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Wipperfürther KlosterDie letzten Ursulinen vom Silberberg

Lesezeit 5 Minuten

Oberin Schwester Veronika kümmert sich in ihrem kleinen Büro um die Verwaltung.

Wipperfürth – Es ist ruhig geworden in den Fluren des Ursulinenklosters. Nur die Geräusche der Handwerker hallen über die Gänge. Im Kloster wird nämlich zur Zeit renoviert. Vier Nonnen leben noch hier. Sie sind zwischen 70 und 90 Jahren alt und genießen ihren Ruhestand auf dem Silberberg. Schwester Veronika ist seit 2009 die Oberin des Ursulinenklosters und erinnert sich gerne an die Zeit, als die Schwestern noch in der Schule unterrichteten. Das Hauptaugenmerk der Ursulinen lag während der 500-jährigen Ordensgeschichte immer schon auf der Mädchenbildung. Das Ursulinenkloster in Wipperfürth entstand aus einem Danziger Flüchtlingskonvent, das sich 1945 auf dem Silberberg niederließ. Zuerst bewohnten die Schwestern dort eine alte Villa und widmeten sich dem neu gegründeten St.-Angela-Gymnasium, benannt nach der heiligen Angela, Ordensmutter der Ursulinen.

Auf dem Silberberg entstanden bis 1963 schließlich das Kloster, die Schule, ein Internat und eine Kirche. Die Ursulinen unterrichteten damals verschiedene Fächer im Gymnasium, lebten ihren Alltag im Kloster, betreuten das Internat und kümmerten sich um den großen Klostergarten und die Tiere. Es gab also jede Menge zu tun. „Im Grunde wie eine voll im Beruf stehende Mutter mit mehreren Kindern“, erinnert sich die 74-jährige Schwester Agnes gern an diese arbeitsreichen Zeiten. Um 1960 lebten etwa 30 Nonnen auf dem Silberberg. Seitdem die Schule 1992 aus finanziellen und personellen Gründen erzbischöflich wurde und die Zahl der Ordensmitglieder stetig sank, verkleinerte sich das Kloster nach und nach.

Seit acht Jahren bewohnen die Nonnen nun den kleinen, freundlich renovierten Trakt hinter dem Seniorenheim. „Wir versuchen unseren Alltag so gut wie möglich zu gestalten und wollen ein Vorbild für das Zusammenleben älterer Menschen sein“, erklärt Schwester Veronika. Die 75-Jährige kümmert sich als Oberin um die Verwaltung des autonomen Klosters.

Der Ordo Sanctae Ursulae, der Orden  der Heiligen Ursula, wurde 1535 von  Angela Merici in Oberitalien gegründet. Schon von Beginn an widmete sich der Orden den Frauen und Mädchen. Während der 500-jährigen Ordensgeschichte  war die  Mädchenbildung immer das Haupteinsatzgebiet  der Ursulinen. Im Jahr 1639 kamen die ersten Ursulinen nach Köln. Das Ursulinenkloster in Wipperfürth entstand 1945 aus einem Danziger Flüchtlingskonvent und wuchs bis in die 1960er Jahre zu einem autonomen Konvent mit  rund 30 Ordensschwestern an. 

Unter den Ursulinen entstanden auf dem Silberberg das St.-Angela-Gymnasium, das seit 1968 auch Knaben  aufnimmt,  ein Internat, eine Kirche und ein Seniorenheim. In Wipperfürth wurde eine Straße nach ihnen benannt. 1992 wurde das Gymnasium an das Erzbistum Köln übergeben. Der Alltag der Ursulinen ist  geprägt durch gemeinsame Mahlzeiten, Stundengebete, Fürbitten und die Eucharistiefeier, die einen großen Stellenwert für die Ordensschwestern hat.   In Deutschland leben rund 400 Ursulinen in 27 Klöstern.

Das Gebet ist der zentrale Punkt

„Daran musste ich mich auch erst mal gewöhnen.“ meint sie mit einem Lächeln und erinnert sich an die ersten Tage als Oberin, an denen sie sich in die Verwaltungsarbeit erst einmal eindenken musste.

Jede Nonne übernimmt die Aufgaben, die sie noch leisten kann. So auch Schwester Agnes, die sich um die Sakristei kümmert. Gemeinsam bereiten sie auch heute noch Schulgottesdienste vor.

Im Kloster herrscht eine freundliche, offene Atmosphäre. Ab und zu bekommen die Schwestern Besuch. Entweder von anderen Ursulinen aus den 26 anderen Klöstern in Deutschland oder aber von Besuchern, die einfach die Ruhe des Klosters und die spirituelle Geborgenheit seiner Mauern suchen. Die Schwestern freuen sich darüber. „Es ist Mut machend, wenn die Leute nach dem Glauben suchen und auf uns zu kommen“, sagt Schwester Veronika. Schwester Agnes beobachtet einen Wandel in der Beziehung zwischen Kirche und Gläubigen. „Die Leute suchen nach dem Glauben. Aber nicht mehr über die Kirche als Institution“, meint sie. Immer wieder bekommen die Schwestern Briefe von ehemaligen Schülern. „Zu den ersten Jahrgängen haben wir noch Kontakt“ erzählt Schwester Veronika fröhlich „Wir sind immer noch eine Anlaufstelle und irgendwie das Zuhause für einige ehemalige Internatsschüler geblieben.“

Noch immer strukturiert sich der Tag der Schwestern nach dem Gebet. Begonnen wird jeden Morgen mit dem Morgenlob. Meist beten die Frauen es privat. Nur sonntags kommen sie dafür zusammen. Es folgen das Mittagsgebet und das gemeinsame Mittagessen und um 18 Uhr beten sie zur Vesper. In der Schulzeit kommen noch die Schulgottesdienste mit den Eucharistiefeiern dazu. Gebetet wird im eigenen Zimmer oder im Oratorium. Der kleine, intime Raum ist ruhig zum Garten hinaus gelegen und wie eine kleine Kirche gestaltet. Acht Plätze hat der helle Gebetsraum, jede der Schwestern ihren eigenen Sitzplatz. Dort beten sie vor allem für Kinder und Jugendliche. Aber auch für Politiker. „Die haben es manchmal auch sehr nötig“, meint Schwester Agnes.

Die Ursulinen verbringen aber auch viel Zeit mit Gewissenserforschung und Meditation. In strenger Klausur leben sie nicht mehr. Und sowieso wirken die Damen freundlich, offen und gesellig. Schade finden sie, dass es keinen Nachwuchs für die Ursulinen auf dem Silberberg gibt. Doch auch das nehmen Schwester Agnes und Schwester Veronika so wie es eben ist. „Man muss das einfach akzeptieren. Irgendwann erkennt man, dass im Leben immer alles sinnvoll war. Und so wird das eben auch irgendwann einmal sinnvoll sein“, erklärt Schwester Veronika gelassen.

Dafür treffen sich die Ursulinen aus ganz Deutschland jedes Jahr in verschiedenen Altersgruppen. Die Treffen werden thematisch vorbereitet und dazu genutzt, um sich auszutauschen, miteinander zu beten und die Messe zu feiern. Ein Leben in der Gemeinschaft eben, in dem es manchmal auch Konflikte gibt. „Wo Menschen sind, da menschelt es auch“ sagt Schwester Veronika mit einem Lächeln. Sie kam 1959 ins Kloster, wollte immer schon etwas Religiöses tun und hat im Ursulinenkloser auf dem Silberberg ihren Weg gefunden. Diese Entscheidung hat sie nie bereut. „Ich sage heute noch genauso ,Ja’ wie 1959“, erklärt sie entschieden.