Kölner Turnerin Sarah Voss im Interview„Das ist für mich unbeschreiblich“

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Sarah Voss

Die Kölner Turnerin Sarah Voss

Köln – Sarah Voss vom TZ DSHS Köln ist im Kreis der weltbesten Turnerinnen angekommen. Nach ihrem Dreifach-Triumph bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin nahm die 19-Jährige erstmals an der WM teil und erreichte in Stuttgart im Mehrkampf und Schwebebalken das Finale. Leon Causemann hat mit Voss, die kommenden Montag 20 Jahre alt wird , gesprochen.

Frau Voss, herzlichen Glückwunsch zu Ihren herausragenden Leistungen in Stuttgart. Ist das Flugticket für die Olympischen Spiele in Tokio schon gebucht?

Erstmal vielen Dank. Nein, natürlich nicht. Jede einzelne von uns muss sich im nächsten Jahr neu qualifizieren. Bisher ist ja nur das Team qualifiziert. Das heißt, nächstes Jahr muss ich noch einmal Vollgas geben, damit ich dann auch mitgenommen werden.

Das große Ziel war neben der Olympia-Quali auch die Finalteilnahme mit dem Team. Dafür hat es leider nicht gereicht.

Das war schade, weil der Abstand zu Italien extrem knapp war. Das waren nur 0,034 Punkte. Aber wir haben als Team eine echt gute Performance abgeliefert. Zwar hatten wir kleine Unsicherheiten, aber das Olympia-Ticket war Ziel Nummer eins. Das Finale wäre schön gewesen, aber wir sind trotzdem sehr zufrieden.

Ihr Wettkampf-Programm wurde etwas durcheinander gebracht. Auf einmal traten Sie ungeplant im Mehrkampf an. Wie kam das?

Dass ich teilnehme, habe ich erst zwölf Stunden vorher beim Abschlusstraining erfahren. Sophie Scheder konnte verletzungsbedingt leider nicht antreten. Das wäre zu gefährlich gewesen und die Verletzung hätte sich verschlimmern können. Das ist natürlich schade, wenn jemand ausfällt. Vor allem hat sich Sophie nach ihrer Verletzung erst stark zurückgekämpft. Für mich war es dann aber eine Ehre, dass mir die Verantwortlichen diese tolle Möglichkeit gegeben haben.

Wie bewerten Sie Ihre Leistung bei den Weltmeisterschaften?

Ich bin super zufrieden. Die Vorbereitung war mehr als holprig. Ich konnte meinen Fuß erst anderthalb Wochen vor der WM voll belasten und beim Podiumstraining erstmalig alle vier Geräte turnen. Das war immer eine Gratwanderung. Aber wir haben alles dran gesetzt, dass es funktioniert. Dafür haben wir viel mit Physiotherapie gearbeitet.

Dann sind Sie in den Mehrkampf gestartet. Vier Geräte später gehörten Sie zu den zehn besten Turnerinnen der Welt. Wie fühlt sich das an?

Das ist für mich unbeschreiblich. Dafür finde ich keine Worte. Das ich überhaupt in den Wettkampf reingerutscht bin, war für mich schon ein Highlight. Das ich zehntbeste Turnerin der Welt werden würde, war vielleicht wünschenswert, aber vorstellen konnte ich es mir nicht.

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Und Sie waren nicht allein?

Stimmt, Elisabeth Seitz ist sogar auf den sechsten Platz geturnt. So ein Ergebnis haben wir mit der Mannschaft noch nie erreicht. Ich bin extrem stolz, ein Teil davon gewesen zu sein und gemeinsam mit Elisabeth den Wettkampf geturnt zu haben. Bei der Freude über den zehnten Rang ist es aber nicht geblieben. Mit 54,898 Punkten habe ich eine neue persönliche Bestleistung geturnt und mich um acht Zehntel gesteigert. Das war nicht zu erwarten und hat mich sehr stolz gemacht. Und ich habe noch Potenzial nach oben.

Die Bestleistung muss einen riesigen Motivationsschub für das Balkenfinale gegeben haben, oder?

Einen enormen Schub. Ich hatte das Glück, dass ich an meinem Paradegerät schon im Mehrkampf starten konnte. Da habe ich das Gespür bekommen, wie es im Finale werden könnte. Es war super, dass ich dann auch noch richtig gut durchgekommen bin.

Sie wurden bei beiden Finals auf einer großen Bühne vorgestellt. Es gab viele LED-Wände und Lichtershows. Welche Rolle hat die Kulisse für Ihre Leistung gespielt?

Es war unglaublich, wie wir präsentiert wurden. Es ging über die Treppe eine Rampe hoch. Da wurden wir den Zuschauern als 3D-Bild gezeigt, das war super cool und die Stimmung war grandios. Ich habe mich wohl und wie zu Hause gefühlt. Wir waren zu keinem Zeitpunkt alleine und wenn es nicht perfekt lief, kam immer motivierender Applaus von den Rängen. Es waren anstrengende Wochen vollgepackt mit Training und Presseterminen. Und in knapp zwei Wochen steht schon der nächste Wettkampf in der Bundesliga in Buchholz an.

Wie wäre es jetzt mit Urlaub?

Ich habe jetzt Zeit zum Runterfahren und werde ein paar Tage wegfahren. Die Teilnahme in der Bundesliga ist erstmal nicht geplant. Wenn ich gebraucht werde, bin ich natürlich da. Aber Stuttgart war das Highlight und jetzt soll der Kopf erstmal frei werden. Ich gebe meinem Körper die Zeit und werde nicht sofort wieder voll einsteigen. Außerdem habe ich noch ein Studium angefangen. Ich habe also auch so erstmal genug zu tun.

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