WeihnachtenWie man in Bergisch Gladbach ohne Hektik shoppen gehen kann

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Am Samstag vor dem vierten Advent sind viele Menschen in der Bergisch Gladbacher Innenstadt unterwegs.

Am Samstag vor dem vierten Advent sind viele Menschen in der Bergisch Gladbacher Innenstadt unterwegs.

Bergisch Gladbach – Advent, Advent, ein Lichtlein brennt: Wenn vier Kerzen am Adventskranz brennen, hasten viele am Samstag davor durch Bergisch Gladbach, Bensberg und Refrath, mit dem Wunschzettel im Kopf, kaufen die letzten Geschenk fürs Weihnachtsfest. Hektik pur? Nein, mitten im Trubel findet man Menschen, die sich ausklinken aus Einkaufsstress, manche total, manche nur zeitweise.

Auf dem Schaukelpferd

Alfons Giuliani setzt seinen Enkel Levi am Rande des Gladbacher Weihnachtsmarktes ganz entspannt auf das Schaukelpferd an der Ecke vom Bergischen Löwen. Levi „schöckelt“, versonnen schaut der Opa zu. Gerade hat er für den Zweieinhalbjährigen eine kleine Ukulele gekauft: „Sein Papa spielt das, da will der Kleine das auch.“ Und Hektik, die gibt es bei ihm nicht: „Obwohl wir Italiener immer ein bisschen neben der Spur sind.“

In der Kirche

Nebenan in der Laurentiuskirche herrscht absolute Stille – der absolute Kontrast zu dem Weihnachtsgedudel, den Glühwein- und Bratwurstdüften draußen. Mehrere Passanten halten stille Andacht, bevor sie sich wieder ins Gewühl stürzen. „Innehalten, abschalten und sich besinnen“, sagt Heinrich Schmitz, als er mit Ehefrau Luise die Kirche verlässt, mit sichtlich innerer Ruhe. Es gibt viele Orte, wo die Leute kurz innehalten – manche Senioren einfach kurz auf dem Rollator, der eine bequeme Sitzfläche zum Ausruhen hat.

Im Cafe

Verliebte Pärchen schauen sich beim Frühstück im Café Tilda in die Augen, Freundinnen treffen sich zum kurzen Weihnachtsplausch. An der Espressobar steht Fabian Herbst, Ehemann der Mitinhaberin Daniela Herbst, hinter der Theke, nimmt die Bestellungen für Kaffee, Espresso, Latte Macchiato und Apfelsaft entgegen, die ihm eifrig bis eilig zugerufen werden. „Ich hab’ die Ruhe weg“, sagt der in sich ruhende Mann strahlend.

Auf dem Markt

Quirlig geht es auf dem Konrad-Adenauer-Platz zu. Am Fischstand genießen Hajo und Gisela Tiefenstädter das Sonnenlicht, das sich zart durch den Nebel drängt, und die Portion Kibbeling, die holländische Variante des Backfischs. „Wir haben schon viele Bekannte getroffen, jetzt ist eine Pause fällig“, sagt er. Und nein, er habe sich noch nicht verabschiedet mit dem zurzeit üblichen „Wenn wir uns nicht mehr sehen, frohe Weihnachten...“. Tiefenstädters haben diesen Spruch variiert: „Wir sehen uns ja noch.“ Weil die Kreisstadt so überschaubar sei, da begegne man sich immer wieder. Plötzlich taucht bei der Suche nach den stillen Orten eine Frage auf: „Wo ist denn hier ein stilles Örtchen?“ Da muss der Fragesteller noch ein bisschen aushalten: Bis zur öffentlichen Toilette ist es noch ein Stück – am Rosengarten im Strundepark.

John hofft auf Spenden und ein paar freundliche Worte.

John hofft auf Spenden und ein paar freundliche Worte.

