Der Klimawandel verstärkt die Waldbrandgefahr in Südeuropa. Nun greifen immer mehr Städte auf eine jahrhundertealte Methode zurück: Ziegenherden halten das Unterholz kurz - und sind dabei noch umweltfreundlicher als Motorsensen.
Tatütata – die „Feuerziegen“ sind daSpaniens Gemeinden setzen Ziegen als Feuerwehr ein

Ziegen fressen vertrocknete Pflanzen und leisten so Hilfe gegen Waldbrand-Gefahren. (Archivbild)
Copyright: Carsten Schultz
Der globale Klimawandel sorgt für immer extremere Hitzewellen, ausgetrocknete Naturlandschaften und gigantische Waldbrände, die zunehmend schwer zu löschen sind. So erlebt Spanien in diesem Sommer die schlimmste Feuerkatastrophe seit Jahrzehnten. Entsprechend groß ist die Suche nach neuen Methoden der Vorbeugung – und eine davon stützt sich auf vierbeinige Brandbekämpfer.
Klimawandel erhöht Waldbrandgefahr
Immer mehr Gemeinden im ganzen Land setzen auf eine ungewöhnliche Feuerwehrtruppe: Ziegenherden, die mit ihrem großen Appetit sich durch das wuchernde Gestrüpp in den Wäldern und durch das hohe Gras auf brachliegenden Feldern fressen und so die Ausbreitung von Feuern verhindern.
Eigentlich ist dies eine uralte Methode, mit der jahrhundertelang die Naturlandschaft sauber gehalten wurde – die jedoch in Vergessenheit geriet. Doch angesichts verwilderter Wälder und steigender Brandgefahr erlebt der Ziegeneinsatz neuerdings eine Renaissance in Spanien.
Alles zum Thema Europäische Union
- Stadtverwaltung warnt Rattenplage breitet sich in Pulheim aus
- Ungewöhnliches Projekt So will der Kreis Euskirchen mit Molkerei-Wasser den Landwirten helfen
- Kein Putin-Öl mehr für Orbán Pipeline attackiert – Ungarn veröffentlicht „wütenden“ Trump-Brief und bekommt Häme
- Rückwirkende Zollsenkung US senken Importzölle auf EU-Autos auf 15 Prozent
- Laut Medienbericht Trump beriet mit Orban über EU-Beitritt der Ukraine
- Arbeitsplätze in Gefahr? DGB fordert für Beschäftigte besseren Schutz vor KI
- US-Ukraine-Beziehungen Selenskyj lobt Sicherheitsgarantien aus den USA als „historisch“

Feuerziegen auf dem Weg zum Waldeinsatz
Copyright: Stadtverwaltung Mataró
Ein Beispiel ist das andalusische Dorf Benarrabá in der Provinz Málaga. Dort stehen inzwischen 50 Tiere als städtische Angestellte im Dienst. Ihre Aufgabe: Sträucher, Gras und dürres Unterholz zu vertilgen – das beste Mittel, damit sich ein Feuer im Ernstfall nicht rasend schnell ausbreitet.
Herden fressen trockene Pflanzen ab
„Sie sind wie Motorsensen, nur ohne Benzin und Lärm“, lobt der örtliche Bauernverband COAG. Jede Ziege frisst im Schnitt 2,5 Kilo trockenes Pflanzenmaterial pro Tag – und düngt mit ihren Hinterlassenschaften auch gleich den Boden.
Das sei ein Pionierprojekt, sagt Bürgermeister Silvestre Barroso. In seinem Dorf Benarrabá leben rund 2000 Menschen. „Wir sind die erste Gemeinde in Spanien, die über eine städtische Ziegenherde verfügt.“ Die Ortsverwaltung habe die Ziegen gekauft und sogar einen Hirten angestellt. Der Ziegeneinsatz sei ein öffentlicher Dienst wie die Müllabfuhr.
Der Hirte ist ein Einwanderer aus Afrika und heißt Mohammed. Er stammt aus der von Marokko besetzten Westsahara und wurde in einem EU-Kurs zum Hirten ausgebildet. Auf dem spanischen Arbeitsmarkt hatte sich niemand für die Stelle gefunden.
