Willkommene SommergästeErftstadt-Niederberg ist ein „schwalbenfreundliches Dorf“

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Diese beiden jungen Niederberger Mehlschwalben arbeiten am natürlichen Nestbau, bei dem sie Tausende Matschkügelchen zusammendrücken.

Diese beiden jungen Niederberger Mehlschwalben arbeiten am natürlichen Nestbau, bei dem sie Tausende Matschkügelchen zusammendrücken.

Erftstadt-Niederberg – „Als ich ein kleiner Junge war, hockten die Schwalben an schönen Sommertagen bei uns im Dorf zu Hunderten auf den Stromleitungen. Doch irgendwann waren die Vögel fast alle verschwunden“, erinnert sich Franz Sahm etwas wehmütig an seine Kindertage. Doch dann deutet der 72-jährige Ur-Niederberger lächelnd auf die Nester unter dem Dach eines Wohnhauses an der Bleistraße. „Dass die Schwalben jetzt nach und nach zurückkehren, lässt mir das Herz aufgehen.“

Zurückgekehrt sind die Schwalben allerdings nicht ganz von selbst, sondern auch dank emsiger Mithilfe vieler Bewohner des idyllischen Weilers im Erftstädter Südzipfel. Dieses Engagement für die Artenvielfalt habe Anerkennung verdient, meinen die Fachleute von Naturschutzbund (Nabu) und Biologischer Station Bonn/Rhein-Erft: Als bislang einziger Ort im Kreis wurde Niederberg am Sonntag zum „Schwalbenfreundlichen Dorf“ ernannt. Die erste Ehrentafel durfte der städtische Beigeordnete Dirk Schulz am Dorfgemeinschaftshaus befestigen; zwei weitere Schilder wurden an den Ortszufahrten angebracht.

Kampagne zum Schutz der Schwalben gestartet

Vor zwei Jahren hat Astrid Mittelstaedt, die bei der Biologischen Station das Projekt „Na-Tür-lich Dorf“ in der Zülpicher Börde leitet, eine Kampagne zum Schutz der Schwalben gestartet. Unter anderem wurden die Bürger aufgerufen, Nisthilfen unter ihren Dachfirsten anbringen zu lassen. „In Niederberg bin ich auf besonders große Zustimmung gestoßen. Hier gibt es offenbar ganz viele Schwalbenfans. Jedenfalls meldeten sich immer mehr Hausbesitzer, die etwas für die Schwalben tun wollen. Vielleicht werden wir am Ende des Sommers ja schon mehr Schwalben als Einwohner zählen. Und jetzt hoffen wir, dass andere Dörfer folgen.“

Stolz präsentieren Astrid Mittelstaedt (v.l.), Else Kaufmann-Razzaq von der Dorfgemeinschaft und Désirée Dreyer-Rogers die Tafel.

Stolz präsentieren Astrid Mittelstaedt (v.l.), Else Kaufmann-Razzaq von der Dorfgemeinschaft und Désirée Dreyer-Rogers die Tafel.

In ganz Nordrhein-Westfalen gebe es erst eine Handvoll Orte, die die vom Naturschutzbund vergebene Auszeichnung „Schwalbenfreundliches Dorf“ erhalten hätten, ergänzt Kreisvorsitzende Désirée Dreyer-Rogers. Schon länger gebe es die Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“, und auch diese Tafel sei in Niederberg an erfreulich vielen Toren und Türen zu finden. Das sei auch gut so, betont der Nabu-Vogelfachmann Jochen Hiller: „Die Rauchschwalbe steht auf der Roten Liste auf der Vorstufe. Die Mehlschwalbe gilt bereits als gefährdet.“

Nestbau und Insektensuche problematisch

Einerseits haben es die Zugvögel bei der Suche nach Nahrung schwer. Die vorzugsweise auf Feldern und Wiesen jagende und vom Frühjahr bis zum Spätsommer an Fassaden nistende Mehlschwalbe findet vielerorts nicht mehr genügend Insekten. Auch der Nestbau ist problematisch geworden. Wegen der Trockenheit drohen die Nester auszudörren, zu zerbröseln und von den Dächern zu fallen.

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Unter Dutzenden Niederberger Dachfirsten sind inzwischen künstliche Schwalbennisthilfen zu finden.

Die Rauchschwalbe nistet in Scheunen, Kuh- oder Pferdeställen und hat es vor allem auf die um die Nutztiere herumschwirrenden Fliegen abgesehen. „Früher hatte hier jedes dritte Haus einen kleinen Viehstall. Für die Schwalben gab es also Insekten ohne Ende. Heute stehen die meisten Scheunen und Ställe leer“, weiß Franz Sahm.

Im Reitstall kümmert man sich auch um die Schwalben

Gut für die Schwalben, dass es in Niederberg zwei Reitställe gibt. In der Ponyreitschule Eilers kümmert sich Yvonne Engel nicht nur um die Pferde, sondern päppelt wenn nötig auch aus dem Nest gefallene Jungschwalben auf. 15 bis 20 Brutstätten sind in den Stallungen zu finden. „Wenn die ersten Vögel kommen und mit dem Nestbau beginnen, dann weiß ich: Jetzt fängt der Frühling richtig an“, schwärmt Yvonne Engel. „Ich könnte stundenlang zugucken, wie die Rauchschwalben pfeilschnell durch die Ställe flattern. Nebenbei halten sie den Pferden die Fliegen vom Leib.“

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Klaus Bruske hat gleich acht künstliche Nistkästen unter dem Dach seines Fachwerkhauses angebracht. Die Hinterlassenschaften der Vögel können Bruske nicht schrecken: „Wenn man Kotbretter unter die Nester schraubt, ist das Verschmutzungsproblem gut in den Griff zu bekommen.“

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