Abstieg des VfL GummersbachHeiner Brand will dass alle „am blau-weißen Strick ziehen“

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Heiner Brand fordert, gemeinsam am blau-weißen Strick zu ziehen.

  • In den letzten Tagen hört man im Umfeld des VfL häufiger den Ausspruch.
  • Wie einst Eugen Haas fordert auch der ehemalige VfL-Kapitän Heiner Brand Zusammenhalt im Verein.
  • Das erwartet er auf allen Ebenen beim Bundesliga-Absteiger.

Gummersbach – Nach dem Abstieg des VfL Gummersbach aus der Handball-Bundesliga hört man in den letzten Tagen immer öfter einen Ausspruch des langjährigen Obmanns Eugen Haas. Er hat in schweren Zeiten gefordert, dass alle zusammenstehen müssen und gemeinsam am blau-weißen Strick ziehen.

Ein Zitat, das auch Gummersbachs Handball-Ikone Heiner Brand kennt und für die derzeitige Situation aktueller denn je hält, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung sagt. „Unter alle verstehe ich allerdings, dass Gesellschafter, operative Führungsebene, Mannschaft und Fans an diesem Strick ziehen“, sagt der ehemalige Bundestrainer. Persönliche Befindlichkeiten und Egoismen hätten dabei nichts verloren. „So etwas ist in der jetzigen Situation hintenan zu stellen“, fordert Brand. Kompromisse seien kein Zeichen von Schwäche sondern zeugten davon, dass man eine bestmögliche Lösung finden wolle.

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Eugen Haas (Mitte) war lange Jahre der Macher des VfL.

Wenn das mit den entsprechenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beim VfL gelinge, könne man auch wieder etwas aufbauen. Ein Jahr in der Zweiten Liga könne auch eine Chance sein, findet Brand und nennt den Bergischen HC als gutes Beispiel dafür. Allerdings: Der Bergische HC habe nicht den Druck gehabt, den ein VfL Gummersbach habe, sagt der Weltmeister von 1978.

Wichtig sei für Gummersbach, dass Geschäftsführer Christoph Schindler und Trainer Torge Greve nun eine Mannschaft mit Entwicklungspotenzial schlau zusammenstellen. Von einem neuen Team erwartet Brand Grundtugenden wie Kampf und Disziplin. „Und mit der entsprechenden Handballphilosophie weiß jeder Spieler auf dem Platz, was seine Aufgabe ist“, erläutert Brand.

Klingt einfach, doch in den letzten Jahren habe er beim VfL genau diese Rollenverteilung vermisst. Es reiche mit Sicherheit nicht, dass man sagt, dass eine Mannschaft gut trainiert habe. Eine Mannschaft müsse einfach einen Plan haben. Gedanken des Trainers müssten sich auf dem Platz wiederfinden. „Und dann reduziert sich auch die Anzahl schwacher Spiele.“

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Heiner Brand als Spieler vor dem Abschluss.

Apropos Rollen: Vor dem Endspiel in Bietigheim hatte Schindler daran erinnert, dass Brand als Beiratsmitglied in den vergangenen Jahren an den meisten Personalentscheidungen beteiligt gewesen sei. Brand sah das anders, doch jetzt, nach dem Abstieg, hat dieser bereits den blau-weißen Strick ergriffen: Er will nicht nachkarten und lobt Schindler für Personalentscheidungen wie im Fall von Ivan Martinovic oder Drago Vukovic, die gut gewesen seien.

Versammlung

Der VfL Gummersbach 1861 e.V. trifft sich am Dienstag, 18. Juni, um 20 Uhr im Wiedenhof zur Jahreshauptversammlung. Eine Stunde vorher ist die Hauptversammlung der Abteilung Handball. Auf der Tagesordnung des Gesamtvereins stehen zahlreiche Mitgliederehrungen. Darunter sind auch die Brüder Klaus, Jochen und Heiner Brand, die alle seit ihren Kindheitstagen dem Verein angehören.

Darüber hinaus stehen Vorstandswahlen an, darunter auch die Wahl des ersten Vorsitzenden. Aktuell bekleidet Olaf Schnell den Posten, der in dieser Funktion auch die Interessen des Gesamtvereins in der Gesellschafterversammlung der VfL Handball Gummersbach GmbH, also dem Profibereich der Handballer, vertritt. Diese Abordnung resultiert daraus, dass der Verein der Lizenznehmer für die Handballer ist.

Und wenn Heiner Brand überhaupt Kritik geäußert habe, dann nicht an Christoph Schindlers Entscheidungen, sondern an der Mentalität der Mannschaft. „Und darüber habe ich schon gesprochen, als ich noch im Beirat gewesen bin. Da war Christoph noch Spieler.“ Diese Mentalität sei in den vergangenen Jahren bei immer wechselnden Spielern in der Mannschaft einfach dringeblieben, warum auch immer.

Was Brand im Nachgang allerdings ärgert, ist, dass er seine Position im Beirat nicht dazu genutzt habe, bei der Personalie Markus Baur als Trainer mehr Druck zu machen. Einen von Bauer bereits unterschriebenen Vertrag habe es ja beim VfL gegeben, doch dann sei man im Beirat wieder zurückgerudert. „Da hätte ich im Grunde zurücktreten müssen. Baur hätte, als Emir Kurtagic hier noch Trainer war, einspringen können. Doch ich wollte keine Unruhe reinbringen“, sagt Brand, der 2007 bei der Heim-WM Trainer von Kapitän Baur war.

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Heiner Brand (1.v.r.) als Kapitän des VfL Gummersbach.

Mit Blick auf die kommende Saison sagt Brand, dass die Zweite Liga für den VfL kein Selbstläufer werde. Viel hänge von der Mannschaft ab, von der man aktuell ja nur sehr wenig wisse. Es sei auch keine Frage, dass eine Halle Kopf stehe, wenn dort auf einmal der VfL Gummersbach zum Spiel auftauche. „Da wird jedes Auswärtsspiel zu einem besonderen Fight.“ Da müsse man sich gut drauf vorbereiten und mental stark sein, sagt Heiner Brand.

Dass er in den vergangenen Tagen gerade bei den Fans gerne wieder in einem Amt beim VfL gesehen worden ist, freut den Experten. Doch er sagt klipp und klar, dass eine Tätigkeit im Beirat nicht mehr in Frage komme. Wenn überhaupt noch etwas in Betracht gekommen wäre, dann eine Position, in der er alleinverantwortlich eine Entscheidung trifft, für die er dann auch einsteht. So habe er auch als Bundestrainer gearbeitet. „Doch nach 40 Jahren durchgängig als Spieler und Trainer will ich nicht mehr. Das Thema ist abgeschlossen.“

Man dürfe nicht vergessen, dass er bereits seit acht Jahren aus dem Geschäft draußen sei. „Da müsste ich mich auch erst noch einmal reinknien, der Sport hat sich in der Zeit noch einmal unglaublich entwickelt.“ Insofern hält Brand auch Diskussionen darüber für illusorisch, dass Spieler aus den 1960er und 70er Jahren als Ratgeber auftreten könnten. (ar)

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