1. FC KölnNach Aus in der Conference League herrschen gemischte Gefühle vor

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Die Mannschaft nach dem Spiel am Donnerstag 

Die Mannschaft nach dem Spiel am Donnerstag 

Köln – Der Gang vor die Südkurve war kein leichter. Nicht etwa, weil die Spieler des 1. FC Köln sich beim 2:2 (0:2) gegen OGC Nizza den Groll ihrer treuesten Anhänger zugezogen hatten, sondern weil die Enttäuschung die Beine noch schwerer gemacht hatte, als sie nach den Strapazen eines Fußballspiels ohnehin schon sind. So standen die kurz zuvor unglücklich aus der Europa Conference League ausgeschiedenen FC-Profis mit leicht gesenkten Häuptern vor der Tribüne und erlebten in der Niederlage, welch gutes Gespür ein Publikum haben kann. Die Kölner Zuschauer belohnten die ehrliche und leidenschaftliche Vorstellung mit lang anhaltendem, prasselnden Applaus und sangen das Lied vom „Veedel“. Ein Moment, der einfach nur ausdrückte, welch richtige Entwicklung der 1. FC Köln und auch seine Fans in den vergangen 17 Monaten genommen haben.

FC-Trainer Steffen Baumgart lobt die Mannschaft

„Ich möchte mich bei allen bedanken, die uns auf dieser Reise begleitet und unterstützt haben. Es war schön zu erleben, wie alle mitgegangen sind“, verteilte Steffen Baumgart nach dem bitteren Aus zunächst einmal verdiente Komplimente. Mit dem Tag, an dem der 50-Jährige den 1. FC Köln trainiert, hat diese Entwicklung begonnen und ist im November 2022 an einem guten Punkt gelangt. Ein Prozess, dessen Verlauf Mut und Hoffnung geben sollte, dass er weiter in die richtige Richtung geht.

Das muss er auch, denn der mitreißende und friedliche Europapokalabend vor 47 000 Zuschauern in Müngersdorf zeigte gerade im Vergleich zu den spielerisch starken Franzosen die Entwicklungsfelder deutlich auf. „Sicherheit, Ruhe und Passgenauigkeit“, benannte Baumgart, der den Auftritt seines Teams wieder so beschreiben musste: „Wir machen Fehler, aber wir geben nicht auf und kommen richtig gut zurück.“

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Englische Woche mit Freiburg, Leverkusen und Hertha BSC

Drei Spiele innerhalb von sieben Tagen stehen für den 1. FC Köln bis zur zweimonatigen WM-Pause in der Fußball-Bundesliga noch auf dem Programm. „Die müssen wir überstehen und ich meine das so, wie ich das sage. Nach Hertha mache ich drei Kreuze“, erklärte Trainer Steffen Baumgart, an dem die jüngsten Anstrengungen nicht spurlos vorbeigegangen sind. Zum Glück seien mit Bayer Leverkusen und dem SC Freiburg noch zwei Teams Gegner, die durch den Europapokal ähnlich in der Belastung stünden. Am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) tritt der FC zunächst in Freiburg an und damit erstmals im neuen Europaparkstadion. (sam)

Voraussichtliche Aufstellungen: Freiburg: Flekken; Kübler, Ginter, Lienhart, Günter; Eggestein, Höfler; Doan, Kyereh, Grifo; Gregoritsch. – Köln: Schwäbe; Schmitz, Kilian, Hübers, Pedersen; Martel, Skhiri; Kainz, Duda; Maina; Tigges.

Wobei die Fehlerkette vor dem 0:1 sich nicht ausgewirkt hätte, wenn es in der Gruppenphase der Conference League einen Videobeweis geben würde. Bevor Gaetan Laborde traf (40.) , spielte er den von Timo Hübers geblockten Ball mit der Hand. „Ein irregulärer Treffer. Da wünsche ich mir einen VAR“, kritisierte Baumgart. Das Gegentor schockte die Kölner, die nach einem Ballverlust des ansonsten starken Florian Kainz den Doppelschlag durch Billal Brahimi hinnehmen mussten (43.).

Zur Pause schien alles verloren, denn der FC brauchte einen Sieg, also drei Tore. „Wenn du in einem Spiel, das du gewinnen musst, nicht ganz unverschuldet 0:2 zurückliegst und dann innerhalb kürzester Zeit so zurückkommst, muss man den Charakter der Mannschaft hervorheben“, lobte Christian Keller die Aufholjagd in der zweiten Hälfte. Der FC-Sportchef sah das schnelle 1:2 des unbekümmert auftrumpfenden Denis Huseinbasic (48.) und den Ausgleich durch Ondrej Duda (60.). Nur eine Minute nach dem 2:2 stand das Stadion Kopf, nachdem Sargis Adamyan oder Nizzas Melvin Bard den Ball zum vermeintlichen Kölner 3:2 über die Torlinie befördert hatte. Der FC-Stürmer stand bei Linton Mainas Zuspiel aber in der verbotenen Zone. Auch wenn Bard am Ende vielleicht ins eigene Tor traf, wäre das Abseits aktiv geblieben.

Noch intensiver blieb die Szene aus der letzten Sequenz der fünfminütigen Nachspielzeit haften. Der eingewechselte Benno Schmitz kam aus sechs Metern frei zum Kopfball und hätte sich als Ersatzkapitän mit seinem ersten Treffer im FC-Trikot ein Denkmal setzen können. Der Abschluss geriet aber zu mittig und zu schwach, als dass er den dänischen Nationaltorwart Kaspar Schmeichel vor Probleme gestellt hätte. Was wäre das für eine Geschichte gewesen. Baumgart nahm es mit Humor: „Ich habe nicht so viel Vertrauen in Bennos Kopfballspiel. Aber das war die Situation, in der er das eine Tor, das er mir schon so lange versprochen hat, hätte machen können“, sagte der Trainer und hakte die Situation ab: „Es gab im Wettbewerb viele Aktionen, über die ich mich geärgert habe – aber nie lange. Ich bin stolz, wie die Jungs alles reinhauen. Das macht mich überglücklich, hier arbeiten zu dürfen.“

„Wir hätten gerne weitere Spiele mit unseren Fans gehabt“, zeigte sich Florian Kainz enttäuscht und bat um Zeit: „Der Stolz über den ganzen Weg wird wahrscheinlich noch kommen.“ Glaubt auch Christian Keller: „Wenn die Enttäuschung einmal weg ist, haben die meisten Lunte gerochen, dass es nicht wieder fünf Jahre dauert, bis es das nächste Mal passiert.“ Die FC-Fans in der Südkurve haben daran sowieso kaum Zweifel, und so stimmten sie zum Abschied aus der Conference League optimistisch ihr Europokal-Lied an: „Eines Tages wird’s geschehen.“

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