„Wir befinden uns noch in der Umsetzung.“Testlauf mit langen Stadtbahnen am Neumarkt aufgeschoben

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Eine Straßenbahn fährt eine leichte Kurve auf den Neumarkt zu. Fußgänger gehen über eine Straße.

An der Überfahrt von der Cäcilienstraße auf den Neumarkt scheiden sich die Geister. Was passiert dort, kreuzen erst einmal Langbahnen?

Im Januar 2024 soll im dritten Anlauf über den versuchsweisen Einsatz von 90 Meter langen Stadtbahnen auf einem Abschnitt der Linie 1 debattiert werden.

Die Entscheidung zieht sich hin, ob die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) den Einsatz von Langzügen am Neumarkt testen wird. Nachdem ein entsprechender Antrag der CDU in der Novembersitzung des Verkehrsausschusses geschoben werden musste, weil vor allem die SPD noch eine Reihe von Fragen zu dem Testlauf hatte, wurde der Antrag nun in einer Sondersitzung des Gremiums am Dienstagabend erneut geschoben. Nun soll am 23. Januar 2024 im dritten Anlauf über den versuchsweisen Einsatz von 90 Meter langen Stadtbahnen auf einem Abschnitt der Linie 1 debattiert werden.

Die Frage nach der Ost-West-Achse

Hinter dem Testlauf verbirgt sich nicht weniger als die Frage, sollen künftig 90 Meter lange Stadtbahnen auf der Ost-West-Achse im Abschnitt zwischen Heumarkt und Aachener Straße in einem Tunnel fahren oder oberirdisch geführt werden? Eines der größten ÖPNV-Projekte in Köln seit dem Bau der Nord-Süd Stadtbahn. Und einer der größten verkehrspolitischen Zankäpfel im Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt.

Beim Antrag der CDU zu dem Testlauf geht es darum, ob die langen Züge beim Queren der Cäcilienstraße östlich des Neumarktes den Verkehr lahmlegen werden. Das ist zumindest das Argument der Tunnbefürworter aus CDU und KVB. Wenn die Langbahnen im Fünf-Minuten-Takt den Punkt kreuzen, an dem Autofahrer und Fußgänger den Neumarkt umrunden, werde nichts mehr gehen. Der Testlauf sollte diesen neuralgischen Punkt in den Blick nehmen, bevor im kommenden Jahr die Verwaltung den Varianten-Beschluss zur Ost-West-Achse vorlegt. Also die Vorlage, bei der er es darum gehen wird, über den Bau eines Tunnels auf dem Teilabschnitt oder den Ausbau einer oberirdischen Lösung zu entscheiden.

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Eine Frage, die das Ratsbündnis trennt wie ein zerissenes Tischtuch. Die Grünen lehnen den Tunnel rundweg ab, die CDU will ihn unbedingt.

Dass diese Grundsatzentscheidung bis an das Fundament des Bündnisses herabreicht, zeigt sich eben schon anhand des CDU-Antrags zum Testlauf. Die Grünen zeichneten ihn nicht mit. Sie forderten, dann müsste auch mit 20 Meter hohen Gerüsttürmen am Neumarkt dargestellt werden, wie tief der Tunnel im Erdreich zu liegen komme. Römische Artefakte, ausgestellt an der Haltestelle Neumarkt (Hugo-Passage), sollten versinnbildlichen, was bei den Arbeiten untertage alles gefunden werde. Stadtbahnlinien müssten unterbrochen werden, um die Situation in der Tunnelbauphase zu spiegeln.

Da die Differenzen über den Umgang mit der Ost-West-Achse bereits im Bündnispapier festgeschrieben sind, war die Absage der Grünen an den CDU-Antrag allerdings kein politischer Querschläger. Die CDU hielt Ausschau nach neuen Verbündeten für den Testlauf. Einer fand sich in der SPD. Die Sozialdemokraten zeigten Bereitschaft, den Antrag mitzutragen. Das hätte die nötige Mehrheit garantiert. Hinter den Kulissen hatte die Union vor der Novembersitzung des Verkehrsausschusses schon das Okay von den Genossen in die Hand versprochen bekommen. Doch die SPD bog kurz vor der Zielgraden links ab.

Es heißt, die Parteispitze hat die Zustimmenden zurückgepfiffen. Statt des Okays artikulierte die SPD daraufhin Fragen, unter anderem zu der Aussagekraft des Testlaufs bei jetziger Gleisführung und zu seinen Kosten. Diese Fragen sollte die KVB eigentlich zur Sondersitzung am Dienstag beantworten. Doch der Verkehrsbetrieb konnte nicht pünktlich liefern. Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks sagte auf Nachfrage der verkehrspolitischen Sprecherin der CDU, Teresa De Bellis, wie es denn um die Antworten stünde: „Wir befinden uns noch in der Umsetzung.“

Testlauf mit großem Aufwand

Und diese Umsetzung scheint zunehmend ein Format anzunehmen, das auch einem Tunnelbau gleich kommen könnte: „Wir erarbeiten einen Fahrplan. Dann brauchen wir noch einen Signalplan. Beides müssen wir der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorlegen. Auch der Stadtverwaltung muss das Konzept vorgelegt werden. Schließlich müssen wir auch noch eine Kalkulation durchführen, denn das war ja eine der wesentlichen Fragen“, führte KVB-Chefin Haaks aus. Bis zum kommenden Jahr sei das aber durchaus machbar.

„Also schieben wir den Antrag in die nächste Sitzung“, fragte Ausschussvorsitzender Lino Hammer (Grüne) vorsichtig in Richtung der CDU. „Wir halten an dem Antrag fest“, antwortete De Bellis fast schon trotzig.

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