Als einziges Mitglied des aktuellen Vorstands stellt sich Carsten Wettich am Samstag zur Wiederwahl. Der Vizepräsident erklärt seine Beweggründe – und kritisiert öffentliche Angriffe.
„Wir sind an einem spannenden Moment“Warum Carsten Wettich beim 1. FC Köln weitermachen will

Will die Geschicke beim 1. FC Köln auch in Zukunft leiten: Vizepräsident Carsten Wettich, der sich mit einem neuen Team zur Wahl stellt.
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Carsten Wettich weiß, was auf ihn zukommt. Wenn die Mitglieder des 1. FC Köln am Samstag (11 Uhr, Rheinenergiestadion) zur Wahl eines neuen Vorstands zusammenkommen, dürfte es unter Tagesordnungspunkt fünf besonders interessant werden. „Die Aussprache zu den Berichten von Vorstand und Mitgliederrat wird der Beginn des Wahlkampfs sein. Entsprechend rechne ich mit vielen Fragen an den Vorstand und speziell auch an mich. Ich freue mich auf den Dialog mit den Mitgliedern“, sagt der amtierende Vizepräsident, dem im Gerangel um die Macht am Geißbockheim eine besondere Rolle zufällt. Anders als seine scheidenden Vorstandskollegen Werner Wolf und Eckhard Sauren tritt Wettich zur Wiederwahl an. Dabei kommt es erstmals überhaupt in der Geschichte des FC zu einem Duell zwischen drei Teams.
Mit dem Unternehmer Wilke Stroman als Kandidat für das Präsidentenamt sowie der Menschenrechtsaktivistin und früheren FC-Spielerin Tugba Tekkal hat Carsten Wettich sich ein neues Team zusammengestellt. „Wir sind gerade an einem spannenden Moment. Der FC ist von den wirtschaftlichen und sportlichen Grundlagen her so gut aufgestellt wie lange nicht mehr“, erklärt Wettich seine Motivation. „Es ist wichtig, dass die gute Arbeit stringent weitergeführt wird. Das möchte ich gerne begleiten – mit frischen Ideen und neuen Impulsen. Ich spüre nach wie vor eine Verantwortung dem FC gegenüber.“
Carsten Wettich: 1. FC Köln wirtschaftlich kerngesund
Eine Haltung, die allerdings von nicht wenigen Mitgliedern kritisch gesehen wird, nachdem dem Vorstand um Carsten Wettich auf der Mitgliederversammlung 2024 die Entlastung verweigert worden war. Wohlgemerkt auf Empfehlung des Mitgliederrats, aus dem Wettich Ende 2019 nach dem schnellen Rücktritt von Jürgen Sieger nachgerückt war. „Natürlich hat mich das getroffen. Ich stecke seit Jahren viel Herzblut in den FC“, blickt der gebürtige Kölner zurück. Dennoch könne er die Nichtentlastung „emotional ein Stück weit verstehen“. Nach der Transfersperre und dem Abstieg hätten viele Mitglieder „Frust rauslassen“ wollen. „Daraus habe ich meine Schlüsse gezogen und sie in meine Arbeit für den FC einfließen lassen“, sagt Wettich.
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Den Ist-Zustand beschreibt der seit vergangenem Montag 46 Jahre alte Vizepräsident wie folgt: „Der FC ist wirtschaftlich kerngesund. Wir haben die Einnahmen deutlich gesteigert und wieder ein sehr gutes wirtschaftliches Ergebnis erzielt. Wir sind als Zweitliga-Meister in die Bundesliga aufgestiegen und bauen das Geißbockheim gerade zur Heimat des 1. FC Köln um. 2024/25 war ein Meilenstein.“ Auch deshalb schaue er „zuversichtlich“ auf die Vorstandswahl: „Wir haben Unterschriften von rund 6000 Mitgliedern bekommen und gehen davon aus, dass viele von ihnen am Samstag ins Stadion kommen werden.“
Man hat immer den Wunsch, mit einzelnen Personen möglichst lange zusammenzuarbeiten. In der Realität ist das aber leider nicht immer möglich.
Doch in Wettichs Amtszeit sind dem Vorstand auch schwere Fehler unterlaufen. Der größte war ohne Zweifel die einjährige Transfersperre. Ein einmaliger Vorgang im deutschen Profifußball, der auch den Juristen Wettich nicht gut dastehen ließ. Auf Führungspositionen fehlte die Konstanz. An der Seitenlinie, wo nur Steffen Baumgart für eine gewisse Beständigkeit sorgte. Und auch auf Ebene der Geschäftsführung, wo vom ursprünglichen Trio um Christian Keller, Markus Rejek und Philipp Türoff nur noch Letzterer im Amt ist. Zudem gibt es beim Thema Geißbockheim-Ausbau weiter keine Lösung.
„Man hat immer den Wunsch, mit einzelnen Personen möglichst lange zusammenzuarbeiten. In der Realität ist das aber leider nicht immer möglich“, erklärt Wettich, der den FC auch in diesem Punkt nun deutlich besser aufgestellt sieht: „Thomas Kessler als Sportdirektor, Philipp Liesenfeld als Geschäftsführer Marketing und Vertrieb sowie Lukas Berg als Technischer Direktor sind Führungskräfte aus den eigenen Reihen. Das ist das, was man sich aus Vereinssicht wünscht, und ein gutes Beispiel dafür, dass die Strukturen mittlerweile gut und unabhängig von einzelnen Personen sind.“ Trotzdem sei es „natürlich so, dass wir gerne mit weniger Wechseln hingekommen wären“.
1. FC Köln: Carsten Wettich kritisiert öffentliche Angriffe
Bei seinem Vorhaben einer Wiederwahl sieht sich Carsten Wettich viel Gegenwind ausgesetzt. Der ehemalige Vorstandsberater Jörg Jakobs und der frühere Vizepräsident Jürgen Sieger übten in dieser Woche in Zeitungsinterviews heftige Kritik am aktuellen Vorstand sowie an Ex-Sportchef Christian Keller. „Es ist bezeichnend, dass Personen, die seit Jahren nicht mehr für den FC verantwortlich sind, sich wenige Tage vor der Vorstandswahl zu Wort melden“, kritisiert Wettich.
Zuvor hatten sich mit dem Beirat des FC und der Fanvereinigung „Südkurve e.V.“ zwei Institutionen für das vom Mitgliederrat vorgeschlagene Team um Jörn Stobbe, Jörg Alvermann und Ulf Sobek ausgesprochen. Wettich will sich dazu weiterhin nicht näher äußern, nur so viel: „Unsere Gespräche mit 3000 Mitgliedern haben gezeigt: Die Mitglieder freuen sich, dass sie erstmals eine echte Wahl haben. Sie brauchen keine Wahlempfehlung, sondern wollen selbst entscheiden. Das werden sie am Samstag tun.“