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7:1 gegen Werder Bremen1. FC Köln feiert rauschendes Fußballspektakel zum Auftakt des Jahres

Lesezeit 7 Minuten
Der Spielstand von 7:1 wird auf der Anzeigetafel gezeigt.

Durch den 7:1-Erfolg springt der 1. FC Köln auf Rang zehn.

Der 1. FC Köln hat sich mit dem höchsten Bundesligasieg seit 40 Jahren und einem beeindruckenden Sturmlauf aus der zehnwöchigen Winterpause zurückgemeldet. Mit einem 7:1 (5:1)-Kantersieg über Aufsteiger Werder Bremen machten die Geißböcke die 20 Punkte voll und sprangen auf Platz zehn.

Was sich am Samstagabend in Müngersdorf abspielte, sprengte selbst die Vorstellungskräfte der für ihren extremen Optimismus bekannten Fans des 1. FC Köln. Nach zehn quälend langen Wochen Winterpause meldeten sich die Geißböcke mit einem Fußballfest und dem höchsten Bundesliga-Heimsieg in diesem Jahrtausend zurück. Der 7:1 (5:1)-Kantersieg über ein völlig überfordertes Werder Bremen ließ keine Wünsche offen. 

Steffen Tigges, Ellyes Skhiri (je 2), Linton Maina, Denis Huseinbasic und ein Bremer Eigentor krönten einen 90 Minuten langen Sturmlauf des voller Lust und enormen Spaß  aufspielenden FC. Die Kölner unter den 50.000 staunenden und begeisterten Zuschauern im ausverkauften Rheinenergiestadion feierten ihre Lieblinge und dürfen nach dieser Vorstellung und vor dem Auftritt am Dienstag bei Meister Bayern München wieder von mehr träumen, als den von Trainer Steffen Baumgart im Dezember nach fünf sieglosen Partien ausgerufenen Abstiegskampf. „Wir haben sehr viel von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben und unsere Chancen besser als genutzt, als in den Spielen des letzten Jahres“, erklärte Flügelspieler Florian Kainz. 

Selke zunächst auf der Bank

Die erste Startformation des 1. FC Köln im Bundesliga-Jahr 2023 überraschte nicht, weil Steffen Baumgart sie bereits am Donnerstag preis gegeben hatte. Und der FC-Trainer ist keiner, der es nötig hat, den Gegner mit Personalien in die Irre führen zu wollen. Wie angekündigt nahmen also Neuzugang Davie Selke und Dejan Ljubicic zunächst auf der Bank Platz. Steffen Tigges besetzte die Spitze und Youngster Denis Huseinbasic die zentrale Position im offensiven Mittelfeld. Nicht im Kader tauchte im Gegensatz zu Youngster Justin Diehl Ondrej Duda auf.  Was darauf schließen könnte, dass der 28-jährige Slowake vor einem Wechsel steht. Womöglich nach Italien. Gerüchte, es könnte US Salernitana aus der Serie A sein, stimmen nach Informationen der Rundschau aber nicht.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Auch Baumgarts Gegenüber Ole Bremen schickte seine Bremer wie erwartet auf das Feld: mit Dreierkette, dem Ex-Kölner Leo Bittencourt und der Doppelspitze Niclas Füllkrug und Marvin Duksch.

Die Ergebnisse vom Nachmittag mit dem Sieg des VfL Bochum und dem Punktgewinn des VfB Stuttgart hatten den Druck auf die Geißböcke im unteren Tabellendrittel etwas erhöht. Der Abstand auf Abstiegsplatz 17 betrug vor dem Anpfiff nur noch drei Punkte. Auf der anderen Seite war klar, dass die Kölner mit einem Sieg mit drei Toren Unterschied bis auf Platz zehn hochspringen konnten - und so sollte es kommen.

