Ansturm auf FC-StammtischDer Wunsch nach Aufklärung ist groß

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Stehen beim 1. FC Köln in der Kritik (v.l.): Präsident Werner Wolf, Vize Carsten Wettich sowie die Geschäftsführer Christian Keller und Markus Rejek.

Stehen beim 1. FC Köln in der Kritik (v.l.): Präsident Werner Wolf, Vize Carsten Wettich sowie die Geschäftsführer Christian Keller und Markus Rejek.

1200 Mitglieder haben ihr Kommen angekündigt, wenn Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat am Mittwoch Rede und Antwort zur Krise des 1. FC Köln stehen wollen.

Der 21. Dezember 2023 hat als einer der schwärzesten Tage Eingang in die Vereinsgeschichte des 1. FC Köln gefunden. Mit der Trennung von Kulttrainer Steffen Baumgart und der Besiegelung der einjährigen Transfersperre mussten die Anhänger des in eine schwere Krise gestürzten Fußball-Bundesligisten gleich zwei Tiefschläge innerhalb weniger Stunden verkraften. Dass der Wunsch nach Aufklärung groß sein würde, war vorhersehbar. Das Ausmaß des Interesses überrascht aber schon.

1200 Anhänger – und damit mehr als bei der Mitgliederversammlung Ende September in der Lanxess Arena – haben ihr Kommen angekündigt, wenn Vorstand, Geschäftsführung und Mitgliederrat am Mittwoch (18 Uhr) auf dem ersten Mitglieder-Stammtisch seit dem Doppelknall Rede und Antwort stehen wollen. Da die Anmeldezahlen die Kapazitäten des ursprünglich vorgesehenen Veranstaltungsortes bei weitem übertrafen, disponierte der Club um. Statt im Stadion-Restaurant „12. Mann“ kommt es nun im Studio 30/31 der MMC-Studios in Köln-Ossendorf zur Aussprache zwischen Verantwortlichen und Fans, die vor dem enorm wichtigen Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen den 1. FC Heidenheim Dampf aus der Diskussion nehmen soll.

In der Einladung zum Stammtisch nennt der 1. FC Köln den 21. Dezember 2023 einen „schweren Tag“: „Dieser Tag und die daraus entstandene aktuelle Herausforderung sorgen für viele Emotionen und Fragen. Die Pressekonferenz am Tag danach konnte darauf sicher noch nicht alle Antworten geben. Diese Antworten sind aber wichtig, weil einige Zusammenhänge in der öffentlichen Diskussion sehr vereinfacht dargestellt werden.“ Deshalb sollen Entstehung und Verlauf des Transferstreits mit Olimpija Ljubljana „noch einmal ausführlicher und transparent“ dargestellt werden. Bislang hatte sich der Club unter Verweis auf ein „laufendes Verfahren“ sowie die „Pflicht zur Verschwiegenheit“ nur recht vage geäußert. Ein weiteres Thema soll das Aus von Steffen Baumgart und die Installation seines Nachfolgers Timo Schultz sein.

Wir haben (...) die Erwartungshaltung, dass die Ergebnisse der Fehleranalyse klar gegenüber den Mitgliedern des 1. FC Köln kommuniziert werden.
Offener Brief des Südkurve 1. FC Köln e.V.

Im Vergleich zur ursprünglichen Einladung vom 28. Dezember wurde auch der Kreis der teilnehmenden Verantwortlichen erweitert. Neben Präsident Werner Wolf, den Vizepräsidenten Carsten Wettich und Eckhard Sauren sowie den Geschäftsführern Christian Keller und Philipp Türoff werden nun auch Ho-Yeon Kim und Fabian Schwab als Vorsitzende des Mitgliederrates Stellung zu den Turbulenzen beim Bundesliga-Vorletzten beziehen. Dieser fungiert als Kontrollorgan des Vorstandes, der wiederum die Geschäftsführung beruft. Kim äußerte sich auf X (vormals Twitter) jüngst wie folgt: „Die Aufarbeitung der Geschehnisse, die zum Urteil der Fifa und zur Entscheidung des CAS geführt haben, nehme ich sehr ernst. Der Mitgliederrat ist ein Aufsichtsorgan, also prüfen wir im Team unter anderem alle aus dem Urteil neu hinzu gekommenen Informationen, um das Geschehene aufzuarbeiten“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums. Um „Vergleichbares in Zukunft auszuschließen“, erfolge eine „nach vorne gerichtete Beratung“.

Am Montag meldete sich auch der „Südkurve 1. FC Köln e.V.“ zu Wort. Die aktive Fanszene übte in einem offenen Brief Kritik vor allem am Vorstand . Vermisst werde „die Übernahme von Führung und Verantwortung“. Das Strategiepapier „Matchplan“ sei „für uns bisher nicht mehr als eine Worthülse“. Eingefordert wird zudem eine „ausgeprägte Fehlerkultur“. Dazu heißt es: „Wenngleich wir das Auftreten des Vorstands in der gegenwärtigen Situation als unzureichend empfinden, erachten wir eine außerordentliche Mitgliederversammlung als nicht sinnvoll. Wir haben allerdings die Erwartungshaltung, dass die Ergebnisse der Fehleranalyse klar gegenüber den Mitgliedern des 1. FC Köln kommuniziert werden. Ein solcher Vorfall darf sich niemals wiederholen. Hier sehen wir auch den Mitgliederrat in der Pflicht, seiner Aufsichtspflicht nachzukommen.“

Aktive Fanszene sichert volle Unterstützung im Abstiegskampf zu

Auch dürfe die Transferpolitik von Sportchef Christian Keller „durchaus kritisiert“ werden. Gleichwohl zeigt die aktive Fanszene Verständnis für den Sparkurs der Geschäftsführung: „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind aufgrund der Misswirtschaft seiner Vorgänger begrenzt. Das Ziel, den 1. FC Köln finanziell zu gesunden und einen wirtschaftlich nachhaltigen Weg einzuschlagen, teilen wir uneingeschränkt. Vorgriffe auf zukünftige Einnahmen haben uns erst in die aktuelle Situation gebracht und stellen keine sinnvolle Alternative dar.“ Die Entschuldung des Vereins sei „weiterhin notwendig, um die Unabhängigkeit langfristig zu sichern“.

Der „Südkurve 1. FC Köln e.V.“ dankte Ex-Coach Steffen Baumgart für eine „unvergessliche Zeit“, zeigte aber auch Verständnis für die Trennung: „Mit Blick auf die Tatsache, dass Steffen Baumgart nicht mehr zu 100 Prozent vom eingeschlagenen Weg überzeugt war, liegt es auf der Hand, dass Entscheidungen zum Wohle des Vereins getroffen werden mussten.“ Die aktive Fanszene versprach ihre volle Unterstützung („Wir werden alles dafür tun, die Mannschaft davon zu überzeugen, dass sie die Liga halten kann“) und nahm im Gegenzug den gesamten Club in die Pflicht: „Für Vereinsführung, Mitarbeiter, Spieler und Fans gilt es, für die anstehende Rückrunde alles für den Nichtabstieg zu geben!“

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