Suche nach Baumgart-NachfolgerSportchef Christian Keller skizziert das Profil des neuen FC-Trainers

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Vorgänger und Nachfolger? Der ehemalige FC-Cheftrainer Steffen Baumgart (l.) und sein bisheriger Assistent André Pawlak.

Vorgänger und Nachfolger? Der ehemalige FC-Cheftrainer Steffen Baumgart (l.) und sein bisheriger Assistent André Pawlak.

Beim 1. FC Köln beginnt die Zeit nach Steffen Baumgart. Trotz Transfersperre kann sich der Club vor interessierten Trainern kaum retten. Möglich ist auch eine interne Lösung.

Christian Keller lächelte kurz und beantwortete die Frage nach dem Schwierigkeitsgrad bei der Suche nach einem Nachfolger von Steffen Baumgart als Cheftrainer des 1. FC Köln unmissverständlich: „In der Bundesliga heißt es ‚Der König ist tot, es lebe der König‘. Sie können davon ausgehen, dass schon die ganze Woche über bei Thomas Kessler, Chefscout Martin Schulz und mir Trainer wie Sand am Meer angeboten wurden“, verriet Keller. Also bereits vor der Entscheidung am späten Mittwochabend nach dem 0:2 bei Union Berlin, dass der FC und Baumgart getrennte Wege gehen. „Danach sind unsere Mail-Postfächer übergequollen“, berichtete Keller weiter.

Angebote gibt es also genug und „natürlich“ habe der FC analog zum Spieler-Scouting auch einen „Schattenkader“ für Trainer. Gespräche führt Keller als Hauptverantwortlicher aber erst seit der Trennung von Baumgart, der für seinen Nachfolger trotz der bislang sportlich miserablen verlaufenen Hinrunde große Fußstapfen hinterlässt. „Es ist unsere Überzeugung, nicht hinter dem Rücken von Mitarbeitern bereits potenzielle Nachfolger zu suchen. Wir sprechen erst dann mit Kandidaten, wenn die andere Personalie entschieden ist“, erklärte Keller.

Für die Suche nach einem neuen Trainer, der die Mannschaft ab dem 2. Januar 2024 auf den Abstiegskampf vorbereiten soll, hat der FC-Sportchef ein genaues Profil erstellt: „Wir haben eine klare Spielidee, die unter Steffen implementiert wurde. Diese Spielidee soll gestärkt und stabilisiert werden. Wir wollen einen Trainer, der zu dieser Idee passt. Zudem muss er die Qualität der Mannschaft sehen, die sich auch die Spieler wieder zutrauen müssen, um in der Liga zu bleiben.“

Wir haben seit Jahren eine sehr, sehr gute Nachwuchsarbeit. Dafür haben viel zu wenige Spieler den Sprung nach oben geschafft.
Christian Keller, Sportchef 1. FC Köln

Ferner müsse der Neue auf Basis der guten Nachwuchsarbeit und vor dem Hintergrund der Transfersperre gewillt sein, vermehrt junge Spieler einzubauen und gezielt zu entwickeln. „Wir haben seit Jahren eine sehr, sehr gute Nachwuchsarbeit. Dafür haben viel zu wenige Spieler den Sprung nach oben geschafft.“ Eine Aussage Kellers, die auch als Kritik an Steffen Baumgart verstanden werden darf, der in dieser Saison als Nachwuchsspieler nur Max Finkgräfe bei den Profis einbaute. Und dies erstens erst sehr spät und zweitens wohl nur auf Nachdruck der Geschäftsführung.

Bei einer Suche hält sich Keller alle Optionen offen. Es könne sowohl auf eine interne Lösung mit André Pawlak und U21-Coach Evangelos Sbonias als Doppelspitze oder U19-Trainer Steffen Ruthenbeck hinauslaufen, als auch auf eine externe. Hier werden Namen wie Thomas Reis, Heiko Herrlich oder auch Friedhelm Funkel gespielt. Es ist also auch ein so genannter Feuerwehrmann möglich. Wie 2021, als Funkel den FC über die Relegation gegen Holstein Kiel in der Bundesliga hielt. „Ich würde alles offenhalten. Wenn es uns nicht gelingt, das Soll-Profil zu erfüllen, kann das auch eine Option sein“, sagte Christian Keller, der sich grundsätzlich eine Lösung über das Saisonende hinaus vorstellt.