Köln startet furios

Das Spiel begann mit hoher Intensität und dem frühen 1:0 für die Gastgeber. Die Entstehung des Treffers war so aber nicht vorherzusehen, denn nach einem Foul von Jeff Chabot an Bittencourt befanden sich die Bremer 28 Meter vor dem Kölner Tor in einer aussichtsreichen Freistoßsituation (8.). Die Variante, für die sich Duksch dann entschied, trieb Ole Werner aber die Zornesröte ins Gesicht. Florian Kainz durchschaute die kurz gespielte Ausführung und leitete einen Turbo-Konter ein, der über Linton Maina, Ellyes Skhiri und etwas Glück am Ende wieder bei Maina landete, der den Ball aus sechs Metern überlegt ins lange Eck schoss (9.).  

Der Treffer entfaltete enorme Wirkung - und zwar auf beiden Seiten. Die Kölner ahnten, dass ihre gute Winter-Vorbereitung Früchte tragen könnte und Werder war fortan völlig verunsichert. Und wieder war es Duksch, der die Übersicht verlor. Sein Querpass in der eigener Hälfte landete bei Kainz, der die Überzahl sofort erkannte und Tigges einsetzte. Der Mittelstürmer fand im Strafraum den richtigen Laufweg und setzte den von Milos Veljkovic noch leicht abgefälschten Ball mit links zum 2:0 in die Maschen (15.). 

Wieder sechs Minuten später verwandelte sich die Ahnung für die entfesselten Kölner in absolute Gewissheit. Maina sprintete in einen fatalen Rückpass von Mitchell Weiser und zwang Pavlenka zu einer Fußabwehr weit außerhalb seines Strafraums. Die landete bei Tigges, der im Mittelkreis von den Zuschauern sofort lautstark zum Abschluss aufgefordert wurde. Der 24-Jährige nahm sich aber die nötige Zeit, lief noch ein paar Meter und schlenzte den Ball aus knapp 47 Metern wunderbar kontrolliert mit links zum 3:0 ins verwaiste Bremer Gehäuse (21.). Sein fünfter Saisontreffer und ein Beweis, was Vertrauen eines Trainers so alles bewirken kann. „Ein Supertor, das macht er so auch nur einmal im Leben so“, unkte Baumgart nach dem Spiel bei Sky und erklärte dann, dass ihm Tigges erstes Tor viel wichtiger war: „Das war genau das, was wir trainiert haben, erster Kontakt, guter Laufweg und Abschluss mit dem zweiten Kontakt. “

Früheste 5:0-Führung der Vereinsgeschichte

Der FC hatte aber mit dem Dreierpack noch lange nicht genug und nahm die konsternierten Gäste komplett auseinander. Der nicht zu bremsende Maina drang diesmal von links in den Strafraum und flankte im Fallen an den Fünfer. Dort ließ Tigges den Ball mit einer leichten Berührung  gekonnt durch die Beine, so dass der nicht im Abseits stehende Ellyes Skhiri frei vor Pavlenka auftauchte. Der Tunesier blieb cool und belohnte sich mit einem ersten Saisontor für eine bis dahin und auch danach großartige Leistung (30.). 4:0 nach einer halben Stunde, so etwas hatte es selbst unter Steffen Baumgart in Köln noch nicht gegeben. 

Das 5:0, der brutal effizienten und mit am Ende 126 Kilometern extrem lauffreudigen Geißböcke, ließ dann wieder nur sechs Minuten auf sich warten. Über Kapitän Jonas Hector und Kainz kam der Ball zu Tigges, der sofort mit links in die Mitte flankte, wo der konsequent einlaufende Huseinbasic Pavlenka überwand (36.). Die früheste 5:0-Führung der FC-Historie war perfekt. Wir hatten aus den ersten fünf Torschüssen fünf Tore. Das hat man auch nicht jedes Mal. Und dann läuft so ein Spiel in deine Richtung", sagte Steffen Baumgart.

