Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bayer 04 LeverkusenErik ten Hag muss sortieren und vervollständigen

4 min
Leverkusener Aufbauhilfe: Torwart Mark Flekken reicht seinem Teamkollegen Piero Hincapié (l.) die Hand.

Leverkusener Aufbauhilfe: Torwart Mark Flekken reicht seinem Teamkollegen Piero Hincapié (l.) die Hand. 

Vizemeister Bayer 04 Leverkusen ist mit einer 1:2-Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim in die Bundesliga-Saison gestartet und offenbarte dabei eine lange Reihe von Mängeln.

Der bescheidene erste Bundesliga-Arbeitstag von Erik ten Hag trudelte schon seinem Ende entgegen, als die Frage eines Landsmannes dem Niederländer doch noch ein Lächeln abringen konnte. Ob er denn hoffe, dass schnell September ist, wurde der Trainer von Bayer Leverkusen gefragt: „Selbstverständlich“, antwortete der 55-Jährige und schmunzelte.

Die Frage hatte den Kern seiner Problematik getroffen. Der Vizemeister steckt nach   einem beispiellosen personellen Aderlass mit bislang sieben Abgängen mitten im Umbruch und hat zudem seine Aktivitäten auf dem Transfermarkt eine Woche vor Ende des Sommerfensters längst nicht abgeschlossen.

Die ebenso schmerzhafte wie verdiente 1:2 (1:1)-Heimniederlage   gegen die TSG 1899 Hoffenheim zum Auftakt der Bundesliga-Saison 2025/26 war noch ganz frisch, da wurde schon wieder über die nächsten Transfers diskutiert. Mindestens drei weitere Neuzugänge sollen laut „kicker“ den bislang elf Verpflichtungen des Sommers folgen. Das Fachmagazin nennt den argentinischen Sechser Ezequiel Fernandez (23/Al-Qadsiah), Jonathan Clauss (32/OGC Nizza) für die rechte Schiene und Eliesse Ben Seghir (20/AS Monaco) als Wirtz-Ersatz.

Verlässt auch noch Piero Hincapie die Werkself?

Womöglich drohen Bayer 04 auch weitere Abgänge. Defensivspieler Piero Hincapie (23) wäre mit seinem Marktwert von 60 Millionen Euro bei laufendem Vertrag bis 2029 ebenso ein Kandidat wie Exequiel Palacios. Um den Ecuadorianer und den Argentinier gibt es weiter Gerüchte.

„Wir wissen alle, wie das Geschäft ist. Das ist nun einmal der Prozess. Den müssen wir akzeptieren, ihn annehmen, damit arbeiten und das Beste daraus machen. Das ist Gesetz“, dozierte Erik ten Hag über die allgemeine Situation und bat im Speziellen um Geduld: „Wir müssen ruhig bleiben, wir brauchen jeden Tag.“

Es gab keinen Widerspruch, denn Leverkusens Mängelliste war am Samstag vor 29.390 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften BayArena ähnlich lang, wie jene der Baustellen im Kader. Ten Hag musste mit Exequiel Palacios, Malik Tillman, Martin Terrier, Loic Badé, Jonas Hofmann und Jeanuel Belocian   gleich auf sechs potenzielle Stammspieler verzichten und hatte als ältesten Feldspieler den 21-jährigen Ernest Poku auf der Bank.

Trotz allem durfte man von der lediglich mit drei Neuzugängen ins erste Saisonspiel gegangenen Werkself mehr erwarten, als nur eine aus dem Spiel entstandene Chance, die Nathan Tella vergab (78.). Ansonsten entstand Gefahr für Oliver Baumann im Hoffenheimer Tor nur bei Standards. Einer davon führte auch zum frühen 1:0 durch Jarell Quansahs Kopfballaufsetzer (6.).

Reifer und kombinationssicherer agierte das Team von Christian Ilzer, das die Partie durch Treffer von Fisnik Asllani (25.) und Tim Lemperle (52.) drehte. Beide Angreifer spielten vergangene Saison noch in der Zweiten Liga. Hoffenheim präsentierte sich mit sieben Neuzugängen in der Startelf im Gegensatz zu den reichlich unsortierten Leverkusenern schon als Einheit.

Bei den zusammengewürfelt wirkenden Hausherren vergewisserte sich der neue Torwart Mark Flekken bei der Frage nach den Gründen für die überschaubare Leistung, nicht umsonst erst einmal „ob man das wirklich wissen wolle“. Dann machte der Niederländer nach längerer Denkpause aber keinen Hehl daraus, dass es „definitiv nicht viel Gutes“ gegeben habe: „Im Aufbau hat uns das Tempo gefehlt. Wir haben zu viele Fehler gemacht, hatten dadurch keinen Rhythmus und sind nicht hinter ihre Kette gekommen.“ Dem war nichts hinzuzufügen, denn Patrick Schick hing als einer der besten Torjäger der Fußball-Bundesliga über die gesamte Spielzeit hinweg völlig in der Luft.

Je mehr neue Spieler, desto mehr Arbeit. Es täte uns gut, wenn wir alle mal so langsam zusammen kriegen.
Robert Andrich, Kapitän Bayer Leverkusen

„Es ist einfach so, dass es heute nicht gestimmt hat. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen und Geduld haben“, forderte Flekken und fand Zustimmung bei seinem Kapitän: „Wir waren nicht ruhig genug und müssen viel besser die richtigen Räume finden. Und gegen den Ball haben wir nach 15 Minuten auch den Faden verloren“, erklärte Robert Andrich. Und wie soll das besser werden? „Je mehr neue Spieler, desto mehr Arbeit. Es täte uns gut, wenn wir alle mal so langsam zusammen kriegen, zusammen trainieren und uns dann auch stetig verbessern können“, sagte der Nationalspieler.

Bis zum 1. September ist es noch eine Woche. Eine Woche, bis Erik ten Hag einen vollständigen Kader beisammen hat. Dann muss er mit seiner Erfahrung beweisen, dass er aus einer noch losen Ansammlung von guten Spielern eine funktionierende Gruppe formen kann, die in der Lage ist, Spiele in der Bundesliga zu dominieren.