An der Treppe

Fast in sich versunken hockt John am Rande der Treppe, die herunterführt zur Tiefgarage des Bergischen Löwen. Die Menschen eilen an ihm vorbei, manche werfen ein Geldstück in den Becher. Eine Dame reicht ihm ein kleines Päckchen – darin ist ein Matjeshering. Wer den obdachlosen Mann direkt anschaut, bekommt ein freundliches „Guten Tag“ zu hören. „Ich bin zufrieden, wenn ich einen Gruß zurück bekomme“, sagt John. „Der Gladbacher ist ja nicht hochnäsig.“ Es gebe immer wieder Leute, die sich mit ihm unterhielten. Langweilig sei ihm nie an diesem Ort.

Beim Hüttenzauber

Ein Stopp bei Eddi Stoffels „weihnachtlichem Hüttenzauber“, der Holzhütte an der Naturbühne, hat Tradition in Bensberg. „Die Leute machen Zwischenstopp bei uns, wärmen sich mit Glühwein auf“, erzählt Bernd Möldgen, der an diesem Samstag Thekendienst macht. „Gerade kam einer vom Weihnachtsbaum kaufen.“ Der Bensberger Detlef Neberich macht hier Station: „Hier ist so ein Punkt, da trifft man immer jemanden.“ Und beginnt eine Diskussion über das Löwencenter, das nun doch noch irgendwie verwirklicht wird.

Auf Pokemon-Jagd

In Refrath scheinen die meisten mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Überall auf den Bürgersteigen stehen reihenweise geparkte Fahrräder. Auf dem Platz vor der Kirche hat sich Svenja Koslowski auf einer Bank niedergelassen. Total konzentriert tippt sie auf ihrem Smartphone. E-Mails und Whatsapp? Nein, sie ist auf der Jagd nach Pokemons. „Hier auf dem Platz flitzen viele rum, das ist total spannend“, sagt sie. Neben ihr steht eine große Tasche. Weihnachtseinkäufe? Nein, Lebensmittel. „Der Stress um die Weihnachtsgeschenke ist doch selbstgemacht – ich kaufe online ein.“ Alles sei eine Frage des Zeitmanagements. Und dann jagt sie weiter Pokemons – tiefenentspannt.

Bergische Kaufleute sind “zufrieden„

 „Man gönnt sich was“, bringt Eva Babatz die weihnachtliche Konsumstimmung auf den Punkt. Die Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Rhein-Berg/Leverkusen vermeldet gute Kauflaune aus den bergischen Zentren bereits seit dem letzten Konjunkturbericht im Herbst. „Die Leute geben ihr Geld aus angesichts des Zinstiefs.“

Kostenfreie Parkplätze locken zusätzlich die Konsumenten

Aus Bensberg kann Georg Daubenbüchel diese Einschätzung bestätigen und rechnet auch in der letzten Woche noch mit guten Geschäften des Einzelhandels. Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft IBH, der selbst ein Haushaltswarengeschäft auf der Schloßstraße betreibt, bescheinigt seinen Kunden: „Sie sind gut drauf und bereit, Geld auszugeben.“ Daubenbüchel führt die positive Stimmung auch darauf zurück, dass nun endlich konkrete Bewegung in die Stadtgestaltung komme und auch für die leerstehende Marktgalerie eine realistische Lösung auf dem Weg sei. „Gut tut uns auch, dass die Stadt die Parkplätze an den Samstagen kostenfrei stellt“, findet Daubenbüchel.

Rhein-Berg-Galerie “zufrieden„

Bettina Wisniewski, Managerin der Rhein-Berg-Galerie, klingt dagegen eher verhalten, wenn es um die Gladbacher City geht. „Wir sind zufrieden“, sagt sie und verweist darauf, „dass wir in der kommenden Woche noch jede Menge Umsatz erwarten, weil die Leute erfahrungsgemäß heute später kaufen“. Generell meint Wisniewski: „Gegen das 24-Stunden-Angebot im Internet kommen wir nicht an. Aber wir bieten Service, Freundlichkeit und Beratung, etwas für die Kinder. Das wissen die Kunden zu schätzen, gerade in der Weihnachtshektik. Das ist die Stärke des Einzelhandels vor Ort. Da müssen wir dranbleiben.“ (eck)

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