3:2-Heimsieg1. FC Köln liefert Spektakel und besiegt Dortmund

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Die Kölner Steffen Tigges und Florian Kainz jubeln nach dem Tor zum 1:1 Ausgleich gegen Borussia Dortmund.

Köln – Als die Nachspielzeit anbrach, erhoben sich die 50.000 Zuschauern im Rheinenergiestadion und gaben noch einmal alles, um es den Profis des 1. FC Köln auf dem Feld gleichzutun. Vier Minuten später gab es dann kein Halten mehr. Der FC hatte Champions League-Teilnehmer Borussia Dortmund nach einem begeisterten Fußballfest tatsächlich mit 3:2 (0:1) niedergerungen. Florian Kainz, Steffen Tigges und Dejan Ljubicic drehten in einer unglaublichen zweiten Halbzeit mit ihren Toren den 0:1-Halbzeitrückstand. Und wieder einmal hatte der 1. FC Köln unter seinem Trainer Steffen Baumgart den Beweis angetreten, dass als funktionierendes Kollektiv alles möglich ist.

Baumgart demonstrierte mit seiner Aufstellung, was Vertrauen für ihn bedeutet. Der FC-Trainer nominierte erneut Ondrej Duda für die Startelf, obwohl der Slowake als Spielmacher zuletzt unter seinen Möglichkeiten geblieben war. Baumgart bescheinigte Duda dagegen eine „gute Entwicklung“ und meinte damit sicher, dass der 27-Jährige sich Schritt für Schritt den fußballerischen Vorstellungen seines Coaches annähert. Im Vergleich zum jüngsten 1:1 in Bochum veränderte Baumgart seine Startelf auf zwei Positionen. Luca Kilian kehrte nach seiner Gelb-Rot-Sperre für Nikola Soldo zurück in die Innenverteidigung und Linton Maina stürmte für Jan Thielmann. Für den Torschützen von Bochum war es der erst zweite Saisoneinsatz in der Bundesliga von Beginn an. Mark Uth saß nach seiner Schambeinentzündung erstmals seit dem Pokal-Aus am 30. Juli in Regensburg wieder auf der Bank.

100. Bundesligaspiel für Ex-Kölner Özcan

Bei den Dortmundern liefen mit Salih Özcan in seinem 100. Bundesligaspiel (95 davon für den FC) und Anthony Modeste beide Ex-Kölner von Anfang an auf. Modeste bekam schnell zu spüren, dass die Liebe der Fans etwas Vergängliches ist. Die Kölner empfingen den Franzosen, der vor der Saison zum BVB wechselte, schon zum Aufwärmen mit einem Pfeifkonzert, das sich bei der Vorstellung der Mannschaftsaufstellungen wiederholte. Der 34-Jährige reagierte wie ein Gentleman, lief vor dem Anpfiff zur FC-Bank und begrüßte jeden seiner ehemaligen Kollegen einzeln per Handschlag. Zum Abschluss gab es an der Seitenlinie noch eine sehr herzliche Umarmung mit Steffen Baumgart. Dass Vertrauen des FC-Coaches hatte es in der vergangenen Saisonerst möglich gemacht, dass fast aussortierte Modeste wieder auf die Beine kam und mit seinen 20 Bundesliga-Toren überhaupt ein Thema in Dortmund werden konnte.

Danach fiel Modeste nur noch durch zwei Fouls gegen Jonas Hector (4.) und Timo Hübers auf (7.), dem er dann wenigstens noch eine Gelbe Karte anhängen konnte (21.). Der Torjäger wirkte eher wie ein Fremdkörper in einer ansonsten homogenen und von Özcan und Jude Bellingham dirigierten BVB-Elf. Die Dortmunder standen hinten kompakt und ließen in der ersten Hälfte nur einen gefährlichen Abschluss von Florian Kainz zu. Der Österreicher verfehlte mit seinem Linkschuss das Tor nur um Zentimeter (29.). Die Kölner agierten zwar gewohnt engagiert, ließen aber beim Spiel in die Spitze die nötige Präzision vermissen. Sturmspitze Steffen Tigges hing in der Luft, Maina offenbarte Probleme mit der Abseitslinie und Duda verschleppte zu sehr das Tempo.

