Gummersbach – Anfang Juni stand Alexander Hermann noch geschockt in einer Ecke auf seinem Balkon, dem einzigen Ort in der neu bezogenen Wohnung, an dem er Internetempfang hatte. Gemeinsam mit seiner hochschwangeren Frau verfolgte er, wie sein neuer Verein VfL Gummersbach in Bietigheim in die Zweite Liga abstieg. Gut sechs Monate später hat der Rückraumspieler die Option nicht gezogen, die es ihm erlaubt hätte, bereits im Sommer die Gummersbacher zu verlassen. Er bleibt beim VfL – egal, ob der in der kommenden Saison weiter in der Zweiten Liga spielt oder in der Bundesliga antritt.
Alexander Hermann fühlt sich in Gummersbach wohl
Dabei war der 28-Jährige 2015 nach Deutschland gekommen, um in der Ersten Bundesliga zu spielen. Das tat er zunächst mit seinem Zwillingsbruder Maximilian beim Bergischen HC. Der rechte Rückraumspieler Max Hermann wechselte im Sommer 2017 zum VfL Gummersbach, wo er aufgrund seiner Schulterverletzung aber nie zum Einsatz kam. Alexander Hermann ging zur HSG Wetzlar, die mit ihm auch um zwei Jahre verlängern wollte. Doch dann verletzte sich Hermann am Mittelfuß und fiel aus. „Das hätte so nicht passieren müssen“, sagt er. Heute sei er aber froh, dass es so gelaufen sei. Er meint damit den Wechsel nach Gummersbach.
„Ich fühle mich hier sehr wohl. Es macht Spaß, da ich von Trainer Torge Greve das Vertrauen bekomme, und es macht Spaß mit den Jungs“, sagt der österreichische Nationalspieler. Es gebe eine perfekte Infrastruktur, die ihm schon sein Bruder geschildert habe. Alles liege zentral zusammen, sei es die Schwalbe-Arena, in der gespielt und trainiert werde, der Kraftraum oder die benachbarte Geschäftsstelle. „Außerdem machen wir viel mit der Mannschaft, das schweißt zusammen.“ Und dann ist auch noch vor sechs Wochen Sohn Felix geboren worden.
18 Jahre lang gemeinsam mit dem Zwillingsbruder gespielt
Mit fünf Jahren begannen die Zwillinge Alexander und Max Hermann sowie ihr älterer Bruder mit dem Handballspielen. Über ihre Tante waren sie zu dem Sport gekommen, spielten am Anfang aber auch noch Fußball. „Begonnen haben wir bei einem ganz kleinen Verein in unserem Heimatort Traun“, erzählt der 1,92 Meter große Rückraumspieler. Mit 15 Jahren wechselten die Zwillinge zum HC Linz. Als sie aufs Gymnasium gekommen waren, hatten sich die Brüder entschieden, mit dem Fußball aufzuhören. „Dabei war Max ein richtig guter Torhüter“, sagt Alexander Hermann. Als Handballer wurde er selbst zunächst vor allem auf Linksaußen eingesetzt, spielte erst später im Rückraum. Mit 19 Jahren wechselte Alexander Hermann zur SG Handball West Wien, ehe es drei Jahre später zum Bergischen HC ging. „Mit 18 Jahren haben sich mein Bruder und ich erstmals getrennt, bis dahin haben wir alles gemeinsam gemacht.“
2011 feierte Alexander Hermann sein Debüt in der österreichischen Nationalmannschaft. Mit der tritt er ab dem 10. Januar bei der Europameisterschaft an, die in Schweden, Norwegen und Österreich stattfindet. Im Team ist auch sein Gummersbacher Mannschaftskollege Janko Bozovic, der im rechten Rückraum die Nummer eins im Team der Gastgeber ist. Dass sein Bruder Max nicht dabei ist, stimmt Alexander Hermann ein bisschen traurig, denn trotz seiner Schulter-Operationen sei er immer noch der beste Abwehrspieler Österreichs.
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Mit Nikola Bilyk (THW Kiel), Raul Santos (SC DHfK Leipzig) und Robert Weber (HSG Nordhorn Lingen) gehören weitere Bundesligaspieler zur Mannschaft. „Wir sind gut aufgestellt“, sagt Alexander Hermann. Im letzten Testspiel vor dem EM-Start geht es am Montag, 6. Januar, in Wien gegen die deutsche Mannschaft.
Bevor er an Neujahr zur Nationalmannschaft reist, stehen für Hermann und seine Mannschaftskollegen aber noch zwei Spiele mit dem VfL Gummersbach in der Zweiten Liga an. „Es wird ganz schön schwierig in Essen und in Dortmund gegen Hamm“, sagt der 28-Jährige. Mit dem bisherigen Saisonverlauf ist er zufrieden, auch wenn es noch viel Verbesserungspotenzial gebe. Vor allem die Niederlage in Emsdetten wurmt ihn immer noch, aber auch der schwache Auftritt in Bietigheim hängt ihm nach. Doch zuletzt vier Siege in Folge brachten den VfL auf Tabellenplatz drei und mit dem jungen Alexander Weck habe er einen guten Partner auf der Königsposition bekommen. Sie würden sich gut ergänzen mit ihrer unterschiedlichen Spielweise, sagt der 28-Jährige.
In Gummersbach hat sich die junge Familie gut eingelebt. „Mittlerweile bin ich froh, ein bisschen außerhalb zu wohnen und mehr Ruhe zu haben, gerade auch seitdem der Kleine geboren wurde“, sagt Hermann und schiebt lachend hinterher, dass er ja auch schon 28 Jahre alt sei. Zudem biete die Stadt rund ums Steinmüllergelände einiges. „Es passt alles“, erklärt er.