Neuer Anlauf im Kampf um Verbleib von Justin Diehl geplant

Fakt ist, dass der neue Chefcoach die Geißböcke von Platz 17 aus mit einem unveränderten Kader zum Klassenerhalt führen muss. Die fünf Leihspieler (siehe Kasten unten) kommen erst im Sommer 2024 zurück. „Wir haben uns bewusst für keine Rückholoption im Winter entschieden. Junge Spieler brauchen Zeit und alle fünf haben gerade Einfluss auf ihre Teams. Für ihre Entwicklung ist es besser, wenn sie noch vier Monate bleiben. Und bei allem Lob für ihre tollen Leistungen, Heilsbringer sind sie nicht“, sagte Keller.

Bei Stürmer Justin Diehl, der bei der eigenen U21 in der Regionalliga in dieser Saison starke Leistungen gezeigt hat, wird der FC wohl einen erneuten Anlauf unternehmen, um ihn nach Ablauf seines Vertrages im Juni 2024 doch noch beim FC zu halten. Die Spieler des bestehenden Kaders haben bis auf Benno Schmitz und Noah Katterbach alle Verträge über den Sommer 2024 hinaus. Nach Aussage von Keller sind diese Verträge „nahezu alle“ auch für die 2. Liga gültig. Es ist aber davon auszugehen, dass es bei einigen Spielern im Abstiegsfall entsprechende Ausstiegsklauseln gibt.

Der Sportchef will die große Herausforderung nach der Trennung von Baumgart und dem CAS-Urteil auf jeden Fall als Chance für den FC verstehen. Als Chance, dass die Spieler des bestehenden Kaders den Glauben an ihre Stärke wiederfinden. „Wir sind der festen Überzeugung, dass dieser Kader in der Lage ist, die Klasse zu halten“, sagte Keller. Und auch als Chance, mehr Talente bei den Profis spielen zu lassen: „Dann werden wir zu dem Mut gezwungen, sie reinzuwerfen.“ Vor allem aber sieht Keller die Chance, dass die Transfersperre eine Trotzreaktion hervorruft: „Wir können zusammenwachsen, eine Wagenburg-Mentalität entwickeln und am Ende durch die Wand laufen“, forderte der 45-Jährige Mut und Willen.

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Quintett noch bis 30. Juni 2024 verliehen

5 unter Vertrag stehende Spieler hat der 1. FC Köln noch bis zum 30. Juni 2024 an andere Clubs verliehen. Bei keinem dieser Profis hat der FC die Möglichkeit, ihn in der Winterpause ans Geißbockheim zurückzuholen. Die Kölner haben trotz der drohenden Transfersperre mit keinem der insgesamt vier aufnehmenden Clubs eine solche Rückhol-Option vertraglich vereinbart. Mit Torwart Jonas Urbig (20 Jahre/Vertrag bis 2026) und Stürmer Tim Lemperle (21/2025) hat der FC zwei Spieler an Zweitligist Greuther Fürth verliehen.

Urbig hat in 16 Spielen nur 19 Gegentore kassiert und ist acht Mal ohne Gegentor geblieben. Lemeperle hat in 17 Partien vier Tore erzielt und zwei weitere vorbereitet. Innenverteidiger Nikola Soldo (22/ 2025) hat bei Zweitligist 1. FC Kaiserslautern 12 Einsätze vorzuweisen. Marvin Obuz (21/ 2025) kommt als Stürmer bei Drittligist RW Essen auf vier Treffer und sechs Assists in 19 Spielen. Mit Maximilian Schmid (20/2025) ist ein weiter Offensivspieler an Roda Kerkrade ausgeliehen. Schmid hat für den niederländischen Zweitligisten in 18 Partien vier Mal getroffen und zwei Vorlagen gegeben. (sam)

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