Auf Einladung der Kreisbauernschaft sahen sich Kommunalpolitiker den Hof von Uwe Söntgerath an und hörten, mit welchen Problemen die Bauern zu kämpfen haben.
Besuch auf dem BauernhofLandwirte sprachen in Much mit Bürgermeisterkandidaten über Probleme

Die Anlage zur Eiersortierung und -stempelung war eine Station beim Rundgang auf dem Hof in Much-Birrenbachshöhe.
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Zu den Schweinen durften die Besucher nicht: „Es wäre eine Katastrophe, wenn die Schweinepest in die Nutztierhaltung eingeschleppt würde.“ Johannes Brünker, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg, sagte das mit Blick auf den ASP-Fall bei Wildschweinen im Sauerland. Vorkehrungen sind auch hier angesagt. Der Mucher Landwirt Uwe Söntgerath musste etwa sein Strohlager einzäunen, „es könnten ja Wildschweine rankommen“.
Strenge Regeln machen den Landwirten zu schaffen
Die strengen Sicherheitsregeln sind ein Beispiel für Umstände, die es den Landwirten schwer machen, wirtschaftlich zu überleben. Wo der Schuh noch drückt, wurde am Montagabend einem Zuhörerkreis vorgetragen, den es nur alle fünf Jahre gibt. Die Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg hatte 33 Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten aus dem rechtsrheinischen Kreis auf Söntgeraths Hof in Birrenbachshöhe eingeladen. Rund 20 sagten zu.

Familie Söntgerath war Gastgeberin des Treffens von Landwirtschaft und Politik: Uwe Söntgerath, Andrea Söntgerath, Carina Söntgerath und Ricardo Söntgerath (v.l.).
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„Das wird heute keine politische Kundgebung wie bei den Bauernprotesten vor anderthalb Jahren“, sagte Brünker und versprach, auch nicht ins Klagen zu verfallen. Indes appellierte er an die möglichen künftigen Chefinnen und Chefs in den Rathäusern, auch wenn die nicht immer zuständig seien. Es gebe viele Bauvorschriften, die Investitionen, wie zum Beispiel die Vergrößerung eines Stalls oder einer Siloplatte verteuerten, „da brauchen wir Wohlwollen“, so Brünker. Antragswege könnten vereinfacht werden und auch die Vorlage von Gutachten, „man steht da sehr schnell am Pranger“.
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Landwirtschaft steht in Flächenkonkurrenz mit Bau und Photovoltaik
Eine weitere Sorge, die die Landwirte umtreibe, sei die Flächenkonkurrenz. Brünker zählte Wohnungs- und Straßenbau, den damit verbundenen ökologischen Ausgleich, den Abbau von Kies und Rohstoffen und Freiflächen-Solaranlagen auf. Aber auch die Bauern seien auf Fläche angewiesen, „übers Grünland produzieren wir Futter für unsere Tiere, so halten wir den Kreislauf im Gang“.

Vor einem Rundgang über den Hof sprachen die Gastgeber und Besucher über die Situation der Landwirte im Rhein-Sieg-Kreis.
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„Land dazu zu kaufen ist so gut wie unmöglich“, sagte Uwe Söntgerath, der mit 18 Hektar einen kleineren Betrieb führt. Und wenn jemand verkaufe, zahlten Investoren von Photovoltaik-Anlagen viel mehr, als es ein Bauer könne. Kreislandwirt Dietmar Tüschenbönner sprach das Thema Schlachten vor Ort an, „wie seht ihr da die Lage?“ Söntgerath und dessen Schwiegersohn Ricardo Söntgerath antworteten gleichzeitig und mit einem Wort: „Schlecht.“ Es sei ein Trauerspiel, ehedem habe man noch einen Metzger zur Schlachtung auf den Hof geholt, „dann wurde uns alles zugemacht“.
Bauern fragen sich, wie lange Verbraucher noch bereit sind, hohe Preise zu zahlen
Die Söntgeraths fanden eine Lösung in der Nähe. Zwei Schweine pro Woche bringen sie zum Schlachten auf den Kaltenbach-Hof im Mucher Dorf Strießhardt. Außer rund 60 Schweinen halten sie 6500 bis 7000 Hühner zur Eierproduktion, bis zu 499 Hähnchen und 50 Gänse. 500 Hühner sind in Mobilställen untergebracht. Deren Eier kosteten zehn Cent mehr als die Eier der Hennen in Bodenhaltung, erklärte Uwe Söntgerath und stellte sich die Frage, wie lange diese Preise auf den Wochenmärkten noch zu halten seien. „Den Leuten geht die Luft aus, können die noch vier Euro für zehn Eier bezahlen, oder gehen sie dann lieber doch im Supermarkt einkaufen?“
Was sich Verbraucher, die Erzeugnisse aus der Region kaufen wollen, noch leisten können, sprach auch Landwirt Karl-Josef Engels aus Troisdorf-Kriegsdorf an. „Wir dachten, wir hätten von Corona gelernt, als wir vor leeren Regalen standen“, sagte er und prophezeite, dass die hiesige Spargel- und Erdbeerproduktion sterbe, wenn der Mindestlohn auf 15 Euro steige.

Blick in einen der Hühnerställe: Hier leben die Hennen in Bodenhaltung, daneben gibt es Mobilställe für die Freilandhaltung.
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Für die Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten war der Besuch auf dem Bauernhof sicher interessant, wie viele Nachfragen am Hühnerstall und bei der Eiersortierung zeigten. Den meisten dürfte es so gegangen sein wie Ralf Wüllenweber (parteilos) aus Ruppichteroth: „Ich nehme mit, dass die Bauern mit vielen Problemen zu kämpfen haben bei der Tierhaltung, der Vermarktung, Flächen, Richtlinien und gesetzlichen Vorgaben. Sie müssen unterstützt werden.“