Es durfte aus Werder-Sicht nicht so weitergehen und tatsächlich kam Weiser zur ersten Großchance, wurde aber im letzten Moment von Eric Martel abgeblockt. Der FC-Sechser feierte sich einen Moment zu lange für seine tolle Aktion und verlor beim folgenden Eckball von Duksch Nicals Füllkrug aus den Augen. Der Nationalspieler zeigte sein Können und köpfte zum 5:1 ein (38.) - sein elftes Saisontor. Nachdem Tigges mit einem herrlichen Drehschuss aus kurzer Entfernung noch den Pfosten getroffen hatte (45.), endete eine unfassbare erste Hälfte, die noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Werder-Kapitän trifft ins eigene Netz

Ole Werner reagierte und wechselte zur zweiten Halbzeit doppelt, die erste Chance hatte aber wieder Tigges, der nach Vorarbeit von Maina ausnahmsweise mal zu hoch zielte (51.). Es war Zeit für das halbe Dutzend und etwas Fußballzauber. Künstler Maina brach über rechts durch und bediente am langen Pfosten Skhiri, der Lust und Zeit für einen Seitfallzieher hatte, der zum 6:1 einschlug (54.). Steffen Baumgart hatte die famose Vorstellung seines Teams schon vorher so erwärmt, dass er seinen Hoodie in der Kabine ließ und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in der zweiten Hälfte standesgemäß im T-Shirt an der Seitenlinie unterwegs war. 

Es war nun an der Zeit für Wechsel beim FC und damit das Debüt von Selke. Der Ex-Bremer ersetzte den frenetisch gefeierten Tigges und kam zusammen mit Mathias Olesen und Ljubicic (59.). Das Trio blieb aber ebenso wie die später eingewechselten Tim Lemperle und Bundesliga-Debütant Diehl ohne Treffer. Das Toreschießen übernahmen dafür nun die unvermindert desolaten Bremer. Nachdem Wirbelwind Maina mal wieder über links nicht zu bremsen war, setzte Werder-Kapitän Marco Friedl die Flanke des besten Spielers auf dem Platz zum 7:1 und Schlusspunkt des Spektakels ins eigene Netz (76.). Das passte zu Werders Auftritt. „Unter dem Strich war das desaströs, da können wir uns nur entschuldigen“, nahm Coach Werner kein Blatt vor den Mund. 

„Wir hatten einfach Lust nach der der langen Pause und waren gut vorbereitet. Ich glaube, dass konnte heute jeder gut sehen“, beschrieb Linton Maina das eigentlich unbeschreibliche Fußballfest an diesem Samstagabend im brodelnden „Eisschrank“ Müngersdorf. Das Schlusswort hatte der glückliche Doppelpacker Steffen Tigges: „Das war eine in allen Mannschaftsteilen überragende Leistung. Wir haben immer das Vertrauen gehabt, dass wir unsere Stärken wieder auf den Platz kriegen, wenn alle dabei sind und wir im Kopf und in den Beinen wieder frisch sind.“ 


Statistik zum Spiel:

1. FC Köln: Schwäbe; Schmitz, Hübers, Chabot, Hector; Martel, Skhiri (67. Lemperle); Maina (81. Diehl), Huseinbasic (59. Ljubicic), Kainz (59. Olesen); Tigges (59. Selke). - Bremen: Pavlenka; Stark (59. Pieper), Veljkovic, Friedl; Weiser, Groß (46. Schmidt), Jung; Bittencourt (64. Stage), Gruev; Füllkrug, Duksch (46 Dinkci). - SR.: Schröder (Hannover). - Zuschauer: 50.000 (ausverkauft). - Tore: 1:0 Maina (9.), 2:0Tigges (15.), 3:0 Tigges (21.), 4:0 Skhiri (30.), 5:0 Huseinbasic (36.), 5:1 Füllkrug (38.), 6:1 Skhiri (54.), 7:1 Friedl (77./Eigentor). 

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