Hinter der sonst streng verschlossenen Doppeltür zur Galerie über dem Speisesaal von Schloss Augustusburg verbirgt sich viel Spannendes.
„Wir öffnen Türchen“Ein Blick in die glamouröse Welt der Reichen und Schönen in Brühl

An besonderen Fest- und Feiertagen durften Bürger von der Galerie aus "ihrem" Kurfürsten beim Speisen und Feiern zuschauen.
Copyright: Christina Jürgensen
Die Adventszeit ist besinnlich – und auch geheimnisvoll. Wir treten mit Ihnen zusammen bis Heiligabend durch Türen, die eigentlich fest verschlossen sind oder für die nur wenige Menschen den Schlüssel haben. Wir blicken in verborgenen Räume und erzählen die Geschichten hinter den Türen. Heute besuchen wir die Galerie über dem Speisesaal von Schloss Augustusburg .
Einen kurzen Blick in die glamouröse Welt der Reichen und Schönen werfen – das begeistert viele Menschen heute ebenso wie vor 300 Jahren. Im großen Speise- und Musiksaal des Schlosses Augustusburg wurde vom Bauherrn Clemens August von Bayern (1700 – 1761) sogar eigens für nichtadelige Zuschauer eine Galerie installiert, von der aus sie zu besonderen Fest- und Feiertagen „ihrem“ Kurfürsten und seinen Gästen beim Speisen zusehen konnten.

Unsere Adventserie heißt „Wir öffnen Türchen“.
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Zwar starb der Kölner Erzbischof und Kurfürst Clemens August sieben Jahre vor Fertigstellung der Räumlichkeiten, doch sein Nachfolger Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels (1708 – 1784) nutzte den „Salon à l'italienne“ (Saal mit Galerie) entsprechend der Planungen.
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In direkten Kontakt mit den hohen Herrschaften kam das einfache Volk zu diesen besonderen Anlässen allerdings nicht. Über einen Seiteneingang und ein separates Treppenhaus gelangten die Zuschauer zu der Aussichtsgalerie etwa 5,5 Meter hoch über den adeligen Köpfen.
Brühl: Wächter achteten am Eingang auf angemessene und korrekte Kleidung
„Natürlich bekam auch nicht jeder Zutritt zum Schloss“, weiß Benedikt Bauer, Kunsthistoriker und Projektmitarbeiter der Schlösser Brühl. „Es waren eher höhergestellte Persönlichkeiten der Stadt, wie Bürgermeister, Pfarrer oder Kaufleute.“ Und auch auf angemessene und korrekte Kleidung hätten die Wächter am Eingang natürlich geachtet.
Doch wer es geschafft hatte, wurde mit einem Blick auf die ganze Pracht und den Reichtum der Hofgesellschaft belohnt. So dinierten der Kurfürst und seine bis zu 30 in Seide und Spitze gekleideten Gäste an üppig ausgestatteten Tafeln mit feinstem Meissener Porzellan unter dem opulenten Kronleuchter.
Engelsköpfe neigen sich zu den Besuchern herab
Und auch über den Köpfen der Besucher war und ist Einiges los. Begeistert die üppig gestaltete, rund zehn Meter hohe Decke des Saals bereits vom Boden aus mit ihren verspielten Stuckelementen und dem farbenprächtigen Fresko, so sind nur von Nahem die faszinierenden Details erkennbar.

Prächtige, dreidimensionale Stuckarbeiten des Italieners Giuseppe Artari zieren die Decke des Saales.
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Füße hängen aus den Stuckreliefs, Engelsköpfe neigen sich zu den Besuchern herab, Ranken und Blüten scheinen zum Greifen nah und verspielte Rocaillen schlagen Bögen am Freskohimmel, an dem sich nicht nur der griechische Gott Apoll und die Musen tummeln, sondern auch allerlei Putten und andere himmlische Figuren.

Benedikt Bauer hat als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter Zutritt zur sonst verschlossenen Galerie.
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Für die Gestaltung des Speisesaals ebenso wie der anderen Räume der Schlösser Augustusburg und Falkenlust im Stil des Rokoko ließ Kurfürst Clemens August nur die besten Künstler und Handwerker seiner Zeit nach Brühl kommen. So stammen das Deckenfresko und die Stuckarbeiten von den beiden Italienern Carlo Carlone und Guiseppe Artari, die kunstvollen Wände gestaltete dessen Schüler Guiseppe Brilli.
„Das Schlossensemble ist ein europäisches Gesamtkunstwerk, an dem Künstler und Handwerker aus verschiedenen Ländern beteiligt waren. Auch das veranschaulicht wunderbar den Gedanken des Unesco-Welterbes", betont Tanja Schneider, Pressesprecherin der Schlösser Brühl. Es wundert also nicht, dass die beiden Bauwerke jährlich Tausende Besucher aus aller Welt anlocken, die im Rahmen von Führungen in die opulente und verspielte Welt des Rokokostils eintauchen. Die Doppeltür zur Galerie über dem Speisesaal allerdings bleibt inzwischen aus Sicherheitsgründen für Besucher verschlossen.

