„Geisteskrank, was wir da leisten mussten“David Leischik aus Hürth über seine Erfahrung bei „DSDS“

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Das Foto zeigt David Leischik. Er hat es sich auf einer Holzbank gemütlich gemacht.

David Leischik posiert beim Interview auf einer Bank in einem Hürther Café.

David Leischik war im April kurz vor dem großen Finale ausgeschieden bei DSDS. Er spricht im Interview über seinen Weg zum Berufsmusiker.

Herr Leischik, inwieweit hat sich Ihr Leben seit der Teilnahme bei DSDS verändert?

David Leischik: Beruflich hat sich alles verändert. Ich bin selbstständiger Sänger und darf das machen, was ich liebe. Ich habe mir damit einen kleinen Traum erfüllt und ich habe noch ganz viele die wahr werden wollen. Zwar nicht in Saus und Braus, aber ich kann aktuell davon leben, für die Miete reicht es. Ich habe ja noch meine Lebensgefährtin Alicia an meiner Seite, die mich in allem unterstützt. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Ich versuche, mich einfach über Wasser zu halten, aber ich stehe ja erst ja erst am Anfang. Mit einem zusätzlichen Job wäre das nicht wirklich realisierbar. Montag bis Freitag arbeiten und am Wochenende die Events. Wir haben darüber nachgedacht, aber es funktioniert nicht. Manche Events sind unter der Woche und ich muss mich auf meine Auftritte vorbereiten. Wenn ein mir unbekanntes Stück gewünscht wird, heißt es üben, üben, üben, bis es perfekt sitzt. Und dann muss ich komponieren — ich will in die Charts. Und ich will immer noch zum Eurovision Song Contest.

Haben Sie keine Angst, trotz guter Leistung auch auf dem letzten Platz zu landen?

Ich kann auch für Polen an den Start gehen, vielleicht hätte ich da bessere Chancen. Aber alleine beim ESC mitzumachen  ist nach wie vor ein Riesentraum von mir.

Welche Träume, die keine bleiben sollen, gibt es sonst noch?

Ins Studio gehen, mit einem Produzenten an meinen Songs arbeiten. Ich habe bei DSDS ganz viele Kontakte knüpfen können und meine Fühler sind in viele Richtungen ausgestreckt, da gibt es aber noch keine finale Entscheidung. Ich produziere mich aktuell selbst, singe auf Hochzeiten oder Firmenfeiern, meist Coverversionen, weil das so gewünscht wird. Dafür muss ich natürlich proben, aber in der freien Zeit komponiere ich selbst, denn das kann ich hundert Pro. Was ich nicht so gut kann, sind Texte schreiben, das ist sauschwierig. Fühlen, was man singt... — ich will ja auch hinter diesem Text stehen. Ein paar Texte habe ich geschrieben, aber das ist alles ziemlich mühsam und ich glaube, mit einem Texter als Co-Pilot würde das noch besser funktionieren.

Singen Sie auf Deutsch?

Ob Englisch oder Deutsch ist nicht relevant. Die musikalische Ausrichtung ist Pop, aber nicht so ein Mark-Forster-Pop, oder vier Akkorde durchballern, das ist es für mich nicht. Und kein Schlager. Die Leute, die Schlager produzieren wollen oder mich im englischen „Feel-Good-Pop“ á la One Direction sehen, brauchen mich nicht zu kontaktieren. Aber wenn jemand Bock etwas ganz Neues zu schaffen, dann gerne her damit – da bin ich ganz offen.

Etwas ganz Neues?

Ja, etwas Originelles, etwas Tiefgründiges… Ich gehe mehr in diese dunklen Schichten, die ich in mir habe, das Traurige – diese Feel-Good-Schiene, das bin ich nicht. Ich habe eine sensible Seite an mir, die sehr ausgeprägt ist und bin jemand, der viel denkt. Für gleichgesinnte Menschen möchte ich diese Musik machen. Ich sehe mich mehr in Richtung Billie Eilish als bei Gute-Laune-Musik. Vielleicht ein männlicher Billie Eilish auf Deutsch. Mit eigenen Songs auf Tour gehen, das ist der nächste Traum, den ich ermöglichen möchte.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist bereits getan. Am 26.August haben Sie ein einstündiges Konzert in Menden.

Ich habe leider keine Band. Das wäre für solche Auftritte supergeil, eine Coverband. Beim Stadtfest „Menden à la carte“ soll ja auch gute Laune aufkommen und da kann ich nicht nur am Klavier irgendwelche Balladen schmettern und muss auf Karaoke zurückgreifen. Mit einer Band im Rücken kommt so etwas natürlich nochmal besser an, aber es wird auch so 'ne geile Party werden. Ich habe freie Fahrt und kann meine Lieblingssongs singen. Bei anderen Events gibt es Vorgaben und Wünsche. Songs, die ich überhaupt nicht kenne. Okay, bei DSDS musste so ein Song über Nacht sitzen. Hier hab‘ ich natürlich etwas mehr Vorlauf. Wenn ich da nochmal zurück denke. Das war ja geisteskrank, was wir da teilweise leisten mussten. Heute sitze ich auch einen Tag für einen Song am Klavier, bis er sitzt, aber bis zum Auftritt habe ich immer noch Zeit. Ich bin jetzt auch nicht so ein Virtuose am Klavier, ich muss da schon richtig üben.

Wo sehen Sie sich in naher Zukunft?

Hits zu covern ist ok, aber das soll nicht meine Zukunft sein. Ich möchte eigene Musikgeschichte schreiben.

Das Foto zeigt David Leischik bei seinem ersten Auftritt bei DSDS.

David Leischik trat mit einem Ed-Sheeran-Song beim Casting an und überzeugte die Jury.

Haben sie noch Kontakt zu den anderen Kandidaten von DSDS, wie läuft es bei denen?

Ja, zu Felix hab ich noch sehr guten Kontakt, mit einigen schreibe ich, mit Felix und Adriano telefoniere und treffe ich mich regelmäßig. Zu Lawa besteht auch noch Kontakt, die ist jetzt gerade genau da, wo ich hin will, die ganze Zeit im Studio. Sam Eisinger beobachte ich über Instagram – viele Infos habe ich da gerade auch nicht, aber ich weiß, dass Singles in Planung sind, da kann man gespannt sein. Es gab Schlagzeilen wie „Erst Superstar, jetzt wieder Arbeitsplatz“. Das ist nicht fair, man kommt nicht von Null auf Hundert. Das braucht seine Zeit, er hat Familie, natürlich kann man dann nicht einfach mit allem aufhören. Ich würde bei Sam abwarten mit einem vorschnellen Urteil – er wird seinen Weg gehen. Ich bin DSDS dankbar für alles, aber man muss sich von vornherein klar sein, dass man danach nicht die Hände in den Schoß legen kann, sondern weiterhin hart für seine Karriere arbeiten muss.

Werden Sie oft auf der Straße angesprochen?

Das ist ganz lustig. Wenn ich so wie jetzt normal rumlaufe, werde ich nicht erkannt. Aber wenn ich die College-Jacke von meinem DSDS-Auftritt anziehe – dann geht's los! Will ich inkognito bleiben, lasse ich sie einfach zu Hause. Will ich ins Gespräch kommen, kommt die Jacke ins Spiel und dann läuft's.

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