Chinesisch, Thai oder Vietnamesisch– nicht immer ist die Küchenrichtung der neuen Generation von Asia-Restaurants leicht zu erkennen. Unser Autor Johannes J. Arens erklärt, wie es dazu kam.
70 Jahre Asia-Küche in KölnVom exklusiven China-Restaurant zum Street-Food-Boom

„Das Beste aus beiden Welten“: Im Tomoki in Mülheim gibt es eine vietnamesisch-japanische Küche.
Copyright: Costa Belibasakis
Am Anfang war alles chinesisch. 1954 eröffnete mit dem „Tchang“ in der Großen Sandkaul eines der ersten chinesischen Restaurants der Stadt und über die Jahre trat das China-Restaurant auch in Köln seinen Siegeszug an. Es gibt verschiedene Gründe für seinen Erfolg. Die Geschmacksrichtung süß-sauer, Zutaten wie Bambussprossen oder Bezeichnungen wie „Acht Köstlichkeiten“ schufen ein neues kulinarisches Erlebnis, ergänzt von Kulissen aus lackiertem Holz, Buddha-Figuren und einem obligatorischen Aquarium. Die ersten Restaurants hatten dabei wenig gemeinsam mit den All You Can Eat-Buffets der Gegenwart. Im Gegenteil, im „Tchang“ etwa trugen die Kellner schwarze Anzüge und die Getränke wurden auf silbernen Untersetzern serviert. Die vielfältigen gastronomischen Traditionen eines riesigen Landes aber wurden im Laufe der Zeit in einen Kanon gepackt. Das Ergebnis war für den deutschen Gaumen kompatibel, Hühnerspieße mit Erdnusssoße, knusprige Ente und gebackene Banane entsprachen den hiesigen Vorstellungen vom Reich der Mitte. Weil so viele Gerichte auf den Karten zu finden waren, bestellten die Gäste gerne per Nummer und irgendwann auch zum Mitnehmen. Das China-Restaurant wurde von der exklusiven Angelegenheit zu einem Massenphänomen. Über Jahrzehnte blieb „chinesisch“ der Inbegriff von exotischem Essen.
Thailändische Restaurants kamen in den 1990er Jahren
In den 1990er Jahren tauchten dann vermehrt thailändische Restaurants auf. Auch sie zunächst noch eher im gediegenen Setting, mit in den Gastraum gebauten Hütten aus geflochtenen Wänden, mit kunstvoll gefalteten Servietten und üppigen Orchideenbouquets. Eine Rolle bei ihrer zunehmenden Beliebtheit mag der einsetzende Massentourismus nach Thailand gespielt haben. Mit der touristischen Erschließung des Lands abseits von Geschäfts- und Sexreisen kamen auch Erzählungen von Pad Thai (gebratene Nudeln), Tom Kha Gai (Kokossuppe mit Huhn) und Salat aus grünen Papaya nach Deutschland. Auch hier kann man von einer Erfolgsgeschichte sprechen – thailändisches Essen wurde rasch zu einem Synonym für schnelles, gesundes, bezahlbares und vor allem standardisiertes Essen. Das ist es bis heute geblieben, irgendwo zwischen der opulenten Inszenierung des „Buriram“ in der Schaafenstraße und dem geschäftigen „Thai Streetfood“ auf der Venloer.
Asiatisches Street Food hat seinen festen Platz in Köln
Aber der Tourismus brachte nicht nur Eindrücke nach Deutschland, sondern vor allem Massen von Besuchern und Besucherinnen nach Thailand. In Vietnam, auf der anderen Seite der indochinesischen Halbinsel blieb es noch länger vergleichsweise ruhig und die Sozialistische Republik wurde zum neuen Backpackerparadies. Im Verlaufe der 2000er sollte sich die Zahl der deutschen Touristen und Touristinnen in Vietnam verdreifachen.
