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Empfindlich gedämpfter Optimismus1. FC Köln beklagt zwei weitere Ausfälle in der Offensive

Lesezeit 4 Minuten

Erst obenauf, dann doch nur Unentschieden: FC-Trainer Timo Schultz bei seiner Bundesliga- und Heimpremiere in Köln.

Für den 1. FC Köln kommt es im Kampf gegen den Abstieg personell knüppeldick. Nach Mark Uth fallen nun auch Luca Waldschmidt und Davie Selke mehrere Wochen aus.

Timo Schultz konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Nachdem der stets freundliche neue Cheftrainer des 1. FC Köln nach dem 1:1 (1:0) gegen den 1. FC Heidenheim seine Pflicht erfüllt und alle Fragen ruhig beantwortet hatte, schweifte sein Blick für eine ganze Weile ins Leere ab. Der 46-Jährige lächelte während der Pressekonferenz auch nicht ein einziges Mal, obwohl diese Geste in seiner kurzen Amtszeit schon so etwas wie sein Markenzeichen geworden war. „Es ist definitiv ein Punkt mehr als vorher, obwohl wir gerne drei geholt hätten“, hatte Schultz zuvor versucht, Positives und Negatives seines Debüts in der Fußball-Bundesliga in einem Satz unterzubekommen. Unter dem Strich blieb aber festzuhalten, dass das verdiente Remis gegen den frechen Aufsteiger nicht dem Ergebnis entsprach, mit dem die Kölner sich nach den gewaltigen Turbulenzen vor Weihnachten mit Transfersperre und Trainerwechsel in ihrer Stunde null auf dem Weg zum Klassenerhalt machen wollten.

Ein Dreier sollte es sein zum Abschluss der Hinrunde. Das machte auch Christian Keller klar: „Wir waren überzeugt und haben daran geglaubt, drei Punkte holen zu können“, sagte der ebenfalls enttäuscht wirkende Sportchef. Anstatt am kommenden Samstag gegen Borussia Dortmund von Platz 16 in die Rückrunde zu starten, bleibt der FC mit nur elf Punkten als Tabellenvorletzter auf einem Abstiegsplatz. Die nackten Zahlen dämpften den Kölner Optimismus, der ansonsten nach diesem nasskalten Samstagnachmittag vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Rheinenergiestadion durchaus angebracht war. Schultz war es in nur zehn Tagen gelungen, seiner Mannschaft die Stabilität und Sicherheit zurückzugeben, die seinem Vorgänger Steffen Baumgart zuletzt abhandengekommen war. Der FC spielte strukturierter, zielstrebiger nach vorne und insgesamt wieder mit mehr Überzeugung in die eigenen Stärken.

Das war für mich die entscheidende Situation. Wenn wir das 2:0 gemacht hätten, wäre der Spielverlauf noch mehr auf unserer Seite gewesen.
Timo Schultz, FC-Trainer, über die Großchance von Linton Maina

Die Geißböcke zeigten vor allem in der ersten Halbzeit, dass mehr Potenzial in ihnen steckt, als sie bislang in dieser Saison gezeigt haben. Schultz irritierte die Heidenheimer zunächst, indem er sein Team gegen den Ball in einem 4:4:2-System eher etwas abwartend auflaufen ließ. „Köln hat sich zurückgezogen. Damit haben wir nicht gerechnet“, räumte Gästetrainer Frank Schmidt ein. So wussten die Heidenheimer mit ihren 75 Prozent Ballbesitz nichts anzufangen. Nach einer Doppelchance durch den couragiert als Spielmacher auftretenden Youngster Denis Huseinbasic und Davie Selke (20.) rissen die an Selbstvertrauen gewinnenden Kölner das Spielgeschehen an sich. „Wir haben gut Druck gemacht und den neuen Plan des Trainers gut umgesetzt“, sagte Selke. Der FC-Torjäger krönte die beste Phase der Geißböcke mit seinem fünften Saisontreffer zum 1:0 (29.). Der wiedererstarkte und als offensiver Kölner Freigeist umtriebige Kapitän Florian Kainz hatte die Führung perfekt vorbereitet.

„Der Plan ist nicht ganz neu, wir spielen weiterhin elf gegen elf“, erklärte Timo Schultz. Seine Strategie, mehr über das Zentrum zu agieren, beschrieb der Coach so: „Wir haben versucht, in der Spieleröffnung ein paar mehr Jungs in Ballnähe zu haben und im Zentrum ein paar Spieler zwischen den Linien zu platzieren. Wir wollen weiter draufgehen, aber auch Phasen haben, in denen wir uns gegen den Ball ausruhen.“ 50 Minuten lang funktionierte dieser Plan mit Ausnahme der Großchance für Norman Theuerkauf (34.) hervorragend. Und hätte Linton Maina 48 Sekunden nach Wiederanpfiff aus zehn Metern frei stehend nicht Heidenheims Keeper Kevin Müller nur angeschossen, der FC wäre wohl mit dem gewünschten Sieg in die Ära Schultz gestartet. „Das war für mich die entscheidende Situation. Wenn wir das 2:0 gemacht hätten, wäre der Spielverlauf noch mehr auf unserer Seite gewesen“, analysierte Schultz.

1. FC Köln wird vermehrt auf junge Spieler setzen müssen

Stattdessen verlor seine Mannschaft den Faden und ließ gegen die Standard-Könige aus Heidenheim zu viele Ecken und Freistöße zu. Aus einem Eckball von Jan-Niklas Beste resultierte dann auch der Ausgleich. Nach einer verunglückten Abwehr von Timo Hübers hatte Maina den zur zweiten Hälfte eingewechselten Adrian Beck aus den Augen verloren. Der Joker traf akkurat per Dropkick durch die Kölner Abwehrwand hindurch zum 1:1 (55.). „Mich ärgert beim Gegentor, dass wir den Rückraum eigentlich klar eingeteilt haben“, kritisierte Timo Schultz. So blieb es bei nur einem Punkt, der die Kölner auf der Stelle treten lässt, ihnen aber auch Hoffnung auf die Rückrunde gibt. „Wir arbeiten noch nicht so lange mit dem neuen Trainer, aber gewöhnen uns langsam aneinander. Ich bin guter Dinge, dass wir die nächsten Wochen gut weiterarbeiten werden“, formulierte Innenverteidiger Jeff Chabot.

Allerdings ohne Luca Waldschmidt und Davie Selke. Die Leihgabe vom VfL Wolfsburg hat sich am Freitag beim Abschlusstraining das Wadenbein angebrochen und wird dem FC wie Selke mehrere Wochen fehlen. Der erfolgreichste Kölner Torschütze verletzte sich am Samstag schwerer am Fuß verletzt. Das ergaben MRT-Untersuchungen am Sonntag. Das Offensiv-Duo ist nach Mark Uth der zweite und dritte schwerwiegende Ausfall. Der FC wird wie schon gegen Heidenheim vermehrt auf junge Spieler setzen und vertrauen müssen. Nach der viel beachteten Einwechslung des 19-jährigen Justin Diehl für den angeschlagenen Florian Kainz (59.) standen beim Abpfiff sechs Kölner auf dem Feld, die 22 Jahre und jünger waren. So sieht auch wegen der Transfersperre die FC-Zukunft aus.