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1. FC KölnKwasniok beißt sich in den Allerwertesten

4 min
Diskussionsbedarf: Trainer Lukas Kwasniok (r.) mit Luca Waldschmidt (l.) und Jan Thielmann.

Diskussionsbedarf: Trainer Lukas Kwasniok (r.) mit Luca Waldschmidt (l.) und Jan Thielmann.

Der 1. FC Köln hat in Leipzig die erste Niederlage der Saison kassiert, kann beim 1:3 aber mit seinem Auftritt zufrieden sein.

Lukas Kwasniok ist ein Fußballtrainer, der Situationen während eines Spiels schnell erfassen und gezielt darauf reagieren kann. Seine Entscheidungen trifft er zwar meist aus dem Bauch heraus, aber immer auf der Basis präziser Momentum-Analysen. Und der Trainer des 1. FC Köln lag auch am Samstagabend richtig, als das Bundesliga-Spiel bei RB Leipzig auf den Pausenpfiff zusteuerte.

Kwasnioks Gegenüber Ole Werner hatte beim Stand von 1:1 ein paar Dinge im Spiel seiner Mannschaft gegen den Ball angepasst. Kwasniok erkannte die Gefahr, zögerte aber mit der Gegenmaßnahme. Ein Augenblick, der im Rückspiegel die Partie zugunsten der Roten Bullen entschied und einen Kölner Trainer zurückließ, der sich nach der 1:3 (1:3)-Niederlage über sich selbst ärgern musste.

Kwasniok hatte sich bei seiner Startformation gegen den Ball für eine Viererkette entschieden, in der Tom Krauß den linken Außenverteidiger-Posten besetzte – zum ersten Mal in seiner Karriere: „Ich bin sehr variabel und froh, wenn der Trainer mich aufstellt“, beurteilte der 24-Jährige seine Premiere.

Ich habe es leider in die Halbzeit hineingeschoben. Das war unglücklich, da hätte ich früher reagieren können.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln

Der Leihspieler vom FSV Mainz 05 hatte dabei gleich mehrere anspruchsvolle Aufgaben zu lösen. Zum einen, mit Zweikampfhärte Leipzigs gefährlichen Tempodribbler Johan Bakayoko auf dessen starken linken Fuß zu verteidigen. „Das ist als Rechtsfuß leichter“, erklärte Kwasniok. Zudem sollte Krauß das Kölner Aufbauspiel mit ankurbeln und der Defensive die Möglichkeit geben, auf Fünferkette zu wechseln.

Letzteres war die Maßnahme, deren rechtzeitige Umsetzung Lukas Kwasniok verpasste, als Ole Werner auf die Zugriffsprobleme seines Teams reagierte, seine Achter höher postierte und so fünf Spieler auf der letzten Reihe des FC platzieren konnte. Die Viererkette der Kölner stand zehn Minuten vor dem Pausenpfiff mächtig unter Druck.  

„Da beiße ich mich in meinen Allerwertesten. Ich wollte vor dem 2:1 die ganze Zeit Eric Martel oder Tom Krauß so weit zurückziehen, dass wir bis zur Halbzeit mit drei Spielern zu Ende verteidigen. Ich habe es leider in die Halbzeit hineingeschoben. Das war unglücklich, da hätte ich früher reagieren können“, ärgerte sich der Trainer.

Fünf Minuten entscheiden das ganze Spiel

Statt zu switchen, sah der 44-Jährige, wie Bakayoko die Leipziger Überzahl auf der letzten Kölner Linie ausnutzte. Erst ließ er den tapferen Krauß mit einem Übersteiger nach außen stehen und bereitete so das 2:1 von Romelu vor (44.), dann holte er gegen Martel einen Freistoß heraus, den Nationalspieler David Raum in der letzten Aktion der ersten Hälfte mit links aus 18 Metern zum 3:1 verwandelte (45.+4). Fünf Minuten, die das Spiel entschieden.

„Das toll heraus gespielte 2:1 war der Killer. Man kann nicht alles verteidigen und Tom hat das gegen Bakayoko insgesamt herausragend gemacht“, erklärte Kwasniok und räumte neben seine Fehleinschätzung auch eine verdiente Niederlage ein: „Es ist schwer, hier zwei Tore aufzuholen. Mehr war nicht drin. Mit unserer Leistung bin ich aber einverstanden, denn Leipzig war unser bester Gegner bisher.“

Es ist schade, hier zu verlieren, weil Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben haben.
Thomas Kessler, FC-Sportdirektor

„Wir hatten einen klaren Plan und haben ihn über weite Strecken gut umgesetzt. Es ist schade, hier zu verlieren, weil Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben haben“, haderte Thomas Kessler dagegen ein wenig. Auch der FC-Sportdirektor hatte eine Leistung gesehen, die nicht weit entfernt davon war, bei den personell auf links gedrehten und wiedererstarken Leipzigern etwas mitzunehmen. Zu den von ihm angesprochenen Kleinigkeiten zählte am Samstag erneut die Schwäche bei Standards. „Wir verursachen zu viele Standards, weil wir in den Eins-gegen-Eins-Duellen nicht seriös verteidigen. Daran müssen wir arbeiten“, forderte der 39-Jährige.

Fünf ihrer bislang sieben Bundesliga-Gegentore kassierten die Kölner damit nach ruhenden Bällen. „Am meisten ärgert mich, dass wir Eckbälle teilweise herschenken. Da müssen wir auch mal mit dem schwachen Fuß den Ball aus der Gefahrenzone bringen und uns nicht nur darüber freuen, den Ball ins Toraus zu kicken, um den nächsten Eckball zu erwarten“, kritisierte Kwasniok und kam auch auf die Freistöße zu sprechen: „Es gilt, in der Hitze des Gefechts kühlen Kopf zu bewahren und in den Zweikämpfen nicht so stümperhaft zu agieren. Daran lässt sich aber arbeiten.“

Leipzig hatte allein in der ersten Hälfte sieben Ecken, aus denen das 1:0 des erst 19-jährigen Assan Ouedraogo resultierte (13.). Martels Foul vor dem 1:3 erinnerte an das Spiel in Wolfsburg, als der Sechser vor Maximilian Arnolds Freistoßtor zum 3:2 ebenfalls am eigenen Strafraum Foul gespielt hatte.

Die erste Saisonniederlage dürfte den Aufsteiger allerdings kaum aus der Bahn werfen. Dafür war die Leistung zu solide. In der Phase bis zum schön heraus gespielten 1:1 von Jan Thielmann (23.) demonstrierte der FC, dass er in der Bundesliga fußballerisch absolut konkurrenzfähig ist. Und hätte Joker Ragnar Ache nach einer Stunde die Riesenchance aus vier Metern zum 2:3 verwertet, wäre der nächste späte Punktgewinn nicht unwahrscheinlich gewesen.

So aber führten die fünf unglücklichen Minuten vor der Halbzeit zu einem 1:3, das zumindest an diesem vierten Spieltag die These von Lukas Kwasniok hinfällig machte, dass Spiele am Ende entschieden werden.