Karneval in KölnEishockey und Jagd - so tickt das neue Dreigestirn

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Vor der Ulrepforte, dem Quartier der Roten Funken, versammelt sich das designierte Kölner Dreigestirn mit Familie.

Das Dreigestirn mit Familie: Jungfrau Agrippina (André Fahnenbruck) und Frau Katrin (v.l.), Prinz Boris Müller mit Frau Silke und Bauer Marco Schneefeld mit Ehefrau Nicole und den Töchtern Lea und Josefine.

Am Elften im Elften stehen für das designierte Dreigestirn der Roten Funken die ersten öffentlichen Auftritte an. Sie werden Prinz, Bauer und Jungfrau verkörpern. Doch wer und wie sind sie im Privatleben? Ein Besuch.

Es muss ein leicht romantischer Enthusiasmus in der Stimme von Boris Müller geklungen haben, als der frisch vereidigte Jungfunk mit Mitte 20 in der Hofburg stand und erzählte, was es ihm bedeutet, ein Roter Funk zu sein. Von Werten und Tradition schwärmte er, davon, wie er den alten Funken „an den Lippen hängt, wenn sie von der Nachkriegszeit berichten“. Die Frau, der ihr das alles erzählte, hieß Silke. „Es hat voller Stolz erzählt, das ist mir in Erinnerung geblieben“, sagt sie. Heute haben beide den gleichen Nachnamen – auch wenn es damals noch elf Jahre bis zur ersten Verabredung gedauert hatte.

Ich habe auch auf der Zülpicher Straße gefeiert. Aber irgendwie stand bei uns mehr Karneval im Vordergrund und nicht die Druckbetankung.
Jungfrau Agrippina

Nun hat Boris Müller (46) wieder viele Gründe, sehr stolz von seinem karnevalistischen Leben zu berichten. Denn in der kommenden Session wird seine Kopfbedeckung mit Fasanenfedern geschmückt sein, auf der Brust wird er das Stadtwappen tragen, so wie es üblich ist beim Ornat von Prinz Karneval. Zum Jubiläum des Kölner Karnevals stellen die Roten Funken das Trifolium – auch das älteste Traditionskorps wird 200 Jahre alt. „Drei Fründe für 86 Veedel“ lautet der Leitspruch von Prinz Boris I., Bauer Marco Schneefeld (48) und Jungfrau Agrippina (André Fahnenbruck/43). „Wir wollen den Karneval in die Veedel bringen und die Menschen abholen, wo sie leben“, sagt Müller.

Nach zwei Karnevalsjahren, die durch die Coronapanemie und den Kriegsausbruch in der Ukraine dominiert wurden, hat dieses Dreigestirn nun die Aussicht auf eine Rückkehr in die Sitzungssäle und auf die Straßen – einschließlich Rosenmontagszug. Das Jubiläum hat das Festkomitee unter das Motto „200 Jahre Kölner Karneval: Ov krüzz oder quer“ gestellt.

Marco Schneefeld darf nun endlich das Ornat tragen, das er immer haben wollte. Als Kind war er schon Prinz im Kinderdreigestirn, im gleichen Jahr (1984) warf sein Vater als Jungfrau Theodora Kusshände ins Narrenvolk. „Als Kind war ich immer gerne Ritter. Aber Bauer war für mich schon immer das Größte“, schwärmt der Dachdeckermeister mit eigener Firma.

Bauer Marco stand auf dem Kilimadscharo und wollte Eishockeyspieler werden

Den Blick von oben herab mag er ohnehin gerne, er hat schon auf dem Kilimandscharo gestanden, dem höchsten Berg Afrikas. Die Alpen hat er überquert und Klettersteige bewältigt. Ohrring, Zopf, Jeans – Marco Schneefeld ist trotz der vielen Höhenluft ein bodenständiger Typ. Und er ist froh, noch im Besitz aller Zähne zu sein. Denn sein Hobby ist Eishockey. „Als Zwölfjähriger habe ich mich bei den Kölner Haien beworben. Ich wollte Eishockeyspieler werden“, erzählt er. Doch die Haie wollten ihn nicht – zumindest nicht auf dem Eis. Jetzt hat er eine Dauerkarte. Mit Frau Nicole und den beiden Töchtern Lea (23) und Josefine (15) lebt er in Bilderstöckchen. Hin und wieder spielt Schneefeld jetzt mit Freunden Eishockey.

Jungfrau Agrippina hat ein Jagdrevier im Westerwald

Jungfrau Agrippina kann sich ganz gut selbst verteidigen. Denn André Fahnenbruck besitzt einen Waffenschein. Als Jäger ist er für 500 Hektar Westerwald verantwortlich. Er läuft allerdings nicht immer mit Flinte durchs Grün. „Vor der Ernte holen wir Rehkitze aus den Feldern“, erzählt er. Doch natürlich schießt er auch mal Wildschweine, wenn die Population zu groß wird. Die Schießfertigkeit wird man ihm nicht ansehen, wenn er demnächst mit blonden Zöpfen und Rouge auf den Wangen über die Bühnen tanzt.

Als Jungfrau will Fahnenbruck nicht den gleichen Fehler begehen wie sein Vater Hans Willy. Nachdem er 1998 als Jungfrau Hanni Teil des Dreigestirns war, hatte er sich eine Schaufensterpuppe zugelegt, die fortan das abgelegte Jungfrauen-Ornat tragen sollte. „Die Puppe steht immer noch nackt im Keller“, weiß André Fahnenbruck. Er selbst tendiert zu einer Glasvitrine, hinter der das Ornat der Jungfrau nach der Session bewundert werden soll. Wenn es die Zeit zulässt, fährt er gerne Wasserski. Und seinen historischen Jaguar C-Type, einen zweisitzigen Rennwagen. Neben ihm sitzt dann seine Frau Katrin, beide haben sich am letzten Spieltag der Bundesligasaison 2014/15 in einer Loge des Kölner Stadions kennengelernt.

Obwohl die drei Herren schon früh den organisierten Karneval kennengelernt haben – Bauer und Jungfrau sind schon als Kamellejung bei den Funken im Rosenmontagszug mitgegangen – haben sie auch in der Südstadt und auf der Zülpicher Straße gefeiert. „Aber irgendwie stand bei uns mehr Karneval im Vordergrund und nicht die Druckbetankung“, sagt die designierte Jungfrau.

Die Roten Funken wollen nun kommendes Jahr den Karneval ins Univiertel bringen. Mit Uniformen, Tradition und Werten.

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