es wohl nie gewesen ist. Viele Einwohner blicken aber auch mit einiger Vorfreude auf den Stadtumbau, dessen Ergebnisse sich im Ortszentrum inzwischen deutlich abzeichnen. Die Baustellenspaziergänge, die die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr angeboten hat, erfreuten sich zunehmender Beliebtheit.

Das muntere Treiben, das sich an sonnigen Tagen im neugestalteten Kurpark im Osten der Wiehlaue bereits eingestellt hat, nährt die Hoffnung, dass auch der Freizeitpark im Westen des grünen Gürtels ein Publikumserfolg wird. Bahnhofstraße und Rathausplatz haben zum Karnevalsauftakt und beim Weihnachtsmarkt schon erste Testläufe erfolgreich bestanden. In Wiehl gibt es im Jahr 2023 viel Grund zu feiern.

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In Wiehl-Drabenderhöhe freut man sich auf ein Stadtteilhaus

Und damit ist nicht nur der Hauptort gemeint. In Drabenderhöhe freut man sich auf den neuen Nösnerlandpark und das Stadtteilhaus. Auch an der Hauptkreuzung entsteht neues soziales Leben, wenn die Gaststätte Lang einen Nachfolger bekommt. Und selbst am Neubau in der Oberwiehler Mitte werden die Leute sicher noch viel Freude haben, wenn sie sich erst einmal daran gewöhnt haben.

Weniger erfreulich sind die schulpolitischen Hängepartien. Im Juni legte die Stadtverwaltung Beispielrechnungen für einen Neubau des Gymnasiums vor. Das Spektrum reichte von 50 bis 80 Millionen Euro Baukosten und von einer jährlichen Belastung des städtischen Etats von 1,5 bis 3,3 Millionen Euro. Die CDU war schon vorher zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Stadt nur eine Sanierung leisten kann.

Die Ratsmehrheit wollte sich von den vorliegenden Neubauplänen (noch) nicht verabschieden. Bürgermeister Ulrich Stücker kündigte vorsorglich an, eine Sanierung als Plan B durchzurechnen, um keine Zeit verloren zu haben, falls die konkreten Kostenschätzungen den Neubau untragbar machen. Die Entscheidung ist überfällig.

Umwandlung der Sekundarschule zu einer Gesamtschule ist Streitthema

Auch bei der Umwandlung der Sekundarschule zur Gesamtschule ist die CDU skeptisch, SPD, Grüne, FDP und Linke halten aber trotz des Widerstands der Nachbarkommunen eisern an ihrem Plan fest. Am Ende wird wohl das Verwaltungsgericht entscheiden. Wie auch immer das Urteil ausfällt, bleibt zu hoffen, dass der vergleichsweise erfolgreiche Schulstandort Bielstein   das Verfahren unbeschadet übersteht.

Eine juristische Auseinandersetzung droht auch bei den Plänen für das Hotel-Platte-Grundstück. Die Investoren fühlen sich getäuscht, die Stadt fürchtet eine Bausünde an einer maximal heiklen Stelle in der Innenstadt. Auch hier wäre eine einvernehmliche Lösung der beste Grundstein für einen Neubau, der bei der sensiblen Wiehler Stadtbevölkerung Akzeptanz findet. Keine Chance bekam derweil das Unternehmen, das in Bomig schon ein Krematorium betriebsfertig aufgestellt hatte, bis den Verantwortlichen auffiel, dass solch eine Anlage besondere Hürden überwinden muss, bevor sie in Betrieb gehen darf. Rat und Verwaltung waren nicht bereit, die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen, sozusagen.

Für den Wirtschaftsstandort Wiehl sind die beiden vorgenannten Investitionen eben nicht spielentscheidend. Da gibt es andere Player: Kampf Schneid- und Wickeltechnik kommt elegant durch die weltweite Krise und hat eine große Halle eingeweiht. Platzhirsch BPW macht allen Beteiligten weniger Freude. Eine Fertigungspanne erfordert einen riesigen Serviceaufwand, der den Gewinn empfindlich schmälert.

Das wirkt sich direkt auf den Haushaltsplan der Stadt aus. Mit voller Kasse zu regieren, ist einfach. Aber wenn die Mittel in den kommenden Jahren knapper werden, müssen Stadtverwaltung und Stadtrat erst recht zu einer gemeinsamen Linie finden. Diese war in vielen politischen Entscheidungen der vergangenen Monate nicht zu erkennen.

Dabei herrscht eigentlich weitgehende Einigkeit darüber, dass die ganz großen Aufgaben erst noch gelöst werden müssen. Die Stichworte lauten lokaler Klimaschutz, Mobilität und Wohnraum. Der einstimmige Beschluss über den „Wiehlklima“-Leitfaden war ein politisches Highlight. Nun müssen die Ratsfraktionen, die darin noch sehr allgemein formulierten Vorstellungen in konkrete Projekte umwandeln. Es gilt: Es kann in Wiehl nicht alles beim Alten bleiben. Aber es muss auch nicht schlechter werden.

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