Köln – Am Tag danach war Dejan Ljubicic noch immer angetan. „Es war unglaublich, wie laut es war“, sagte er staunend. Die seltsame Stille, die anderthalb Jahre lang über den Stadien gelegen hatte, war offensichtlich auch an dem Österreicher nicht spurlos vorbei gegangen, und so hatte Ljubicic seine liebe Mühe, den ungewohnt gewordenen Lärmpegel richtig einzuordnen. „Ich dachte, da waren 50 000 drin.“
Tatsächlich waren es vergleichsweise nur 16 500 Zuschauer, die der Rückkehr der Fans ins Rheinenergiestadion beiwohnten durften. Doch diejenigen, die dieses besondere Erlebnis hautnah miterleben konnten, zeigten sich derart euphorisiert, dass der Sonntagabend in Müngersdorf bleibenden Eindruck hinterließ. Der 3:1 (1:1)-Sieg des 1. FC Köln über Hertha BSC Berlin zum Start in die neue Saison der Fußball-Bundesliga tat sein Übriges.
Für Dejan Ljubicic war der 15. August 2021 auch rein persönlich betrachtet ein außergewöhnlicher Tag. Der zentrale Mittelfeldspieler, der im Sommer ablösefrei von Rapid Wien ans Geißbockheim gekommen war, feierte seinen Einstand im deutschen Oberhaus – und zwar prompt von Beginn an.
Ljubicic hatte das so nicht kommen sehen, wie er am Montag nach dem Auslaufen einräumte: „Ich habe nicht gedacht, dass ich spielen werde“, gestand der 23-Jährige, der beim Pokalspiel in Jena noch 120 Minuten auf der Bank gesessen hatte. Umso größer war nun seine Begeisterung: „Ich habe mich riesig gefreut und war auch ein bisschen angespannt.“
Eine besondere Aufgabe
Überraschend war nicht nur seine Startelf-Nominierung, von der Ljubicic erst wenige Stunden vor dem Anstoß erfahren hatte. Überraschend war auch die Aufgabe, die ihm von Trainer Steffen Baumgart übertragen worden war. Ljubicic, eigentlich ein defensiver Mittelfeldspieler, der darüber hinaus in der Innenverteidigung aushelfen kann, wurde hinter die Doppelspitze Mark Uth/Anthony Modeste vorgezogen. „Wir wollten dort nicht einen klassischen Zehner als Spieler haben, sondern eine hohe Intensität gegen den Mann“, erklärte Baumgart, warum seine Wahl auf den laufstarken Ljubicic gefallen war. Die Rückkehrer Uth und Modeste sieht der FC-Coach dagegen im Sechzehnmeterraum angesiedelt: „Mark und Tony haben ihre Stärken nicht im aggressiven Anlaufen, sondern mit dem Ball im Strafraum.“
Eine Aufgabe von Dejan Ljubicic bestand darin, Hertha-Star Kevin-Prince Boateng aus dem Spiel zu nehmen. „Ich musste den Kevin-Prince ärgern“, schmunzelte der gebürtige Wiener in feinstem Schmäh. „Ich denke, dass ich das die meiste Zeit geschafft habe. Ich habe schon gemerkt, dass er sich geärgert hat.“ Steffen Baumgart war überaus zufrieden, wie Ljubicic die gestellten Herausforderungen bewältigte: „Dejo hat in der Intensität alles abgerufen, was wir wollten. Auch spielerisch habe ich ganz wenige Fehler gesehen.“ Die Datenbank unterstrich die Einschätzung des Kölner Trainers. Mit 10,59 zurückgelegten Kilometern wies der ehemalige österreichische Junioren-Nationalspieler die zweitbeste Laufleistung im FC-Kader vor.
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Der Neuzugang war auch deshalb so viel unterwegs, weil er sich zur Unterstützung des Spielaufbaus immer wieder ins defensive Mittelfeld zurückfallen ließ und mit den Achtern Florian Kainz und Jan Thielmann rotierte. Trotz enormer läuferischer Belastung gelang es Ljubicic, die Konzentration hochzuhalten. 87 Prozent seiner Pässe fanden den Weg zum Mitspieler. Eine starke Quote.
Mindestens genauso wichtig war ihm jedoch der mannschaftliche Erfolg. „Es gab ein paar Phasen, in denen wir nicht so gut waren. Aber danach haben wir es richtig gut gemacht. Wir haben gekämpft und geackert“, lobte der Österreicher, dessen Team nach nervösem Beginn und frühem Rückstand (Stevan Jovetic/6.) noch vor der Pause durch Anthony Modestes Kopfball (41.) verdient zum Ausgleich gekommen war. Nach dem Seitenwechsel war es dann ein Doppelpack des überragenden Außenbahnspielers Florian Kainz (52., 55.), der nie nachlassenden Kölnern einen siegreichen Auftakt bescherte. Und Müngersdorf sehr laut werden ließ.