Lieber Fandialog als Kollektivstrafe1. FC Köln behält sich Gang vor den CAS vor

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FC-Fans in Nizza.

Köln – Das Urteil aus Nyon traf den 1. FC Köln an empfindlicher Stelle. Nach den Ausschreitungen mit 32 Verletzten am Rande des Conference-League-Gruppenspiels am 8. September beim OGC Nizza darf der Bundesligist für seine beiden nächsten Europapokal-Auswärtsspiele keine Eintrittskarten an eigene Anhänger verkaufen. Zudem verhängte die Europäische Fußball-Union (Uefa) eine Geldstrafe in Höhe von 100 000 Euro, mit der sie das Abbrennen von Feuerwerkskörpern, das Werfen von Gegenständen und die Krawalle auf den Rängen ahndete.

Die Geldbuße stellt auf dem langen Weg der Gesundung einen unnötigen Rückschlag für den finanziell klammen FC dar. Bereits zuvor hatten Vorkommnisse beim Playoff-Rückspiel am 25. August im ungarischen Fehérvár den Club 56 000 Euro gekostet. Glück im Unglück für den FC: Die einnahmewichtigen Heimspiele sind von den Uefa-Sanktionen nicht betroffen. Pro Heimspiel generieren die Geißböcke einen Umsatz von rund 1,8 Millionen Euro.

Wenn der 1. FC Köln am 13. Oktober bei Partizan Belgrad sowie zwei Wochen später in Tschechien beim 1. FC Slovácko antritt, wird der Gästeblock nun also komplett verwaist sein. Die fehlende Unterstützung von den Rängen bedeutet insbesondere für die Partie in der Hauptstadt Serbiens eine Schwächung im Kampf um den Sieg in der Gruppe D. Die serbische Fankultur gilt als äußerst heißblütig und das Stadion Partizana als Hexenkessel. Dass auch die Gastgeber wegen Verfehlungen ihrerseits 6000 Plätze unbesetzt lassen müssen, dürfte die Atmosphäre allerdings dämpfen.

Doch keine Europatour?

Für die reisefreudige Kölner Anhängerschaft stellt das Auswärtsverbot, verursacht durch etwa 50 bis 100 Chaoten, einen schweren Schlag dar. Zerbricht damit doch ihr Traum, den eigenen Club nach tristen Jahrzehnten auf eine Abenteuerreise durch Europa zu begleiten. Direkt mit Veröffentlichung des Gruppenspielplans hatten viele FC-Fans Flüge, Hotels und Karten für die drei Auswärtstouren gebucht. Nun drohen die Anhänger für die Reisen nach Serbien und Tschechien auf den Kosten sitzen zu bleiben, ohne im Stadion dabei sein zu können.

Der 1. FC Köln hat bereits angekündigt, eine ausführliche Begründung der Uefa-Maßnahmen anzufordern. Entsprechende Post wird zu Wochenbeginn am Geißbockheim erwartet. Anschließend wollen sich die FC-Vertreter äußern. Wie die Rundschau erfuhr, erwägt der FC den Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS), sollte der Club nach eingehendem Studium der Begründung zu dem Standpunkt kommen, dass die Bestrafung unverhältnismäßig hoch ausgefallen ist.

Der Blick der Kölner Verantwortlichen dürfte dabei auch nach Frankfurt gehen. Die Eintracht war nach den Krawallen beim Champions-League-Spiel am 13. September in Marseille mit Geld- und Bewährungsstrafen davongekommen. „Das Urteil berücksichtigt ganz offensichtlich nicht nur die außergewöhnlichen Rahmenbedingungen rund um das Spiel und die Ausnahmezustände in der Stadt und im Stadion, sondern auch unsere enormen organisatorischen Bemühungen und insbesondere die klare Haltung und Kommunikation des Clubs zu den Vorkommnissen“, erklärte das Frankfurter Vorstandsmitglied Philipp Reschke.

Dialog und Fanarbeit statt Kollektivstrafen

FC-Geschäftsführer Christian Keller unterstrich derweil in einem Interview des „Geissblog“ den Standpunkt seines Clubs, Pauschalsanktionen abzulehnen: „Kollektivstrafen haben noch nie dazu geführt, dass sich etwas verbessert. Das kann nur über Dialog und Fanarbeit passieren“, sagte der 43-Jährige.

Noch ist die Gesamtsituation nach den am späten Freitagabend verkündeten Uefa-Sanktionen ziemlich unübersichtlich. Zwar ist es dem FC nun untersagt, für die beiden nächsten Conference-League-Auswärtsspiele Gästekarten zu verkaufen. Doch gibt es FC-Fans, die sich wie für die Partie in Nizza bereits Tickets über den Heimverein organisiert haben. Ob es ihnen erlaubt sein wird, auf diesem Wege Zutritt zum Stadion zu erhalten, ist eine der wesentlichen Fragen, die zu klären sind. Eine andere, insbesondere unter Sicherheitsaspekten relevante Frage lautet, wie die Kölner Fanszene reagieren wird. Tritt sie die Touren nach Serbien und Tschechien im Zuge geltender Reisefreiheit an, um Steffen Baumgarts Team beispielsweise zumindest in Stadionnähe zu unterstützen? Oder bleibt sie daheim in Köln?

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Noch deutlich härter hat es indes den OGC Nizza getroffen, dem von der Uefa neben der Beteiligung an den Krawallen insbesondere schwere Sicherheitsmängel im Stadion zur Last gelegt werden. Die Franzosen müssen ihr nächstes Conference- League-Heimspiel am 13. Oktober gegen Slovácko vor komplett leeren Rängen absolvieren. Damit gehen dem Club etwa eine Million Euro durch die Lappen. Zudem sind bei der Partie in Tschechien eine Woche zuvor Gästefans verboten. Seltsam mutet dagegen an, dass ausgerechnet beim brisanten Rückspiel am 3. November in Köln Fans aus Nizza gestattet sind.

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