Nach tödlichen UnfällenADAC-Experte hält B59 bei Pulheim für „problematisch“

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Auf dem Foto sind ein gelber Rettungshubschrauber, ein Einsatzfahrzeug der Polizei und im Hintergrund ein Lkw auf der B 59 zu sehen.

Bis in die späten Abendstunden war die B 59 bei Stommeln komplett gesperrt. Experten der Polizei sicherten Spuren, um den Unfallhergang zu rekonstruieren.

Ende August starb ein 63-Jähriger, am Dienstag ein 60-jähriger Auto-Fahrer. Das wirft Fragen zur Sicherheit der B59 auf.

Innerhalb von vier Wochen haben bei Verkehrsunfällen auf der B59 bei Pulheim-Stommeln zwei Menschen ihr Leben gelassen. Beide Male im Zusammenhang mit Überholvorgängen, bei denen ein beteiligtes Fahrzeug in den Gegenverkehr geraten ist. Ende August war ein 63-Jähriger in seinem Pkw gestorben, am Dienstagnachmittag kam für einen 60-Jährigen aus Bedburg jede Hilfe zu spät.

Ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge war er von der linken von zwei Fahrspuren in den Gegenverkehr geraten und frontal mit dem Lastwagen kollidiert. Dessen 56-jähriger Fahrer wurde ebenso schwerst verletzt wie zwei weitere Beteiligte (50/27) in einem anderen Wagen.

Kreis kündigt umfassende Überprüfung der B59 an

Nach Recherchen dieser Redaktion hat es seit 2020 sechs schwere Unfälle auf der B59 gegeben. Eine „Unfallhäufungsstelle oder Unfallhäufungslinie“ besteht aus Sicht des Rhein-Erft-Kreises nicht. Wegen der tödlichen Unfälle in den vorigen Monaten auf diesem Abschnitt werde jedoch eine umfassende Überprüfung eingeleitet, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Prof. Dr. Roman Suthold, Fachbereichsleiter Verkehr und Umwelt beim ADAC Nordrhein, kennt diesen Streckenabschnitt der B59. Die lange, gerade verlaufende Strecke sei problematisch, vor allem, dass der Gegenverkehr so nah sei. „Das würde man heute so nicht mehr planen.“ Wer lange hinter einem langsameren Fahrzeug, wie etwa einem Lkw, fahre, werde ungeduldig und dazu verleitet, zu überholen.

Das führe wiederum zu kritischen Situationen und häufig auch Unfällen. Denn: „Autofahrer schätzen Geschwindigkeiten und Distanzen häufig falsch ein.“ Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass das Verkehrsaufkommen auf der Strecke mit den abwechselnd ein- und zweispurigen Abschnitten wohl zu hoch sei, um sicheres Überholen zu ermöglichen.

Deshalb gilt es aus Sicht des Verkehrsexperten zu beachten: „Autofahrer sollten nach Berechnungen des ADAC unter Berücksichtigung des Gegenverkehrs auf Landstraßen eine Strecke von mindestens 700 Metern einsehen können, um dort sicher zu überholen. Das entspricht rund 14 Leitpfosten am Straßenrand. Zudem müsste ein Pkw beim Überholmanöver 100 km/h fahren, um einen Lkw mit 60 km/h sicher zu passieren.“ Das sei aber nur an wenigen Stellen im deutschen Landstraßennetz möglich.

Mittelleitplanken wären aus Sicht des ADAC das Sicherste

Auch die Zeitersparnis durch Überholen ist gering: Im günstigsten Fall werden zehn Prozent der Fahrtzeit eingespart. Bei einer Strecke von 20 Kilometern sind das lediglich 1,5 Minuten.

Der Verkehrsexperte kann sich vorstellen, auf dem in Rede stehenden Streckenabschnitt zwischen Pulheim und Stommeln Mittelleitplanken einzubauen. „Das wäre das Sicherste. Aber dazu fehlt möglicherweise der Platz. Daher wurde die Strecke so gebaut.“

Um auf die Gefahr hinzuweisen, rät Roman Suthold, Schilder aufzustellen, die die Autofahrer davor warnen, auf den einspurigen Abschnitten zu überholen. Der Verkehrsexperte betont, dass es beim Überholen Sicherheit immer vor Schnelligkeit gehen soll. „Nur bei ausreichend einsehbarer Strecke sollten Autofahrer überholen und beim Vorgang selbst an die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen denken.“

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