Songwriter aus Troisdorf-SieglarFin Gren zeigt mit „Propaganda für’s Paradies“ Sinn für Romantik und Rock

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Troisdorf – Er war nicht an der „Popakademie“, er muss sich nichts beweisen, und sich nicht verbiegen, um die Kurve zu kriegen. Und die „Hamburger Schule“, die ja immerhin solche Bands wie die Goldenen Zitronen, Blumfeld oder Tocotronic hervorgebracht hat, hat er schlicht geschwänzt. Zumindest singt es Fin Gren so in seinem Song „Schattenmann“. Und Kenner der Materie wissen sofort, wer hinter dem Pseudonym steckt: Dietmar Schmeil, der Anfang der 80er Jahre bei der Punkband „Gesocks“ sang und 1999 vor dem Hotel Europa mit der Band „Bleibende Schäden“ auftrat. Später legte die Band die Alben „Hossa, mein kleines Leben“ und „Vintage Karma“ vor, wie auch den Hit „Haifischzahn“, mit dem die Band Hanak Erfolge feiern sollte.

„Propaganda für’s Paradies“ heißt die aktuelle CD des Sieglarer Songwriters, der jetzt auf Solo-Pfaden wandelt. Auf langjährige Freunde baut der 54-Jährige trotzdem: Bassist Gerd Breuch ist ebenso mit dabei wie Carsten Collenbusch, der maßgeblich an der Produktion war und als Gitarrist den Sound prägt, Keyboarderin und Sängerin Johann Pfeifer und Schlagzeuger Stefan Ludmann. Live tritt Fin Gren mit Collenbusch auf, zum Trio ergänzt durch Johanna Pfeifer am Akkordeon, nur mit Collenbsuch als Duo oder auch mit einer kompletten Band. Die neue Flexibilität erlaubt ihm schneller, ein Konzert oder eine kleine Tournee auf die Beine zu stellen.

Zerbrechlicher E-Gitarrensound

Die CD zeigt einen Musiker mit Hang zu Melancholie und Romantik, aber auch einen satten Sound, der von vielschichtig ineinander gewobenen akustischen und elektrischen Gitarrenklängen lebt, mal folkig, mal rockig, mal sanft, mal ruppig.

Zum „Schattenmann“ steuert Collenbusch lange, stehende E-Gitarren-Töne bei, die das Schwelgerische des Songs noch verstärken – er bleibt mit seinem eingängigen Refrain auch deshalb im Ohr. In „Wirst du mich vergessen, wenn ich geh“, ist ein ebenso rotziger wie zerbrechlicher E-Gitarrensound zu hören, den man ähnlich von Keith-Richards kennt. Ganz im Sinne von Fin Gren übrigens: „Ich mag die Sechziger einfach, mit den Kinks, den Stones oder Bob Dylan“. Unvergessen ist da auch, dass er mit den BleibendenSchäden schon als Vorgruppe für Joe Cocker auftrat – wie auch schon für BAP, die Guano Apes oder Philipp Boa.

Die Stimmungen in Fin Grens Songs passen eigentlich in die Großstadt, wo betriebsame Hektik Einsamkeit und Melancholie noch verstärken kann. Gerd Köster trifft diesen Tonfall gut, aber auch Rio Reiser, dessen Junimond sich auch auf einer der unzähligen Aufnahmen in Fin Grens PC-Festplatten-Archiv findet. Auch stimmige Vertonungen mit englischen Texten finden sich darauf oder wütende, virtuose Gitarrensoli, die mittlerweile etwas anachronistisch wirken. Das ist bei vielen frisch und zeitlos wirkenden Songs keineswegs der Fall: Von Gesocks über Bleibende Schäden bis zu Fin Gren zieht sich ein gewisser roter Faden, der mit den zahllosen Retrowellen korrespondiert, die Pop und Rock mittlerweile hinter sich haben.

Pure Verschwendung ist das erste, nie erschienene Album der Bleibenden Schäden, das BAP-Bassist und -Produzent Werner Kopal produzierte und auf dem auch Gitarrist Helmut Krumminga zu hören ist. „Da haben wir ein Riesengeld verpulvert“, schmunzelt Fin Gren, der ernsthaft erwägt die Aufnahmen endlich zu veröffentlichen. Wie das geschehen könnte, ist die große Frage: Die Propaganda für’s Paradies ist ganz konventionell als CD erschienen, aber auch als Downloads im Internet erhältlich. Auch auf You Tube und dem Musikstreaming-Dienst Spotify kann man Fin Gren hören. „Interessanter Weise habe ich viele Fans im Osten, in Magdeburg oder Leipzig, da könnte sich eine Tournee lohnen.“

Zum Selbstmarketing gezwungen

Fin Gren sorgt für die nötige Präsenz, auch auf Facebook. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er lieber Songs live im Studio einspielen würde, als für das Selbstmarketing zu sorgen. Der Sozialarbeiter arbeitet für eine telefonische Pflegeberatung in Köln und schafft es so gerade, Kosten für Musikaufnahmen durch Konzerte und Interneteinnahmen gegenzufinanzieren. Eigentlich würde er auch gerne technisch zurück in die 60er: „Am liebsten hätte ich eine Bandmaschine.“

Bliebe noch die Frage, was Fin Gren eigentlich bedeutet. „Das ist ein Fantasiename, das klingt einfach gut“, erläutert der Songwriter. Und der Schattenmann singt: „Wenn Du nach mir fragst , weil Du meine Lieder magst, dann komm ich irgendwann zu Dir.“

Fin Gren auf YouTube, hier klicken.

Fin Gren auf Facebook: www.facebook.com/fingren

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