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Baumgart und der OffensivdrangDer 1. FC Köln reist mit Selbstvertrauen nach München

Lesezeit 4 Minuten
SteffenBaumgartFC

Steffen Baumgart und sein Team muss am kommenden Sonntag beim Rekordmeister in München antreten.

Köln – Überzeugung spielt eine wichtige Rolle im Leben von Steffen Baumgart. Wenn der 49-Jährige über den Angriffsfußball spricht, mit dem er den 1. FC Köln zu einem mutigen Fußball-Bundesligisten formen will, dann sagt er voller Entschlossenheit: „Ich bin überzeugt, dass das funktioniert.“ Für Baumgart ist die Sache damit klar, Zweifel am Gelingen lässt er nicht zu. Erst recht nicht, wenn er spürt, dass leise Zweifel aufkommen könnten. So wie erst kürzlich nach dem dünnen Sieg nach Elfmeterschießen im DFB-Pokal beim Viertligisten Carl Zeiss Jena, dessen Zustandekommen Baumgart hinterher vehement verteidigt hatte.

Eine Woche danach ist der Zittersieg in Thüringen eher nebensächlich geworden, der Start in die Bundesliga hat sich schließlich gut angelassen. Im ersten Punktspiel unter der Regie des neuen Trainers gewann der FC gegen Hertha BSC Berlin verdient mit 3:1. Frenetisch bejubelt von 16.500 Fans, die das Rheinenergiestadion in Müngersdorf nach anderthalbjähriger Stille in einen Ort der allgemeinen Glückseligkeit verwandelt hatten. Ein „schönes Gefühl“ habe er danach verspürt, berichtete Baumgart, ohne dabei die Mundwinkel zu verziehen. Das ist typisch für ihn, der häufig rau daherkommt, auch wenn er das gar nicht so meint. In Euphorie verfällt der Mann von der Ostseeküste ohnehin nur ungern, und erst recht nicht so schnell. Also stellte er nüchtern fest: „Nach einem Wochenende mit einem Sieg ist vieles einfacher.“

„Die Idee, die bleibt“

Der weitere Weg aber wäre der gleiche geblieben, selbst wenn der Auftakt schief gegangen wäre. Warum auch nicht? „Das ändert ja nichts an der Idee“, betonte Kölns neuer Chefcoach. „Ich werde sie nach einem gewonnen oder einem verlorenen Spiel nicht gleich in die Tonne kloppen. Die Idee, die bleibt.“ Gegen Hertha BSC war sie nach anfänglicher Nervosität schon deutlich zu erkennen gewesen, trotz der Wackler in der Defensive, die noch längst nicht so souverän agierte, wie Baumgart es sich vorstellt. Alle drei Kölner Treffer durch Anthony Modeste und Doppeltorschütze Florian Kainz resultierten schließlich aus aggressiven Balleroberungen, mit denen sich der FC kürzere Wege zum gegnerischen Tor verschaffen will.

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„Wir haben viele Bälle wiedergewonnen“, freute sich Baumgart, der dafür hoch verteidigen ließ. „Wir haben versucht, eine offensivere Gestaltung des Spiels zu haben, um aktiver zu sein. Ich finde, das haben die Jungs über weite Strecken gut gemacht.“ „Baumgart-Fußball“ wird dieser Ansatz häufig genannt, dem FC-Coach ist das nicht so recht: „Ich hoffe, dass wir vom Köln-Fußball reden, da wollen wir hin.“ Viele FC-Anhänger dürften sich am Sonntag jedenfalls verwundert die Augen gerieben haben, war der Kölner Sicherheitsfußball unter Vorgänger Markus Gisdol doch vor allem auf Fehlervermeidung ausgerichtet gewesen. Baumgart ist dafür nicht zu haben. Gegen Berlin rannte er wie ein Tiger im Käfig 90 Minuten in seiner Coachingzone hin und her und häufig darüber hinaus und trieb von draußen immer wieder wild gestikulierend an.

Baumgarts Devise: Mut und Attacke

Der frühere Stürmer mit der Schiebermütze auf dem Kopf zeigte Leidenschaft und Emotionen – und übertrug sie auf sein Team, das sich nicht zum ersten Mal in diesem Sommer nach einem Gegentor zurückkämpfte. Die Mentalität, sie soll eine andere werden am Geißbockheim. „Wir arbeiten daran, weiter positiv zu denken, auch wenn es mal Rückschläge gibt“, sagt Kapitän Jonas Hector. Das ist genau das, was Steffen Baumgart von seiner Mannschaft sehen will. „Der Trainer hatte neulich schon in der Besprechung gesagt, dass wir in den Testspielen häufig in Rückstand lagen, aber kein einziges der Spiele verloren haben. Das ist dem geschuldet, dass wir immer weitermachen, egal wie es steht. Der Trainer verlangt von uns, dass wir immer nach vorne spielen und mutig attackieren“, erklärt Offensivmann Florian Kainz.

Der leidgeplagte Kölner Anhang ist Baumgart für diese attraktive Interpretation des Fußballs dankbar. Am Sonntag stimmten die Fans bereits erste Sprechchöre auf ihren neuen Trainer an – wohlgemerkt am ersten Spieltag. Doch der gefeierte Coach trat lieber auf die Euphoriebremse: „Es ist vielleicht ein bisschen früh. Hoch hängen tue ich das nicht.“

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Es kann schließlich auch ganz schnell in die andere Richtung gehen, zumal am Sonntag (17.30 Uhr, DAZN) im ersten Auswärtsspiel der Saison Rekordmeister Bayern München wartet. Baumgart stört sich nicht an der hohen Hürde so früh in der Saison („Schwer wäre es auch gegen jeden anderen Gegner“), er will mit dem FC selbst in der Allianz Arena die Chance auf etwas Zählbares suchen. Entsprechend forsch sind die Töne, die er im Vorfeld anschlägt: „Wir wollen drei Punkte holen. Wir brauchen den Gedanken, dass wir dorthin fahren, um etwas zu holen, sonst brauchen wir nicht losfahren.“ Da war sie wieder, die Überzeugung.