Bundesliga-FinaleDie Fußball-Welt schaut auch nach Köln

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12.05.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Fußball: Bundesliga, 1. FC Köln - Hertha BSC, 32. Spieltag, RheinEnergieStadion. Kölns Jonas Hector (l) und Torhüter Timo Horn jubeln nach dem Spiel vor den Fans. Foto: Federico Gambarini/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nehmen Abschied vom 1. FC Köln: Die Vereins-Urgesteine Jonas Hector (l.) und Timo Horn.

Der 1. FC Köln hätte für das Saisonfinale am kommenden Samstag gegen den FC Bayern 100.000 Karten verkaufen können. Denn Müngersdorf steht in mehrfacher Hinsicht vor einem denkwürdigen Tag.

Der 1. FC Köln konnte sich einmal mehr vor Kartenwünschen nicht retten. Doch dieses eine letzte Spiel hat noch einmal alles getoppt. Wenn der FC Bayern am kommenden Samstag (15.30 Uhr, Sky) beim großen Finale der Saison 2022/23 nach dem letzten Strohhalm im Titelkampf greift, hätten die Hausherren das 50 000 Zuschauer fassende Rhein-Energie-Stadion zweimal füllen können. Das teilte der Bundesligist auf Anfrage der Rundschau mit. Eine ähnlich hohe Nachfrage verzeichnete der FC letztmals im Januar, als Fußball-Deutschland nach der umstrittenen Winter-WM in Katar nach dem Wiederbeginn des Ligabetriebs lechzte. Auch für das erste Heimspiel im Jahr 2023 gegen Werder Bremen hätten die Geißböcke rund 100 000 Tickets absetzen können.

Wer für den 27. Mai 2023 eine der begehrten Zugangskarten ergattert hat, um die Drehkreuze im Kölner Westen passieren zu können, darf sich also glücklich schätzen. Auf Müngersdorf wartet schließlich in gleich mehrfacher Hinsicht ein denkwürdiger Tag. Da sind zum einen die von der Tabellenspitze gestürzten Bayern, die am späten Samstagnachmittag gegen 17.30 Uhr entweder vor dem Scherbenhaufen einer titellosen Saison stehen. Oder aber mit einer Kopie der Meisterschale im Kölner Konfettiregen tanzen, sollten sie den neuen Tabellenführer Borussia Dortmund doch noch von Platz eins gestoßen haben. Dafür erforderlich ist neben einem eigenen Sieg ein Ausrutscher des BVB daheim gegen Mainz 05. Die Fußball-Welt schaut am Samstag also auch nach Köln.

Ellyes Skhiri wird erst am Sonntag intern verabschiedet

Zum anderen ist da der gastgebende FC, der sich trotz frühzeitiger Rettung auch am letzten Spieltag sportlich nichts nachsagen lassen und die Saison erneut vor Erzrivale Gladbach beenden will. Und für den es am Samstag obendrein darum geht, Abschied zu nehmen. Abschied von hochverdienten Spielern, die den Weg des FC im vergangenen Jahrzehnt mitgeprägt haben. Im Mittelpunkt wird dabei ein Duo stehen. Kapitän Jonas Hector (Karriereende) und Torwart Timo Horn (Ziel unbekannt) werden nach Spielschluss offiziell verabschiedet.

Die ergreifenden Momente, die sich nach dem jüngsten Flutlicht-Heimspiel gegen Hertha BSC vor der Südkurve abspielten, gaben einen Vorgeschmack, wie emotional die endgültige Trennung von dem Duo verlaufen dürfte. Während Jonas Hector ausgerechnet am Tag seines 33. Geburtstages zum 347. Mal in einem Pflichtspiel für die FC-Profis auflaufen soll, muss Timo Horn (30) auch zum Abschied mit einem Platz auf der Reservebank vorlieb nehmen. Trainer Steffen Baumgart hatte sich frühzeitig festgelegt, zwischen den Pfosten nur dann zu rotieren, sollte die Meisterfrage vor dem letzten Spieltag beantwortet sein. Weil sie das aber nun mal nicht ist, bleibt Horn nach mehr als 20 Jahren im Verein sein 330. Profi-Pflichtspiel verwehrt – vorausgesetzt natürlich, Marvin Schwäbe ist spielfähig.

Wir spielen nicht gegen oder für jemanden, sondern nur für den 1. FC Köln. Wir wollen dieses Spiel gewinnen. Und das werden wir auch probieren.
Steffen Baumgart, Trainer 1. FC Köln

Und dann ist da ja noch Ellyes Skhiri (28). Der tunesische Nationalspieler, der sich in seinen vier Jahren beim 1. FC Köln zu einem der besten defensiven Mittelfeldspieler der Bundesliga aufgeschwungen hat, wird die Geißböcke bekanntlich ebenfalls verlassen, weil er dauerhaft international spielen will. Eine euphorische Verabschiedung durch die FC-Fans dürfte dem Musterprofi am Samstag ebenfalls gewiss sein. Im Gegensatz zu Hector und Horn wird Skhiri allerdings erst am Sonntag auf dem internen Saisonabschlussfest des FC offiziell verabschiedet – wie auch Mittelstürmer Sebastian Andersson (Ziel unbekannt).

Grund genug also für den 1. FC Köln, die Kräfte ein vorerst letztes Mal zu mobilisieren. „Wir haben unser letztes Heimspiel und ein paar Verabschiedungen. Deshalb wollen wir dem Rahmen gerecht werden und den Fans nochmal ein schönes Heimspiel bescheren“, erklärt Angreifer Steffen Tigges die Kölner Herangehensweise. Der Sportliche Leiter Thomas Kessler prognostiziert in Anbetracht der Gemengelage ein „lautes Rhein-Energie-Stadion“ und freut sich auf eine „wirklich spannende Aufgabe“: „Wer unseren Trainer und unsere Mannschaft kennt, weiß, dass wir am Samstag gegen den großen Favoriten aus München nochmal alles raushauen werden. Was am Ende dabei herumkommt, werden wir sehen. Das ist nicht unser Thema.“

Steffen Baumgart machte allerdings keinen Hehl daraus, das Ende einer langen Saison herbeizusehnen. „Ich bin urlaubsreif und habe auch keine Lust mehr“, gab der FC-Coach   kurz nach dem Abpfiff in Bremen zu. Und dennoch: „Wir spielen nicht gegen oder für jemanden, sondern nur für den 1. FC Köln. Wir wollen dieses Spiel gewinnen. Und das werden wir auch probieren.“