FC kam mit Wut aus der Pause

Die Gäste mussten nur auf die Ballverluste der Geißböcke warten, um ihre aktuell größte Stärke unter Edin Terzic zur Geltung zu bringen. Das Umschaltspiel der Schwarz-Gelben war eine Augenweide und führte folgerichtig zum 1:0. Hübers brachte Kainz an der Außenlinie in Not, Thomas Meunier eroberte den Ball, der über Jude Bellingham überfallartig bei Julian Brandt landete. Der Nationalspieler zog entschlossen in den Strafraum und ließ Marvin Schwäbe keine Abwehrmöglichkeit (31.). Der FC-Keeper verhinderte danach Schlimmeres und bewahrte seine Farben gegen Karim Adeyemi (33./34.) und Donyell Malen (40.) dreimal vor dem 0:2. 12:5-Torschüsse und 8:2-Ecken für den BVB kennzeichneten nach 45 temporeichen Minuten bei ansonsten ausgeglichenen Statistiken den Unterschied.

Der FC kam mit Wut aus der Kabine. Niklas Süle musste Duda blocken und Mainas Abschluss geriet zu mittig (47.), um Alexander Meyer ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Der Dortmunder Torwart parierte auch Dudas 15-Meter-Schuss (51.), bevor sich der FC für seine Drangphase belohnte. Und wie: Der überragende Jonas Hector setzte Maina, der den linken Flügel runter flitzte und in der Mitte den konsequenten Kainz fand, der aus fünf Metern sein drittes Saisontor zum Ausgleich erzielte (53.). Nur drei Minuten später fügte der beste Scorer der Geißböcke seinem Konto den vierten Assist bei. Seine Ecke fand den Kopf des einlaufenden Tigges, der ausgerechnet gegen seinen Ex-Club sein erstes Bundesligator für den FC erzielte. Übrigens eine Kopie seines Treffers in der vergangenen Saison im BVB-Trikot zum 2:0 gegen den 1. FC Köln. Das ausverkaufte Rheinenergiestadion stand Kopf.

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Dortmund versuchte zu antworten, doch die Baumgart-Elf hatte auch defensiv eine Schippe draufgelegt. Die entfesselten Geißböcke ließen nicht nach, als Baumgart Tigges und Duda auswechselte (61.). Im Gegenteil: Der von Kainz eingesetzte Florian Dietz verpasste das 3:1 nur um Zentimeter, als er den Innenpfosten traf (69.). Das Kölner Märchen erreichte die nächste Stufe. Baumgart nahm Kainz raus und brachte Denis Huseinbasic (70.), der erst ein paar Bundesligaminuten in den Beinen hat und vergangene Saison noch in der Regionalliga Südwest aktiv war. Der 21-Jährige war gerade eine Minute auf dem Platz, da brachte er Dejan Ljubicic in Position, der den Ball aus 15 Metern wunderbar zum 3:1 ins rechte Eck schlenzte (71.).

FC feiert 13 Punkte nach acht Spielen

Der Wahnsinn ging aber bis zum Schluss weiter, weil Benno Schmitz eine Flanke des eingewechselten Tom Rothe unglücklich zur unhaltbaren Bogenlampe abfälschte (78.) und Dortmund nur noch 2:3 hinten lag. Es ging gut, weil die Kölner weiter leidenschaftlich verteidigten, nach vorne spielten und Youssoufa Moukoko über das Tor köpfte (88.). 16:10-Torschüsse und 5:3-Ecken für den FC belegten die fantastische Leistung der Hausherren nach dem Wechsel. Als Schiedsrichter Harm Osmers das Spektakel nach 95 Minuten beendete, tanzte das ganze Stadion und das Trainerteam vor der Bank mit Steffen Baumgart an der Spitze vorneweg. Und die Mannschaft feierte diesen ganz besonderen Sieg mit nun 13 Punkten nach acht Spielen auf Platz sieben mit allen FC-Anhängern im Stadion. „In der ersten Hälfte waren wir zu ungenau und Dortmund hat nur auf unsere Fehler warten müssen. Dann sind wir mit viel Energie aus der Pause gekommen und haben es mit einer exzellenten Leistung gedreht. Das sind Momente, an die ich mich noch erinnern werde, wenn ich nicht mehr Fußball spiele“, fasste Dejan Ljubicic dieses Fest des Fußballs passend zusammen.

Köln: Schwäbe; Schmitz (83. Martel), Kilian, Hübers, Hector; Skhiri; Ljubicic, Duda (61. Adamyan), Kainz (70. Huseinbasic); Maina (70. , Tigges (61. Dietz). - Dortmund: Meyer; Meunier, Süle, Schlotterbeck, Guerreiro (77. Rothe); Özcan (70. Moukoko), Bellingham; Adeyemi (61. Hazard), Brandt, Malen (77. Can); Modeste. – SR.: Osmers (Hannover). – Zuschauer: 50.000. – Tore: 0:1 Brandt (31.), 1:1 Kainz (53.), 2:1 Tigges (56.), 3:1 Ljubicic (71.), 3:2 Rothe (78.). – Gelbe Karten: Hübers, Duda, Schindler, Huseinbasic; Adeyemi, Guerreiro, Süle.

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