„Da bewegt sich was“Pflegekräfte in Rhein-Erft kämpfen gegen schlechtes Image

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Der Kontakt zu den Menschen sei ihnen wichtig, sagen Pflegehelferin Sabina Warchal (l.) und Dienstleiterin Diana Weissenfels.

Der Kontakt zu den Menschen sei ihnen wichtig, sagen Pflegehelferin Sabina Warchal (l.) und Dienstleiterin Diana Weissenfels.

Rhein-Erft-Kreis – „Ich habe einfach einen guten Draht zu alten Menschen. Sie können aus ihrer Erfahrung heraus so viel Wertvolles erzählen. Deshalb bin ich immer froh, wenn sich bei der Arbeit nebenbei die Gelegenheit für einen Plausch ergibt“, erzählt Sabina Warchal, während sie dem alten Herrn aus Hürth behutsam in den Zeigefinger piekst.

Geduldig lässt der 82-jährige Witwer die Blutzuckermessung und die Insulinspritzung über sich ergehen. „Ich bin ja froh, wenn ich mal Besuch bekomme, und die netten Damen vom ambulanten Pflegedienst sind immer freundlich.“

Einstieg nie bereut

Pflegehelferin Sabina Warchal wird an diesem Vormittag von ihrer Pflegedienstleiterin Diana Weissenfels begleitet, und der betagte Kunde zaubert den beiden Frauen mit seinem Kompliment prompt ein Lächeln ins Gesicht. „Es sind auch diese kleinen Gesten der Dankbarkeit, die unseren Beruf so reizvoll machen“, sagt Diana Weissenfels, „den Kontakt von Mensch zu Mensch möchte ich nicht mehr missen. Das habe ich zuvor in anderen Branchen so nicht erlebt. Deshalb bereue ich es nicht, dass ich den Schritt gewagt und mit fast 40 Jahren noch mal ganz klein in der Pflege angefangen habe.“

Inzwischen sind rund zehn Jahre vergangen, und aus der ungelernten Hilfs- ist dank zahlreicher Weiterbildungsmaßnahmen eine examinierte Fachkraft geworden. „Es ist nicht einfach, aber wer die Zusatzbelastungen auf sich nimmt, hat im Pflegebereich mehr Möglichkeiten, als viele meinen.“ So konnte Weissenfels kürzlich die Leitung des vom Lazarus-Hilfswerk betriebenen ambulanten Pflegedienstes in Hürth übernehmen.

Die Arbeit in der Altenpflege sei besser als ihr Ruf, betonen Dierk Sutter (r.) und Khalid Terhzaz vom Hürther Lazarus-Hilfswerk.

Die Arbeit in der Altenpflege sei besser als ihr Ruf, betonen Dierk Sutter (r.) und Khalid Terhzaz vom Hürther Lazarus-Hilfswerk.

Mit Branchenriesen wie der Caritas, der Awo oder dem Diakonischen Werk kann das Lazarus-Hilfswerk größenmäßig nicht mithalten. Doch man geht engagiert zu Werke. Die Trägergesellschaften des ökumenisch ausgerichteten Wohlfahrtsverbandes betreiben mit insgesamt gut 500 Mitarbeitern neben Kindertagesstätten neun Altenpflege-Einrichtungen im gesamten Rheinland. Im Rhein-Erft-Kreis ist Lazarus mit einem Seniorenwohn- und pflegeheim sowie einer Tagespflegestation in Bergheim präsent. Hinzu kommen ambulante Pflegedienste. Die Bundesgeschäftsstelle des Lazarus-Hilfswerks befindet sich an der Luxemburger Straße in Hermülheim.

Dort sitzen Geschäftsführer Dierk Sutter und sein Fachbereichsleiter Khalid Terhzaz und halten fast permanent Ausschau nach engagierten Kräften wie Sabina Warchal und Diana Weissenfels. „Es ist leider so: Das Image der Pflegeberufe ist schlecht. Die Arbeit gilt als belastend, die Bezahlung als schlecht. Entsprechend schwierig ist es für uns, bei ständig steigendem Bedarf genügend Leute zu finden“, klagt Dierk Sutter, „und da die Menschen immer älter werden und die Zahl der Pflegebedürftigen immer weiter anwächst, wird sich die Situation sicher noch verschärfen.“

„Da bewegt sich was“

Auf politischer Ebene sieht Sutter durchaus ein ehrliches Bemühen, die Pflegeberufe nachhaltig attraktiver zu machen. Von der Anhebung der Mindestlöhne über eine vereinfachende Neuordnung des Aus- und Weiterbildungswesens bis hin mitarbeiterfreundlicheren Personal/Patientenschlüsseln sei einiges geplant oder schon in Angriff genommen worden. „Da bewegt sich was. In der breiten Öffentlichkeit ist das aber noch nicht richtig angekommen. Wir werden das negative Bild einfach nicht los, auch weil manche Medien vorzugsweise über die schwarzen Schafe der Branche berichten“, ergänzt Terhzaz.

Dass die Arbeit in der Pflege anstrengend und fordernd sei, verhehlen die Lazarus-Leute nicht. Sie sei aber eben auch erfüllend, zukunftssicher und gesellschaftlich enorm wertvoll. „Und so schlecht wie oft behauptet sind die Verdienstmöglichkeiten auch nicht“, betont Dierk Sutter und will damit insbesondere Quereinsteiger mittleren Alters ansprechen.

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Zum Start genüge eine 160-stündige Pflegehilfskraft-Qualifikation; es gebe gute, von der Arbeitsagentur und vielen Arbeitgebern geförderte, mehrstufige Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zur Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft. Sein Verband etwa zahle Vollzeit-Neulingen inzwischen mehr als den Mindestlohn der Branche, nämlich rund 2300 Euro brutto plus 110 Prozent Jahresbonus. Auch habe man eine Betriebsrente und weitere zusätzliche Sozialleistungen eingeführt sowie die alltägliche Arbeitsorganisation mitarbeiterfreundlich verbessert. „Wir wissen, wie wichtig ein gutes Arbeits- und Betriebsklima und ein zufriedenes Mitarbeiterinnenteam gerade auf einem so verantwortungsvollen Gebiet wie der Altenpflege sind“, sagt Lazarus-Geschäftsführer Sutter.

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