Die Kosten des Experiments trägt zum Teil Brüssel: Die Europäische Union subventioniert das Projekt, das zur Waldbrandprävention beiträgt, der Landflucht entgegensteuert und auch den Erhalt eines aussterbenden Berufs fördert.
Feuerziegen: EU fördert innovative Lösung
„Wir applaudieren“, sagt der Bauernverband. Man hoffe, dass möglichst vielen Gemeinden diese Idee als Anregung diene. Der Verband erinnert daran, dass die Präsenz von Vieh außerhalb eingezäunter Weiden jahrzehntelang untersagt war, weil Ziegen als „Waldzerstörer“ galten, da sie Triebe und Baumrinden abfressen. Inzwischen habe man jedoch erkannt, dass die Ziegenherden, wenn man sie kontrolliert in Wald und Flur einsetze, zur Landschaftspflege und damit zum Brandschutz beitragen.
In der Umgebung von Benarrabá wüteten in den letzten Jahren mehrere Großbrände. Verstärkt wurde die Feuergefahr durch das Sterben der Forst- und Landwirtschaft: Immer mehr Gehöfte werden aufgegeben, die Landschaft verwildert. Genau dort setzen die vierbeinigen Brandbekämpfer an.
Das Modell macht Schule. Auch in den Wäldern um Madrid und Barcelona, auf Teneriffa sowie im zentralspanischen Kastilien sind inzwischen wieder Herden im Einsatz. „Wir fördern die Ziegenhaltung zur Vermeidung von Waldbränden“, erklärt José Almodóvar vom Umweltministerium der Region Kastilien-La Mancha.
Besonders weit geht die nordostspanische Region Katalonien. Dort wurden die „Ramats de Foc“ – die Ziegenherden zur Feuerbekämpfung – sogar mit einem Gütesiegel ausgezeichnet.
Käse, der aus der Milch dieser Tiere gemacht wird, trägt das Etikett „Ramats de Foc“.Das hilft bei der Vermarktung: „Wer unseren Käse kauft, rettet nebenbei die Wälder“, werben die Hirten. „Das Ziel des Gütesiegels ist, die positive Leistung der Feuerziegen für die Konsumenten sichtbar zu machen.”
Lieber Ziegengemecker als Mähmaschinen-Lärm
Auch das Rathaus der katalanischen Stadt Mataró nahe Barcelona lobt den Einsatz der tierischen Helfer, die die landschaftliche Umgebung des Ortes sauberhalten. Mataró hat keine eigene Ziegenherde gekauft, sondern arbeitet mit Viehbetrieben zusammen, die gegen Entgelt die gehörnten Brandbekämpfer zur Verfügung stellen.
„Das Projekt ist ein voller Erfolg“, sagt Landwirtschaftsdezernent José Antonio Ricis. „Die Beweidung verbessert die Bodenqualität, fördert die Regeneration der Vegetation und steigert die Biodiversität“, heißt es in einer Mitteilung des Rathauses von Mataró. „Durch das Freihalten des Unterholzes reduziert die Herde die Brandgefahr, verringert die Ausbreitungsgeschwindigkeit möglicher Flammen und trägt zur Sicherheit des Waldes bei.”Lieber Ziegengemecker als Mähmaschinen-LärmWährend das Meckern im Rathaus eher unerwünscht ist, gilt es bei den vierbeinigen Mitarbeitern als gutes Zeichen. „Wenn Ziegen meckern, heißt das, dass es ihnen gut geht und sie glücklich sind”, lautet eine alte Hirtenweisheit. Sie meckern, weil sie einfach tun, was sie am meisten lieben: fressen.
Und die Nachbarn Matarós? Geht denen die Meckerei vor ihrer Haustür nicht auf die Nerven? Ganz im Gegenteil: Sie sind begeistert. „Es ist schöner, Ziegen zu sehen”, sagte eine Anwohnerin, „als lärmende Mähmaschinen zu hören.“