Mitglieder-StammtischFC-Verantwortliche zeigen größtmögliche Transparenz

Lesezeit 4 Minuten
Die Geschäftsführer Christian Keller und Philipp Türoff sowie Präsident Werner Wolf beantworteten die Fragen auf dem Stammtisch.

Die Geschäftsführer Christian Keller und Philipp Türoff sowie Präsident Werner Wolf beantworteten die Fragen auf dem Stammtisch.

Die Verantwortlichen des 1. FC Köln haben auf einem Stammtisch die Fragen von rund 1200 Mitgliedern beantwortet. Themen waren der Trainerwechsel und das CAS-Urteil. 

Wenn gut 1200 Mitglieder zu einem Stammtisch des 1. FC Köln erscheinen, der sonst eine maximale Teilnehmerzahl von 200 erreicht, müssen nicht nur die Sorgen und Nöte der Anhänger groß sein. Es muss auch viele unbeantwortete Fragen zur aktuellen Situation geben. Eine Situation, die die Geißböcke nach 16 Spieltagen der Bundesliga-Saison mit nur zehn Punkten auf Abstiegsplatz 17 sieht. Eine Situation, in der der 1. FC Köln nach einer Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs in Lausanne (CAS) bis zum 31. Dezember 2024 ab der U16 bis hin zu den Profis keine Spieler registrieren darf. Und eine Situation, in der mit Steffen Baumgart der seit Peter Stöger beliebteste und erfolgreichste Trainer nicht mehr im Amt ist.

„Der FC befindet sich in einer extrem belastenden Situation, auch für mich persönlich“, leitete Präsident Dr. Werner Wolf den Abend in den MMC-Studios am Coloneum. Der Stammtisch musste aufgrund der hohen Nachfrage der Mitglieder kurzfristig nach Ossendorf verlegt werden. Wolf zögerte nach einem freundlichen Begrüßungsbeifall nicht lange, um Selbstkritik zu äußern, die sich auf die Transfersperre konzentrierte: „Der Vorstand wird die Vorgänge dezidiert aufarbeiten und Euch über die Ergebnisse informieren. Die Transfersperre beruht auf einer Fehleinschätzung seitens des FC. Eine vergleichbare Fehleinschätzung würde es heute nicht mehr geben.“

Die Kritik, die nach der Trennung von Steffen Baumgart und dem ebenfalls am 21. Dezember bekannt gewordenen CAS-Urteil auf Vorstand und Geschäftsführung des Clubs eingeprasselt ist, sei angekommen, sagte Wolf: „Wir haben es nicht geschafft, die wichtigen Themen so ausreichend zu kommunizieren, wie es hätte sein müssen. Wir stellen uns konstruktiver Kritik, werden aufklären und entsprechende Konsequenzen ziehen.“

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Diskussion bleibt jederzeit sachlich

Sportjournalist Jan Henkel (unter anderem Sky) moderierte die um 18 Uhr beginnende Veranstaltung zu den Themenblöcken Trainerwechsel, Transfersperre und sportliche Situation mit der gebotenen Ruhe. Tatsächlich blieb die Diskussion trotz aller Emotionalität, die ein Club wie der FC mit sich trägt, im sachlichen Rahmen. Was vor allem daran lag, dass neben Werner Wolf und Vizepräsident Carsten Wettich die durch Sportchef Christian Keller und Finanzchef Philipp Türoff sich mit größtmöglicher Transparenz den vielen Fragen der beunruhigten Mitglieder stellten.

Zum Beispiel im Fall von Steffen Baumgart. „Steffen ist ein toller Trainer. Er hat aber mit sich gehadert, weil der Erfolg ausgeblieben ist. Wir haben ihn die ganze Zeit gestärkt und gefragt, ob er noch überzeugt ist und ob er weitermachen will. Er hat beide Fragen mit ‚ich weiß nicht‘ geantwortet. Nach dem Spiel bei Union Berlin hat er dann beide Fragen mit Nein beantwortet.  Und wenn der Frontmann nicht mehr überzeugt ist, muss der Verein handeln“, erklärte Keller den Prozess, der letztlich zur Trennung geführt hatte. Eine Freistellung, die zum 1. Januar 2024 in eine Vertragsaufhebung überging. Baumgart, der für seinen nur für die Bundesliga bis 30. Juni 2026 gültigen Vertrag vom FC abgefunden worden ist, ist damit frei für einen neuen Trainerposten.

Die Kritik, dass Baumgart nur Leidtragender eines von Keller unzureichend, zusammengestellten Kaders geworden sei, wehrte der Sportchef ab. „Steffen wusste bei seiner Vertragsverlängerung im Frühjahr genau Bescheid über die Rahmenbedingungen. Und natürlich ist er bei der Zusammenstellung des Kaders im Fall jedes einzelnen Spielers beteiligt gewesen.“ Präsident Wolf sprang seinem Geschäftsführer zur Seite: „Steffen hat nach dem Sommer-Trainingslager gesagt, dass er mit diesem Kader wieder nach Europa kommt.“

Der Geschäftsführer gab anschließend auch ausführlich Auskunft zur Suche nach Baumgarts Nachfolger und beschrieb den Prozess, an dessen Ende drei Kandidaten ausgesucht waren, von denen sich Timo Schultz durchsetzen konnte. „Timo passt genau auf das, was wir gesucht haben. Er ist der richtige Mann, zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagte Keller und verlieh seiner inneren Überzeugung mehrfach Ausdruck, dass am Ende dieser Saison der Klassenerhalt steht. Der Kritik an seiner strukturierten Vorgehensweise bei der Trainersuche begegnete der 45-Jährige mit seinem Selbstverständnis: „Ich habe lieber einen Plan und irre mich, als es dem Zufall zu überlassen.“

Fall Potocnik: „Einigung wäre rechtlich nicht möglich gewesen“

Beim Thema Verpflichtung von Jaka Cuba Potocnik und der ausgesprochenen Transfersperre konzentrierten sich die Fragen auf die Schuld und darauf, warum Geschäftsführung und Vorstand die Kuh nicht durch einen Vergleich mit Potocniks Ex-Clubs Olimpija Ljubljana vom Eis bekommen haben. Die Frage nach den Verantwortlichkeiten für die rechtliche Fehleinschätzung des Transfers blieb noch unbeantwortet. Carsten Wettich stellte aber in Aussicht, dass die Vorgänge intern bis zum Sommer vollständig aufgearbeitet sein sollen.

„Eine Einigung wäre rechtlich nicht möglich gewesen. Ljubljana hatte keinen Anspruch darauf, 2,5 Millionen vom FC für den Spieler zu fordern. Der FC durfte maximal das zahlen, was der Spieler wert war und war auch bereit diesen Betrag zu zahlen. Mehr wäre nicht möglich gewesen, sonst hätte die Geschäftsführung jetzt ein ganz anderes Problem“, erklärte Carsten Wettich. Eine Einigung mit Ljubljana über rund 700.000 Euro stand zwar lange im Raum und kurz vor dem Abschluss, kam aber letztlich von Seiten der Slowenen aus nicht zustande.

Rundschau abonnieren