Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Interview mit FC-Profi Florian Kainz„Ich wäre zum Elfmeter angetreten“

Lesezeit 7 Minuten
Florian Kainz FC

Startet mit bester Laune in die neue Bundesliga-Saison: Florian Kainz, linker Außenbahnspieler des 1. FC Köln. 

In der neuen Staffel der FC-Dokumentation 24/7 bummelt Florian Kainz (29) gemeinsam mit seiner Frau Nadine durch seine Heimatstadt Graz. Im Interview mit Martin Sauerborn spricht der Linksaußen des 1. FC Köln über verschossene Elfmeter und seine Rolle in der Saison 2022/23. 

Herr Kainz, Sie sind in Graz geboren, haben in Wien gelebt, waren in Bremen und sind nun in Köln. Wenn Sie sich eine Stadt aussuchen müssten, in der Sie leben wollen, welche von diesen vieren wäre es?

Graz ist sehr schön und meine Heimatstadt. Meine Frau Nadine stammt auch aus Graz, unsere Familien und viele unserer Freunde leben dort. Stand jetzt würde ich nach meiner Karriere dorthin zurückgehen, aber man weiß ja nie im Leben. Wien ist eine wunderschöne Stadt und in Bremen habe ich mich auch wohl gefühlt. Genauso, wie jetzt in Köln. Städtetechnisch hat es mich immer gut getroffen und dazu habe ich auch noch bei tollen Clubs gespielt.

Sie haben Ihren Vertrag beim FC bis 2024 verlängert. Welche Rolle hat die Stadt Köln bei dieser Entscheidung gespielt?

Wir fühlen uns hier als Familie sehr gut aufgehoben. Als Fußballer verlängere ich meinen Vertrag aber nicht, weil die Stadt cool ist. Bei dieser Entscheidung steht das Sportliche im Vordergrund. Und das stimmt hier in Köln, sowohl was das Team, als auch die Trainer, den ganzen Staff und meinen Status als Spieler betrifft.

Ihnen geht es offensichtlich bestens. Auch körperlich nach der harten Vorbereitung?

Ja, absolut. Das Einzige, was sich nicht so gut anfühlt, ist die Pokalniederlage in Regensburg. Wir haben das aber besprochen und analysiert.

In Regensburg war das verlorene Elfmeterschießen ein großes Thema. Sie hatten Ihr Elfmetertrauma vergangene Saison als letzter Schütze im Achtelfinale gegen den HSV, als Sie den Ball unglücklich zwei Mal berührt haben und der Treffer annulliert werden musste. In Regensburg waren Sie schon ausgewechselt und konnten nicht schießen. Wären Sie trotz Ihrer schlechten Erfahrung wieder angetreten?

Ja, wäre ich und auch als letzter Schütze, wenn es sich so ergeben hätte. Sicher war das eine blöde Situation gegen den HSV, die mich ein paar Tage beschäftigt hat. Aber ich bin schon ein paar Jahre im Fußball unterwegs und weiß, wie ich mit solchen Situationen klarkommen kann. Und im Fußball geht es ja immer schnell weiter.

Haben Sie Verständnis dafür, wenn ein Teamkollege nicht beim Elfmeterschießen antreten möchte?

Das ganze Thema wird meiner Meinung nach ein bisschen zu hoch aufgehängt. In Regensburg haben sich fünf Jungs gemeldet, die schießen wollten, und die haben geschossen. Im Elfmeterschießen kann alles passieren. Wir hätten das Spiel vorher für uns entscheiden müssen.

Zur Person

Florian Kainz wurde am 24. Oktober 1992 in Graz geboren. Der Österreicher ging aus der Jugend von Sturm Graz hervor und wechselte 2014 im Alter von 21 Jahren zu Rapid Wien. Insgesamt lief der 29-Jährige 163 Mal (26 Tore) in der Bundesliga seines Heimatlandes auf, für das er in 20 Partien das Nationaltrikot trug. 2016 ging er zu Werder Bremen, von wo aus er im Januar 2019 nach Köln übersiedelte. Beim FC besitzt Kainz noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2024. In 119 Bundesligaspielen kommt der Flügelspieler auf 14 Tore. Kainz ist verheiratet und Vater eines Sohnes. (sam)

Was hat dafür gefehlt?

Die Videoanalyse hat klar gezeigt, dass wir einige Situationen besser zu Ende hätten spielen müssen. Und wir waren zwischen der 15. und 30. Minute, als wir beide Gegentore kassiert haben, nicht so griffig. Viele Sachen waren aber gut. Läuferisch haben wir alles rausgehauen und wir sind nach dem 0:2 zurückgekommen. Wir waren auch fitter als der Gegner. Man kann nicht alles gut reden, wenn man gegen einen Zweitligisten ausscheidet, aber es war sicher auch nicht alles schlecht.

