Sandsäcke sind im Ernstfall nicht sinnvoll, erklärt Reinhard Vogt bei einer Infoveranstaltung in Siegburg, und nennt echte Alternativen.
„Hochwasser-Papst“Experte aus Köln erklärt die wichtigsten Maßnahmen gegen Hochwasser

Der Siegdeich in Eitorf drohte kurz vor dem Jahresende 2023 durch den Druck des Hochwassers zu brechen.
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Extremwetterereignisse häufen sich in Zeiten des Klimawandels, starke Regenfälle können selbst Straßen fernab von Gewässern binnen Minuten in reißende Ströme verwandeln. In Siegburg gaben Hochwasser-Experten des Hochwasserkompetenzcentrums (HKC) Tipps zu wirkungsvollem Schutz.
Reinhard Vogt leitete die Hochwasserschutzzentrale in Köln und ist erklärter Sandsack-Gegner. Er besuchte Flutgebiete in Thailand, Ecuador und am Mississippi, seine Expertise brachte ihm den Beinamen „Hochwasser-Papst“ ein. Das Thema ist seine Leidenschaft, an Karneval ging er als Kölner Pegeluhr. Vogt ist Mitbegründer des HKC, eines gemeinnützigen Vereins, dem Betroffene und Gefährdete beitreten können.
Ich ärgere mich, wenn ich Schottergärten sehen, denn die können kein Wasser aufnehmen.
Denn ob Mississippi, Rhein, Sieg oder Agger: „Die Schutzmaßnahmen sind dieselben“, sagte Vogt. „Hochwasser gab es schon immer – und mit ihr die ‚Hochwasserdemenz‘.“ Häufig verdrängten Betroffene nach Beseitigung der Schäden das Ereignis und lernten nicht dazu. „Ich ärgere mich, wenn ich Schottergärten sehen, denn die können kein Wasser aufnehmen.“ Er plädierte für Aufkleber an Laternen, die die Höhe vergangener Hochwasser markierten. „Das ist eine einfache Maßnahme, um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen. Damit keiner sagen kann, er hat’s nicht gewusst.“
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Hochwasser-Experte Reinhard Vogt sprach über Gefahren von Starkregen und entsprechenden Schutzmaßnahmen.
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Aufgrund des Klimawandels sei mit häufigeren Starkregenereignissen zu rechnen. „Schon bei zwei Grad mehr hätten wir 25 Starkregen mehr. Allerdings steuern wir auf 3,54 Grad Erderwärmung zu“, warnte er. Auf Portalen wie www.elwasweb.nrw.de könne man einsehen, wie stark das eigene Haus bei einer Flut betroffen wäre, selbst abseits von Gewässern, denn Hochwasser entstehe auch bei übergelaufenen Kanälen. Es zeigte sich: Der Nogenter Platz in Siegburg stünde wohl rund zwei Meter unter Wasser – dabei wurde das Rathaus gerade erst saniert. Auch die Strömungsgeschwindigkeit und -richtung der Flut lasse sich anzeigen.
Oft wird angenommen, dass Kommunen für Hochwasser-Sicherung zuständig sind
Viele Menschen nähmen an, dass Kommunen für die Sicherung vor Hochwasser zuständig seien, etwa durch den Betrieb von Kanalsystemen. „Doch die können nur mittlere Regenmengen aufnehmen. Bei starken Regenfällen sind die Hauseigentümer zuständig.“ Ein Hochwasser müsse baulich mit eingeplant werden, nicht nur durch Stadtplanung und Architektur, sondern auch durch Bürgerinnen und Bürger. Vogt: „Das steht auch im Wasserhaushaltsgesetz, dass sich jeder selbst vor Hochwasser schützen muss.“
Wir sehen das Restrisiko als Risiko, das uns den Rest gibt.
Einen absoluten Hochwasserschutz gebe es jedoch nicht. „Wir sehen das Restrisiko als Risiko, das uns den Rest gibt – ich würde mich immer vor Extremereignissen schützen.“ Wenn möglich, solle man dem Wasser ausweichen, zum Beispiel, indem man ein Gebäude auf Stelzen errichte. „Man kann auch den Garten etwas tiefer legen, sodass es da in die Mulde hineinfließen kann.“
„Hochwasser-Papst“ Reinhard Vogt über Rückstauventile und mobile Schutzsysteme
In der Folge gelte es, mobile Schutzsysteme zu errichten – aber niemals Sandsäcke. „Die lösen sich nach einiger Zeit auf oder werden weggespült.“ Besser seien mobile Schutzsysteme, die man einfach aufklappen könne und mit denen sich zum Beispiel Garagen schützen ließen. Metallverkleidungen eigneten sich für Türen und Fenster, ebenso stapelbare Aluminiumelemente für einen Damm. Ansonsten: Kanten, Schwellen, Einfassungen für den Lichtschacht. Das HKC berate dazu.

Reinhard Vogt zeigt ein mobiles Schutzsystem, das man einfach aufklappen kann.
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Vogt warb auch für Rückstauventile, die in neueren Häusern bereits verpflichtend eingebaut würden und verhinderten, dass Wasser aus der Kanalisation durch die Toilette gedrückt werde. „Ohne Rückstauventil zahlt keine Versicherung.“ Werde der Druck des Grundwassers zu hoch, drücke dieses durch die Mauern. „Dafür lohnt sich im Keller eine kleine Rinne, aus der man das Wasser abpumpen kann.“ Eine eigene Pumpe lohne sich, denn die Pumpen der Feuerwehr benötigten einen Wasserstand von fünf Zentimetern, um eingesetzt zu werden.
Trotzdem mahnte der „Hochwasser-Papst“ zur Gelassenheit: „Wir brauchen keine Arche Noah, aber wir können damit leben. Wir wissen nicht, wann das nächste Hochwasser kommt und wie hoch es wird, aber es kommt bestimmt. Deswegen gilt: Aufs Beste hoffen, aufs Schlimmste vorbereitet sein.“

