Tarifstreit geht weiterBundesweiter Warnstreik bei der Bahn – Flugausfälle am Airport Köln/Bonn

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Eine Reisende sucht im Kölner Hauptbahnhof nach einer Möglichkeit, zum Flughafen Düsseldorf zu kommen.

Eine Reisende sucht im Kölner Hauptbahnhof nach einer Möglichkeit, zum Flughafen Düsseldorf zu kommen.

Seit Februar verhandelt die EVG mit der Bahnbranche über neue Tarifverträge, Ergebnisse sind bisher nicht in Sicht. Es wird gestreikt.

Der Bahnstreik hat am Freitagmorgen in Nordrhein-Westfalen den Verkehr auf der Schiene lahmgelegt, Gedränge an den Bahnhöfen oder lange Staus blieben aber aus. „Offenbar haben sich viele schon darauf eingestellt“, sagte ein Sprecher des ADAC in NRW mit Blick auf die rund 40 Kilometer Stau, die es am Freitagmorgen landesweit auf Autobahnen gab - ein für die Zeit gewöhnlicher Wert. Auch an den Bahnhöfen sei es sehr ruhig, sagte ein Sprecher der Bahn in NRW. „Momentan fahren keine Züge in NRW“, sagte er weiter.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte im Tarifstreit zu einem bundesweiten Warnstreik im Fern- und Regionalverkehr aufgerufen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter legten vom frühen Freitagmorgen an ihre Arbeit nieder. Laut dem Bahnsprecher fahren auf einzelnen Linien Ersatzbusse. Über diese könne man sich auf dem Onlineportal Zuginfo.NRW informieren. Seit 3.00 Uhr sind Beschäftigte von rund 50 Bahnunternehmen im Arbeitskampf, wie ein EVG-Sprecher in den frühen Morgenstunden bestätigte. „Die Schichten, die jetzt laufen, gehen jetzt in die Streikphase“, hieß es am Freitagmorgen

Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft streikt – auch Flughafen bestreikt

Parallel bestreikt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi weiter die Flughäfen Hamburg, Köln/Bonn und Düsseldorf – und ab heute zusätzlich die Airports in Stuttgart und Karlsruhe/Baden-Baden.

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Der Warnstreik ist im Regionalverkehr bis 11 Uhr angekündigt. Danach, so der Sprecher, solle nach und nach zunächst der Betrieb des Nahverkehrs wieder anlaufen. Der Fernverkehr bleibt dagegen bis 13 Uhr eingestellt. Beim Fernverkehr gehe er von Beeinträchtigungen bis in den Abend hinein aus, sagte der Bahnsprecher. Es handelt sich um den zweiten bundesweiten Warnstreik im Schienenverkehr in der laufenden Tarifrunde.

Viele Flugausfälle am Airport Köln/Bonn

Der Bahnstreik fällt mit dem Verdi-Warnstreik des Sicherheitspersonals an vielen Flughäfen zusammen, der bereits am Donnerstag begonnen hatte. Am Freitag fielen an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn erneut viele Flüge aus. Am Airport Köln/Bonn etwa sollen laut einem Sprecher 170 der ursprünglich geplanten 211 Flüge ausfallen. Passagiere waren vorab informiert. Am Flughafen Köln/Bonn war es am Freitagmorgen in den Terminals ziemlich leer, wie der Sprecher berichtete.

Den Reisenden wird empfohlen, sich rechtzeitig bei ihrer Fluggesellschaft oder ihrem Reiseveranstalter zu informieren und gegebenenfalls umzuplanen. Der Düsseldorfer Flughafen appelliert zudem an die Passagiere, das Handgepäck auf ein Minimum zu reduzieren und die Kontrollen dadurch zu beschleunigen. Die Gewerkschaft Verdi will mit dem Warnstreik der Beschäftigten privater Sicherheitsunternehmen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, die Zuschläge für Nacht- und Sonntagsdienste möglichst bald anzuheben.

Die Verhandlungen für neue Tarifverträge laufen seit Ende Februar. Die EVG verhandelt dabei für 230.000 Beschäftigte, 180.000 davon arbeiten bei der Deutschen Bahn. Die Gespräche mit dem bundeseigenen Konzern kamen allerdings von Beginn an nicht in Schwung: Der erste Termin endete nach nur zwei Stunden, auch beim zweiten Treffen wurden dem Vernehmen nach lediglich die jeweiligen Standpunkte ausgetauscht.

EVG: „Druck auf die Arbeitgeber erhöhen“

Die Gewerkschaft will für die Beschäftigten ein Lohnplus von mindestens 650 Euro erreichen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, das alles bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von zwölf Monaten. Die bundeseigene Bahn zeigte sich zuletzt offen, den jüngsten Schlichterspruch im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes als Orientierung für eine bahnspezifische Lösung zu übernehmen.

Der Schlichterspruch sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Über den Vorschlag wollen die Gewerkschaften mit Bund und Kommunen am kommenden Wochenende verhandeln.

Wir müssen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, die glauben, die Forderungen ihrer Beschäftigten ignorieren zu können und stattdessen Tarifverhandlungen nach Gutsherrenart führen wollen.
EVG-Tarifvorstände Cosima Ingenschay und Kristian Loroch

Die EVG lehnt es strikt ab, den Schlichterspruch als weitere Verhandlungsgrundlage zu übernehmen. „Wir müssen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, die glauben, die Forderungen ihrer Beschäftigten ignorieren zu können und stattdessen Tarifverhandlungen nach Gutsherrenart führen wollen. Das ist nicht akzeptabel“, sagten die beiden EVG-Tarifvorstände Cosima Ingenschay und Kristian Loroch zur Begründung des neuerlichen Warnstreiks.

DB-Personaler: „EVG hat Maß und Mitte komplett verloren“

DB-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete den Warnstreik dagegen als überzogen und unnütz. „Am Freitag, dem reisestärksten Tag der Woche, trifft er viele Pendler:innen besonders hart. Die EVG hat Maß und Mitte komplett verloren und setzt nur auf Krawall“, sagte der Manager. Die nächste Verhandlungsrunde zwischen EVG und DB ist für kommenden Dienstag in Fulda angesetzt.

Das Unternehmen Transdev versuchte am Donnerstag noch, den Warnstreik per einstweiliger Verfügung zu stoppen. Das Arbeitsgericht in Frankfurt wies die Anträge allerdings am Donnerstagnachmittag nach Angaben eines Sprechers zurück.

Die Gewerkschaft verhandelt seit geraumer Zeit mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen über Zuschläge für Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie Regelungen zur Entlohnung von Überstunden für die Sicherheits- und Servicekräfte. (dpa)

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