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Kommentar zum KohleausstiegDie Städte im Rhein-Erft-Kreis müssen sich neu aufstellen

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Lesezeit 2 Minuten
Das RWE-Kraftwerk in Bergheim-Niederaußem.

Die Landesregierung in NRW hat den Kohleausstieg für das Jahr 2030 im neuen Reviervertrag 2.0 bekräftigt.

Redakteur Jörn Tüffers über die Bedeutung des Reviervertrags 2.0 und des damit verbundene Kohleausstiegs 2030 für den Rhein-Erft-Kreis.

Stell dir vor, es ist Kohleausstieg, und keiner kriegt es mit! Um dem entgegenzuwirken, hat die Landesregierung mit zahlreichen anderen politischen Akteuren, auch aus dem Rhein-Erft-Kreis, in dieser Woche in einer beispiellosen Inszenierung das Ende des Braunkohleabbaus für 2030 bekräftigt.

Seit dem feierlichen Akt in Mönchengladbach, weit genug weg vom Zentrum des Rheinischen Reviers, haben wir es nun schwarz auf weiß, dass der nicht einmal zwei Jahre alte Vertrag, der das Kohle-Aus für 2038 vorsah, hinfällig ist – mit allem Zipp und Zapp, mit der Unterschrift von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und anderer.

Da ist man versucht, in den wieder weitgehend menschenleeren Hangar am Mönchengladbacher Flughafen hereinzurufen: „Ja, dann macht auch mal!“ Denn schon zu lange wird auf unterschiedlichen Ebenen rumgewurschtelt, mit einer – mittlerweile aufgegebenen – Sternvergabe für förderfähige Projekte, mit fragwürdiger Bezuschussung von Projekten wie dem Bau eines Wildwasserparks in Dormagen und einem nationalen Trainingszentrum für Hockeysport.

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Zehntausende Arbeitsplätze werden bald nicht mehr benötigt

Ist das etwa die Zukunft der einstigen und nach wie vor bestehenden Energieregion mit Zehntausenden Arbeitsplätzen, die nicht mehr benötigt werden? Das Rheinische Revier als ein großer Freizeitpark? Nun, könnte man zynischerweise sagen, dann können sich diejenigen, die keinen Job mehr haben, wenigstens tollen Freizeitaktivitäten widmen. Wobei der einzige Haken darin bestehen würde, dass auch Spaß haben Geld kostet. Aber lassen wir das. Die Sache ist ernst.

Ob das jedoch alle Politiker begriffen haben, muss auch nach der Unterzeichnung des Papiers „Reviervertrag 2.0“ – warum nicht gleich Reviervertrag reloaded, dann würde man dem Ganzen auch noch einen internationalen Anstrich verleihen – seriös bezweifelt werden. Da schimpfen die Städte aufs Land, das Land auf den Bund, und der derzeit ohnehin angeschlagene Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unterzeichnet den Vertrag quasi digital, weil er es irgendwie nicht nach Mönchengladbach geschafft hat.

Industrie- und Handelskammer Köln verweigert Unterschrift zum Vertrag

Und wenn dann jemand mal Kritik übt wie die Bürgermeister Sascha Solbach (SPD) und Andreas Heller (CDU) aus Bedburg beziehungsweise Elsdorf gilt er als Nestbeschmutzer. Bemerkenswert, dass auch die Industrie- und Handelskammer Köln, die nicht im Verdacht steht, die größte Kritikerin der CDU zu sein, ihre Unterschrift unter den Vertrag verweigert hat: weil sie konkrete Antworten der Politik, wie der vorgezogene Kohleausstieg bewerkstelligt werden soll, vermisst.

Darauf gab es auch in Mönchengladbach keine Antwort. Wie auch? Es war ein symbolischer Akt. Aber mit Symbolik werden keine Jobs geschaffen. Die betroffenen Städte im Rhein-Erft-Kreis sind gut beraten, sich auf ihre eigenen Stärken zu verlassen und sich für die Zukunft neu aufzustellen. (jt)

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