Legendärer WirtWesselinger Ludwig Peter Kamradt stirbt mit 82 Jahren

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Ein Mann mit Bart, blauem Pulli und blauer Mütze sitzt auf einem Boot. Im Hintergrund das Meer.

Ein bisschen Seemann ist Kami auch in seiner Wahlheimat Wesseling geblieben.

Seinen Spitznamen „Kami“ hat er zu einer Marke gemacht. Und das über die Grenzen von Wesseling hinaus. Die stadteigene Legende Ludwig Peter Kamradt ist im Alter von 82 Jahren gestorben.

Er war Kioskbetreiber, führte erst eine legendäre Kneipe und später eine Weinstube, in der die Prominenten ein und ausgingen. Es gab wenige Wesselinger, die ihn nicht kannten. Dafür sorgte Ludwig Peter Kamradt, den alle nur „Kami“ nannten, durch seine auffällige Erscheinung: Er trug mit Vorliebe Knickerbocker, seine Füßen steckten in Socken mit unterschiedlichen Farben. Wesselinger war er aus Überzeugung, auch wenn er die Verbindung zu seiner Geburtsstadt Rostock nie verloren hat.

Und vor allem war Kami eine ehrliche Haut. Legende zu Lebzeiten Nun ist Ludwig Peter Kamradt im Alter von 82 Jahren nach einer Operation gestorben, einen Tag nach dem 80. Geburtstag seiner Frau Regina. Wie sie und ihre Familie trauern viele Menschen in Wesseling um ein Original. „Kami war schon zu Lebzeiten eine Legende“, sagt August Gemünd, der den Tausendsassa vor fast 40 Jahren kennengelernt hatte. „In unseren Erinnerungen, aber auch in unseren Herzen ist Kami unsterblich.“

Im Pelzmantel beim Köln-Marathon angetreten

Weil der Verstorbene ein unverwechselbares Original gewesen sei, das den Namen Kami zu einer Marke gemacht habe, und das weit über die Stadtgrenze hinaus. Sogar ihren Skiclub haben Gemünd und seine Sportfreunde auf den Namen „Ski Club Kami“ getauft. „Seine Witze waren legendär, auch wenn seine direkte Art nicht immer jedem gefallen hat“, so Gemünd. Nicht nur in Knickerbocker, auch im Schottenrock habe er Kami schon gesehen. „Und in seinem langen und markanten Pelzmantel ist er sogar auf Skiern die Pisten heruntergesaust“, erzählt Gemünd.

„Diesen Pelzmantel hatte er auch an, als er auf Inlinern seinen ersten Köln-Marathon bestritt“, weiß seine Tochter Ellen Kamradt zu berichten. Weil es jedoch an diesem Tag regnete und sich der Pelz mit Wasser vollsaugte, sei der Mantel immer schwerer geworden, sodass ihr Vater ihn ausziehen musste. Es waren aber nicht nur die Äußerlichkeiten, die Kami ausmachten, sondern vor allen Dingen sein ureigener Charakter, seine Lebenseinstellung und seine direkte und oft gnadenlose Ehrlichkeit.

„Langweilig war es mit Kami nie“
Regina Kamradt

Schon in den 1970er-Jahren kannte man Kami als Betreiber des Kiosks am Kronenweg. Schreibwaren, Modellbausätze, Süßigkeiten und die neuesten St.-Pauli-Nachrichten hatte er im Angebot. Mit seiner Frau Regina übernahm er später die Keldenicher Gaststätte Blenn. Als ihre drei Kinder aus dem Haus waren, hatte sie die Idee, den freien Platz im Haus für eine eigene kleine Weinstube zu nutzen. Kami war begeistert und stürzte sich mit Feuer und Flamme direkt in die Umbauten. So folgte Mitte der 1990er-Jahre die Eröffnung des kleinen Weinhauses.

„Dort haben unter anderem auch Regierungspräsident Jürgen Roters mit seiner Abteilung und später auch sein Nachfolger Hans Jürgen Lindlar ihre Weihnachtsfeiern gefeiert“, weiß Gemünd. „Und wenn es im Lokal zu eng wurde, dann habe ich den Gästen auch schon mal bei uns in der Wohnstube den Tisch gedeckt“, ergänzt Regina Kamradt. Das sei dann die VIP-Lounge gewesen. „Langweilig war es mit Kami nie“, sagt sie. 61 Jahre war sie mit ihm verheiratet. Er ist in Rostock, sie in Leisnig in Sachsen geboren. Unabhängig voneinander flüchteten beide in den 1950er- Jahren in den Westen. „Beim Tanzen in Brühl haben wir uns kennengelernt, 17 Jahre war ich damals alt“, erzählt sie.

Mit Boot und Goggomobil häufig unterwegs

Doch auch nach ihrer Hochzeit zwei Jahre später habe sein Herz immer noch für Rostock geschlagen. Als viel später der eiserne Vorhang fiel, sei er öfter alleine, später auch mit Enkel Marlon in seine alte Heimat gefahren. Nie wird sie vergessen, als er nach einer dieser Reisen ein altes, völlig heruntergekommenes Schiff mit ins Rheinland brachte: „Als er damit hier vorfuhr, habe ich nur gedacht: Lieber Gott, warum hast du das nicht vom Anhänger fallen lassen?“ Doch böse konnte sie Kami deswegen nicht sein.

„Was der sich in den Kopf gesetzt hatte, das führte er auch ins Ziel“, so die 80-Jährige. So wurde der Kahn im Garten geparkt und so lange repariert, bis er wieder seetüchtig war. Legendär ist auch das Goggomobil, mit dem Kami und seine Familie oft unterwegs waren. „Vater wusste viel, seine Weltoffenheit hat er auch uns, seinen drei Kindern und seinen sechs Enkeln, vermittelt“, sagt Ellen Kamradt. Anderen Menschen zu helfen, für sie da zu sein und gute Laune zu verbreiten, das sei sein Ding gewesen. Kami wird fehlen.

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