UmweltschutzGladbacher Klimakarte als Prüfstein für Bauvorhaben

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Grafik Hahn

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Bergisch Gladbach – Wenn in Zukunft in Bergisch Gladbach über neue Baugebiete diskutiert und entschieden wird, dann muss auch auf einen Karte geschaut werden: die Klimakarte. Ganz frisch erstellt von der Lohmeyer GmbH aus Dresden. Über die Bedeutung dieser Karte gibt es ganz unterschiedliche Ansichten. Nur in einem waren sich alle einig: Mit der Karte geht es um einen Richtungsentscheidung für die Stadt Bergisch Gladbach

Im Rat sagte Robert-Martin Kraus(CDU), dass die Karte ein Instrument zur Bauverhinderung sei. Andreas Ebert (SPD) sah es entspannter: „Wenn es ein neues Bauvorhaben gibt, dann holen wir die Karte raus und schauen alle zusammen, welche Auswirkungen es für das Klima gibt.“ Und dann wäge man ab. Genau dieses Abwägen wollten die Freien Wähler am liebsten erschweren. Da, wo es laut Klimakarte Konflikte mit Luftleitbahnen und Kaltluftströmungen gibt, da solle eben nicht gebaut werden.

CDU schickt Fragekatalog an die Verwaltung

In stundenlanger Diskussion wurde um die Bedeutung der Karte gerungen. Die CDU hatte noch kurzfristig einen umfassenden Fragekatalog an die Verwaltung geschickt. Es gebe eben noch sehr viel Klärungsbedarf. Was insofern erstaunte, weil das Thema und Karte gleich durch mehrere Ausschüsse gegangen sind. Die Verwaltung beantwortet auch den CDU-Fragenkatalog noch rechtzeitig.

Kritische Punkte für die Umwelt

Wo es in Bergisch Gladbach kritisch ist

Im Planungsausschuss hatte Diplom-Meteorologin Antje Moldenhauer auf die Bedeutung der „Luftleitbahnen“ hingewiesen. Sie ermöglichten die Versorgung der Stadtteile mit „unbelasteter Frischluft“. Für die Stadtmitte haben die Luftleitbahnen an der S-Bahn und Am Stadion sowie der Straßenzug An der Gohrsmühle und der alte Bahndamm Auswirkungen. Weitere Luftschneisen bilden die Bereiche „Gronauer Friedhof“, „Paffrather Schwimmbad“, der Saaler Mühlenbach und die Trasse der Stadtbahnlinie 1.

Für belastete und sanierungsbedürftige Bereiche sind bei „stark nutzungsändernden Planungen in sensitiven Bereichen“ Fachgutachten zur Lufthygiene erforderlich. Belastete Bereiche befinden sich laut Gutachter in den Zentren der Stadtteile von Schildgen, Bensberg und Refrath und auf dem Zandersgelände in der Stadtmitte. Das Gutachten betont, dass auch weniger verdichtete Bereiche aufgrund ihrer Lage „sensibel gegenüber weiterer Bebauung“ sind, diese Gebiete seien häufig im östlichen Stadtbereich anzutreffen.

In der Innenstadt entstehen Kaltluftstrome nach Aussage der Gutachter an der Marienhöhe, Friedhof St. Laurentius, Quartier Gertrudenstraße, Quirlsberg und Lerbach. Im weiteren Stadtgebiet nennen die Experten Frankenforstbach, Stadtgarten und Thomas-Morus-Park. (cbt)

Die Bauchschmerzen der CDU künftige Bebauungen prinzipiell zu verhindern, waren fast bei jedem Redebeitrag zu spüren. Die Christdemokraten stellten auch einen Vertagungsantrag. Christian Buchen, der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, mühte sich, die Nachfragen als sachlich begründet zu verteidigen. „Die Umweltthemen sind uns so wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen sollten. Also geben sie uns doch noch etwas Zeit, damit wir dieser Klimakarte gemeinsam zustimmen.“

Beigeordneter spricht von "Abwägungsinstrument"

Wenn es so etwas wie ein Machtwort in dieser Sitzung gab, dann kam das nicht vom Bürgermeister Frank Stein (SPD), sondern vom Beigeordneten Ragnar Migenda (Grüne). Er stellte klar, dass diese Karte für die Verwaltung nicht irgendein unverbindliches Papierstück sei, sondern ein wichtiges „Abwägungsinstrument“. „Angesichts des fortschreitenden Klimawandels muss die Stadt handeln. Nicht irgendwann, sondern jetzt.“ Womit auch dem letzten im Saal klar sein musste, dass Baugebiete in als schützenswert ausgewiesenen Arealen praktisch unmöglich sein werden (siehe Kasten).

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Aber Migenda stellte auch klar, dass die Klimakarte nicht geltendes Recht brechen könne. Das war auf die bestehenden B-Pläne und vor allem das Baurecht nach Paragraf 34 gemünzt. Wenn Baulücken geschlossen werden, kann das das rechtlich auch mit einer Klimakarte nicht verhindert werden.

Bergisch Gladbachs umstrittene Klimakarte bekam am Ende grünes Licht mit der Mehrheit von der Ampel (Grüne, SPD, FDP), Freien Wählern und dem Einzelratsmitglied Frank Samirae. Und es bleibt abzuwarten, was das in der Praxis bedeuten wird.

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