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Die Höhner„Songs wie am Lagerfeuer“

Lesezeit 5 Minuten

Hannes Schöner (2.v.l.), Jens Streifling (2.v.r.) und Thomas Mersch (r.) im BLZ-Gespräch. (Foto: Luhr)

Was reizt Musiker, die in ganz Deutschland vor ausverkauften Hallen und Arenen mit zigtausend Zuschauern spielen, vor 200 Gästen in einem bestuhlten Pfarrsaal aufzutreten?

Schöner: Da sitzen Leute, die wie wir einfach Interesse an Musik haben. Bei „UNGER-UNS“ können wir Dinge ausprobieren, die mit den Höhnern so nicht machbar wären. Wenn wir Klassiker von Bob Dylan bis zu den Beatles in unserer Interpretation spielen, dann ist das wie eine Session in einer Kneipe. Für uns ist das so was wie ein Ausgleichssport zu den großen Touren.

Also nicht die „Höhner“ in kleiner Besetzung?

Streifling: Nein, etwas komplett anderes. Wir bringen unsere Lieblings-Songs auf die Bühne, die wir aber nicht eins zu eins covern, sondern unsere eigene Version davon machen, akustisch, unplugged.

Schöner: Wir beide feiern einfach gerne und greifen dabei abends häufig noch zur Gitarre, um dann all das zu singen, was man üblicherweise am Lagerfeuer singt. Das Konzept von Schöner/Streifling ist im Prinzip eine Verfeinerung von Lagerfeuer-Musik.

Wie ist die Idee zum Konzept von „UNGER-UNS“ entstanden?

Mersch: Irgendwann spontan bei einem Bier mit Jens. Wir sind uns schon vorher mal zufällig an einer Bar begegnet, da war er noch bei BAP. Als wir uns dann Jahre später wiedertrafen, konnte er sich noch genau an die Situation erinnern. Ich komme eigentlich gar nicht aus der Musikbranche, aber bei dieser Idee waren wir alle drei auf einer Wellenlänge. Wir wollten etwas Besonderes machen. So klein, dass man aus der letzten Reihe noch die Instrumente stimmen kann . . .

Warum ausgerechnet im Heidkamper Kultursaal?

Mersch: Es gibt nicht viele Säle wie diesen, außerdem wohne ich in Refrath, und Martin Großbach, der den Saal betreut, hat sich sehr engagiert.

Was verbindet die Macher dieses intimen musikalischen Events?

Mersch: Eigentlich haben wir uns schon seit Kindertagen gekannt (lacht). Hannes hat mir früher schon die Milchflasche gegeben, seine Schwester Wilma war unsere Nachbarin. Und über Jens haben wir uns dann wieder getroffen, viel später.

Schöner: Wir haben auch einfach denselben Musikgeschmack und Lust, was Neues auszuprobieren. Jens und ich sind zum Beispiel neulich an einem Off-Tag der Tour mit der Höhner-Roncalli-Show in Kassel nicht wie die Kollegen zurück nach Köln gefahren, sondern dort in ein Konzert gegangen: Da trat der Liedermacher Philipp Poisel auf, ein junger Typ, von dem zumindest ich vorher noch nix gehört hatte. Und dann hat dieser Mensch mit seinen Liedern Zehntausende in einem Stadion mitgerissen.

Streifling: Auf Deutsch würde man sagen: Hosen runter – man bekennt sich zu seinen Themen. Solche Lieder haben wir auch für die Konzerte in Heidkamp ausgewählt, ob das nun Stoppok ist oder Poisel. Das sind Songs, die uns bewegen und die wir interpretieren.

Das heißt, man lernt auch die Menschen hinter der Musik kennen . . .

Schöner: Auf jeden Fall. Wir haben ja auch ganz unterschiedliche Vergangenheiten. Jens kommt ja aus der ehemaligen DDR. Und die Liederkultur im Osten war natürlich sehr speziell, sehr eigen . . .

Streifling: Texte mussten immer so geschrieben werden, dass sie abgenommen wurden, aber trotzdem die Message zwischen den Zeilen hatten. Das war die große Herausforderung für die Liedermacher.

Schöner: Wie wir heute wissen, hat uns diese Liedermachertradition sehr nachhaltig beeinflusst, wenn man zum Beispiel an Clueso denkt.

Karten für die beiden nächsten „UNGER-UNS“-Konzerte mit Hannes Schöner, Jens Streifling und Freunden am Montag, 16. Dezember, und Dienstag, 17. Dezember, jeweils um 20 Uhr (Einlass: 18 Uhr) im Heidkamper Kultursaal am Lerbacher Weg 2 sind zum Preis von 39 Euro per E-Mail an sem4u@unger-uns.de oder via Facebook www.facebook.com/sem4u.koeln erhältlich. Weitere Infos zum Projekt und zu den Konzerten im Internet:

www.unger-uns.de

Und was lernt man von dem Musiker mit der West-Biographie?

Schöner: (Grinst) Auch bei mir gibt es ein Leben vor den Höhnern, angefangen von verschiedenen Jazz-Rock-Bands in den 70er Jahren, dann habe ich Anfang der 80er Jahre Pop-Schlager gesungen, Mitte der 80er in einem Projekt mit einem Partner Disco-Musik gemacht, und ich habe immer schon Songs für andere geschrieben – für die Lords, aber auch für Schlagersänger. Jens und ich haben uns bei den Höhnern gefunden: Wir fühlen uns beide handgemachter Musik sehr zugeneigt, akustischer Musik. Deshalb verzichten wir auch bei Schöner/Streifling auf E-Gitarren und machen ein akustisches Set – mit brillanten Begleitmusikern. Wir sind sehr froh, da mit Wolf Simon und Gero Körner zusammenspielen zu können.

Wird das Ihr zweites Standbein neben den Höhnern?

Schöner: Überhaupt nicht. Das ist keine Konkurrenz. Die Höhner sind unsere berufliche Priorität. Das hier machen wir in unserer Freizeit. Mit den Höhnern spielen wir im Karneval 13 Mal in der Köln-Arena. Das ist ein gigantisches Publikum. Aber die Musik und der Rahmen sind natürlich formatiert und damit irgendwo auch limitiert. In dem kleinen, intimen Rahmen wie in Bergisch Gladbach kann man auch ganz andere Sachen auspacken. Wir nehmen auch Nummern aus dem Jazz-Rock-Bereich und improvisieren die aus. So gibt es auch ein Schlagzeug-Solo, ja sogar auch ein Bass-Solo.

Gibt es auch eigene Schöner-Streifling-Songs zu hören?

Streifling: Ja, es gibt einige, die wir zusammen geschrieben haben und die es nicht auf eine Höhner-Platte geschafft haben, die uns aber einfach am Herzen liegen.

Gab es etwas, das Sie bei den vergangenen „UNGER-UNS“-Konzerten besonders beeindruckt hat?

Mersch: Jens hat letztes Jahr ein Stück gespielt, das beschreibt, wie er die DDR verlassen hat. Da war es in dieser ehemaligen Kirche mucksmäuschenstill. Und Klaus Lage hat bei seinem Konzert im September plötzlich im letzten Stück lachen müssen und noch mal mittendrin neu angefangen. Im Prinzip war der „Fehler“ das Highlight des Abends, weil die Leute einfach gemerkt haben: Die wollen hier was machen. Wir machen das alle, weil wir Lust darauf haben.