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Kommentar

Merz-Regierungserklärung
Europäer brauchen Amerikas Hilfe

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2 min
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verfolgt im Bundestag die Debatte nach der Regierungserklärung zum EU-Gipfel.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verfolgt im Bundestag die Debatte nach der Regierungserklärung zum EU-Gipfel.

Merz äußerte in seiner Rede Misstrauen gegenüber Trump, betonte aber die Notwendigkeit amerikanischer Unterstützung in der Ukraine.

Gegen Ende seiner Rede, in der es um sehr viele sehr ernste Dinge ging, gönnt sich Friedrich Merz noch einen Gag. Er spricht am Donnerstag in seiner Regierungserklärung gerade über den Einfluss Europas in der Welt, den es zu stärken gelte, als er auf einmal ein paar Worte aus der offiziellen Begründung für den Friedensnobelpreis des Jahres 2012 vorliest: Damals hatte ja die Europäische Union genau die Auszeichnung erhalten, die sich heute der amerikanische Präsident so sehnlich wünscht.

Eine kleine Prahlerei auf Kosten des Chef-Prahlers Donald Trump also: Schön, dass der Kanzler seinen Humor noch nicht verloren hat. Die tiefere Wahrheit, die hinter dem Seitenhieb liegt, ist allerdings weniger heiter: In seiner Regierungserklärung zur europäischen Außenpolitik deutet der Kanzler nämlich nicht nur an dieser Stelle an, dass sein Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten weiterhin von Misstrauen geprägt ist, vor allem mit Blick auf die Ukraine. Und das ist eine schlechte Nachricht.

Geht in der Ukraine plötzlich alles ganz schnell?

Denn man könnte nach Trumps Gaza-Deal ja durchaus auf den Gedanken kommen, mit derselben überfallartigen Entschlossenheit der amerikanischen Regierung ließen sich nun womöglich auch in der Ukraine die Dinge ins Rollen bringen.

Geht jetzt plötzlich alles ganz schnell, wie in Gaza plötzlich alles ganz schnell ging? Nun, Friedrich Merz zumindest scheint es nicht so zu sehen. Sonst hätte er sich kaum an dem Kunststück versucht, ausführlich über die weiterhin notwendige Unterstützung der Ukraine zu sprechen, ohne Amerika auch nur zu erwähnen. Europa müsse Putin zum Einlenken bringen, sagte er nur, wohl wissend, dass die Europäer ohne Amerikas Hilfe ja viel zu schwach für derartige Wenden sind: Das ist es ja gerade, was der Gaza-Deal noch einmal vor Augen geführt hat.

Diese Unschärfe ist umso auffälliger, als Merz zu Beginn seiner Rede Trump für sein Engagement in Nahost sogar ausdrücklich dankte. Hier spricht kein Trump-Basher. Sondern ein Verzweifelnder.

Ob Trump bereit ist, auch im Ukraine-Krieg nun wirklich sein gesamtes politisches Gewicht einzusetzen, hält Merz jedenfalls weiterhin für offen – verständlich genug nach dem amerikanischen Zickzackkurs in dieser Frage. So lange das so ist, so lange sich also die westlichen Verbündeten selbst nicht über den Weg trauen können, bleibt ein Frieden in der Ukraine in weiter Ferne.