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Der Joch im Tomoki in Aktion
Copyright: Costa Belibasakis
Zuhause findet derweil das deutschlandweit erste Streetfood-Festival statt – in Köln-Ehrenfeld. „Nach einer Asienreise im Sommer 2014 und der Inspiration durch die dortige Street-Food-Szene war schnell das Bedürfnis geweckt, die Vielfalt der Street Food Küche nach Deutschland zu bringen“, heißt es auf der Homepage der Veranstalter rund um IG-Gastro-Vorstandsmitglied Till Riekenbrauk. Die vietnamesische Küche mit handlichen Gerichten wie Sommerrollen, Bánh mì-Sandwiches oder gedämpften Bánh bao, die großzügig verwendeten frischen Kräuter und die spannende Kombination aus süß, sauer und salzig passten perfekt in den Zeitgeist. Weg von großen Portionen und schweren Speisen, hin zu kleinen Gerichten, die man zwischendurch mit der Hand essen kann.

Im Fusion-Restaurant „Mandala“ auf der Dürener Straße gibt es ein buntes Potpourri der asiatischen Küche.
Copyright: Thomas Banneyer
Wem die entsprechenden Festivals zu voll waren und wer sich lieber an einen richtigen Tisch setzte, konnte das bald auch bequem im regulären Restaurant tun. Denn die Betreiber und Betreiberinnen griffen die Faszination mit den Märkten und Straßen ihrer Heimatländer auf und dekorierten ihre Läden konsequent zu kleinen Museumslandschaften nebst bunten Lampions, Wandzeitungen und herunterhängenden Telefonkabeln. Vietnamesisch war der neue Trend und es gab ganz offensichtlich ausreichend Gastronomen und Gastronominnen, um den Bedarf zu bedienen.
Inzwischen lassen sich die einzelnen Landesküchen nicht immer mehr trennscharf auseinanderhalten. Das „Asia-Restaurant“ der Gegenwart kombiniert oftmals Gerichte aus ganz unterschiedlichen Regionen - vietnamesische Phở, thailändische Currys und japanisch inspiriertes Sushi. Die Ursprünge liegen geografisch und kulturell weit auseinander, Japan gar in einem anderen Teil des Kontinents. Aber auch die beiden südostasiatischen Küchen, wenn man sie in ihrer Vielfalt überhaupt zusammenfassen kann, unterscheiden sich trotz gelegentlicher Überschneidungen. Während in Thailand die Kokosmilch zentrales Element der Currys ist, besteht die Grundlage der Pho aus lang gezogener Brühe. Hier setzt man auf Zitronengras und Galgant, dort auf Sternanis und Zimt. Vom fröhlichen (Thailand) oder dezenten (Vietnam) Einsatz von Chili einmal ganz zu schweigen. All das, so scheint es, geht aber gut zusammen und immer mehr Karten asiatischer Restaurants bieten ein buntes Potpourri, das mit Standards wie „Buddha Bowl“ oder „Pagoda Dream“ austauschbar geworden ist und mit den authentischen Ursprüngen nur noch wenig zu tun hat.
Kleine Läden, mit speziellem regionalem Angebot
Aber wie immer gibt es auch einen Gegentrend – denn die Avantgarde mag sich nun mal gerne von der Masse absetzen. In den letzten Jahren sind es zumeist kleine Läden mit einem ganz speziellen regionalen Angebot, die bei dieser Klientel punkten können. Manchmal funktioniert das hervorragend, mitunter aber auch nicht. Das „Ramasura“ in der Martinstraße, spezialisiert auf authentische thailändische Suppen, strich nach einem knappen Jahr die Segel. Vor dem „Han Tengri“, dem Nachfolger, sind seit der Eröffnung lange Schlangen zu beobachten.
Und das klassische China-Restaurant? Das hat sich gut gehalten, ein wenig abseits des ganzen Trubels. Läden wie das „Tang Wang“ am Breslauer Platz oder „The Great Wall“ in der Komödienstraße können auf eine andere, sehr beständige und zunehmende Kundschaft zählen, nämlich die der chinesischen Reisegruppen.