Jetzt startet die Bundesliga gegen Aufsteiger Schalke 04.

Das ist ein Super-Auftakt. Ein Heimspiel und dann gegen einen solchen Gegner. Die Vorfreude ist gerade nach der vergangenen Saison groß. Wir haben erlebt, was man alles erreichen kann. Das wollen wir fortführen.

Trainer Steffen Baumgart und viele Ihrer Mitspieler sagen, dass die Mannschaft weiter ist, als zum Saisonstart vor einem Jahr. Wie sehen Sie das?

Das hat man gleich in den ersten Trainingseinheiten gemerkt. Als der Trainer gekommen ist, mussten wir vieles neu einstudieren. Das sah am Anfang sicher etwas wild aus. Jetzt kennen die meisten Spieler das System und wir hatten gleich eine gute Qualität im Training. Die Neuen haben sich zudem schnell integriert und das System adaptiert.

Wenn die Grundlagen des Spielsystems da sind, wo liegt dann die Arbeit im Detail?

Wir reden nicht mehr so viel über Dinge wie Laufbereitschaft, Wille oder Einsatz, sondern gehen mehr in die taktischen Inhalte. Wir arbeiten noch gezielter daran, wie wir unser Anlaufverhalten gegen unterschiedliche Abwehrketten optimieren und welche Räume wir in den jeweiligen Situationen besetzen wollen.

Sie hatten vergangene Saison eine Startelfquote von 100 Prozent und haben im Schnitt 72 Minuten pro Partie gespielt. Wie sehen Sie Ihre Rolle für die kommende Saison?

Das werden wir sehen. Auf meiner Position haben wir mit Linton Maina einen neuen Spieler mit anderen Qualitäten dazubekommen. Er verfügt über Tempo, ist dribbelstark und hat nach seiner Einwechslung in Regensburg sehr gut gespielt. Der Trainer wird entscheiden, wer spielt und das sicherlich auch vom Gegner abhängig machen. Ich gehe davon aus, dass ich auf meine Einsätze kommen werde.

Wie gehen Sie mit der neuen Konkurrenz um?

Sie tut mir gut. Es bringt uns als Mannschaft weiter, wenn wir verschiedene Spielertypen auf den jeweiligen Positionen haben. Wir haben uns in der Breite gut verstärkt. Ich finde, der Kader ist gut aufgestellt. Und meine 72 Minuten Spielzeit zeigen, dass die Spieler, die reinkommen, immer wichtig sind. Wenn ich nicht von Beginn an spielen sollte, werde ich in den Minuten, für die ich reinkomme, alles reinhauen. Man hat vergangene Saison gesehen, wie wichtig bei uns die Einwechselspieler sind. Wir müssen unbedingt beibehalten, dass jeder Spieler die Situation annimmt, wie sie ist. Das gilt auch für mich.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sie haben vergangene Saison vier Tore erzielt. Geht da mehr?

Ich wünsche mir mehr Tore und mehr Scorerpunkte. Der Trainer hat das Thema ja auch angesprochen, dass die Lücke zu Tony (Anthony Modeste, Anm. d. Red.) mit seinen 20 Toren zu groß ist. Da fühle ich mich natürlich angesprochen. Es geht darum, auch mal aus der zweiten Reihe Abschlüsse zu suchen, am zweiten Pfosten durchzulaufen oder noch mehr die Ruhe vor dem Tor zu bewahren.

Vergangene Saison ist Ihnen zum Auftakt ein Doppelpack beim 3:1-Heimsieg gegen Hertha BSC gelungen. Wie wichtig sind Auftaktspiele?

Sehr wichtig. Unabhängig davon wissen wir aber auch alle, dass wir Heimspiele gegen Schalke gewinnen sollten, wenn wir eine erfolgreiche Runde spielen wollen. Egal, zu welchem Zeitpunkt der Saison wir auf sie treffen. So gehen wir das Spiel am Sonntag auch an. Wir wollen drei Punkte holen.

Welche persönlichen Ziele haben Sie sich für die kommende Saison gesteckt?

Ich weiß nicht, ob ich die öffentlich machen sollte (lacht).

Und wie lautet das Saisonziel der Mannschaft?

Das wird sicher unser Trainer erklären.

Die Bundesliga macht auf den ersten Blick mit Schalke und Ihrem Ex-Club Werder Bremen als Aufsteiger einen sehr ausgeglichenen Eindruck. Wie schätzen Sie die Liga ein?

Für mich ist es erst einmal eigenartig, dass Robert Lewandowski nicht mehr da ist. Gefühlt hat er, seit ich Bundesliga schaue, immer gespielt und immer pro Saison 30 Tore geschossen. Ich bin gespannt auf die Bayern ohne Lewandowski, aber auch auf Dortmund und Frankfurt sowie Union Berlin mit ihrer Doppelbelastung. Und natürlich auch auf uns.