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DenkmalschutzTage des Gaskugelbehälters in Köln-Ehrenfeld scheinen gezählt

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Gaskugel in Ehrenfeld

Die Gaskugel in Ehrenfeld 

Köln – „Abriss geplant oder sogar schon vollzogen“, steht in roter Schrift und fetten Buchstaben unter dem Gaskugelbehälter Ehrenfeld. Es ist eine Liste mit 66 solcher Gaskugelbehälter in Deutschland, die der Verein Gaswerksfreunde aus Augsburg im Internet veröffentlicht hat. Können die Mitglieder des Vereins in die Zukunft schauen? Wohl kaum. Die Diskussion um die 950-Tonnen-Stahlkugel ist durch die Entwicklung des Max-Becker-Areals noch in vollem Gange. Von geplantem Abriss ist selbst bei der Rheinenergie, auf deren Grundstück sie steht, laut der Pressestelle noch keine Rede. Dennoch scheinen die Tage der Kugel gezählt. Ganz im Gegenteil zum „Zwillings-Gasbehälter“ am Mülheimer Ring in Buchheim, der unter Denkmalschutz gestellt werden soll.

Stahlkugeln puffern das Gasnetz

Riesige Kugeln aus Stahl, gefüllt mit Gas – darum geht es. In Köln gab es einige davon. Die meisten wurden in den 1950er-Jahren gebaut. Ihre Funktion: Puffer für das Gasnetz. Sie gleichen sogenannte Lastspitzen im Verbrauch aus, sie lagern also Gas. Die Kugelform soll einen größeren Druckwiderstand haben als siloförmige Gasspeicher. Mit den modernen Gasspeichern, deren Füllstände seit Beginn der Energiekrise immer wieder Thema sind, haben sie nichts zu tun. Die beiden Kugeln in Buchheim, Ecke Mülheimer Ring/Piccoloministraße, sind tatsächlich noch für die Rheinenergie im Einsatz, deswegen sind dort auch noch die zusätzlichen Funktionsgebäude vorhanden.

Stillgelegter Behälter in Ehrenfeld

Ein weiterer Behälter steht auf dem Areal des Schrottverwerters Max Becker in Ehrenfeld, am Maarweg. Ihn betrachten viele als industrielles Denkmal, unter anderem der Bürgerverein Ehrenfeld und auch einige Kölner Kommunalpolitiker. Immerhin ist die Kugel mit einem Durchmesser von 33,75 Metern im Jahr 1954 als erster seiner Art mit Schweißtechnik zusammengebaut worden. „Köln vollbrachte in dieser Beziehung eine Art Pioniertat, indem es den bisher größten Kugelgasbehälter der Welt baute“, schrieb die Kölnische Rundschau am 13. November 1954. Doch heutzutage steht er dort isoliert, von seiner eigentlichen Funktion gibt es drumherum keine Zeugnisse mehr.

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Galileum Solingen belebt stillgelegte Gaskugel

26 Kilometer von Köln entfernt dient ein früherer Gaskugelbehälter der Stadtwerke Solingen heute als Planetarium. Im „Galileum“ erstrahlt dank modernster Technik ein Nachthimmel mit 8500 leuchtenden Sternen in der Kuppel. 84 Zuschauerplätze ermöglichen den Blick in die Kuppel mit zwölf Meter Durchmesser. „Das Planetarium versetzt den Betrachter an jeden Ort der Erde, zu jedem beliebigen Zeitpunkt“, heißt es auf der Webseite. So soll es möglich sein, sich den Himmel minutengenau zur eigenen Geburt anzuschauen. Damit lockte das Planetarium in seinem ersten Jahr 25 522 Besucher an.

Laut Galileum entstand die Idee, den stillgelegten Kugelgasbehälter zu nutzen, im Jahr 2010. Hinzu kam ein Neubau für die Sternwarte der Walter-Horn-Gesellschaft. Es gab einen Architekturwettbewerb. Das erstaunliche: Für die Umgestaltung seien mehr als 170 Bewerbungen aus ganz Europa eingegangen. (rom)

Denkmalschutz ist Sache der Kommune

Und genau das ist der Knackpunkt beim Denkmalschutz, sagt zumindest die Stadt Köln: „Die Mülheimer Anlage stellt dementsprechend mit der gleichen Konstruktion, Ausführungstechnik und ihrem Gesamterhalt ein Zeitdokument für eine Produktionsstätte der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg anschaulich dar.“ Somit will das Amt für Denkmalschutz die Mülheimer Gasbehälter unter Denkmalschutz stellen, nicht aber den in Ehrenfeld. Und das, obwohl der Landschaftsverband Rheinland (LVR) den Behälter bereits im März dieses Jahres für denkmalwürdig erklärt hat. Doch nur weil der LVR ihn als Denkmal einstuft, hat er noch keinen Denkmalschutz. Die Entscheidungsgewalt liegt bei der Kommune, so will es das Landschaftsschutzgesetz von Nordrhein-Westfalen. Das städtische Amt als Untere Denkmalschutzbehörde hat also das letzte Wort. Für einen Ministerentscheid von Landesministerin Ina Scharrenbach seien die Fristen bereits abgelaufen.

Ohne Denkmalschutz wohl Abriss

Die „Zwillingsbehälter“ in Buchheim bleiben also. Den Verbleib des anderen kommentiert die Stadt so: „Der Erhalt des Ehrenfelder Behälters ist eine gesellschaftliche und politische Frage.“ Damit lässt die Stadt offen, ob die Politik noch Einfluss auf den Erhalt nehmen kann. Viele dieser riesigen Stahlkugeln wurden in Deutschland bereits abgebaut, so auch zwei in Köln – am Vingster Ring und an der Bunsenstraße in Porz-Eil. Nicht weit weg von Köln, in Solingen, hat ein ehemaliger Gaspuffer neues Leben eingehaucht bekommen (siehe Infotext). Doch die Zukunft des Ehrenfelder Gaskugelbehälters sieht weniger rosig aus. Das Max-Becker-Areal soll, wie berichtet, als großes Stadtentwicklungsprojekt in ein urbanes Stadtquartier umgewandelt werden. Da scheint kaum Platz für ein Relikt aus der Wiederaufbau-Zeit zu sein. Laut Rundschau-Informationen sehen die Verantwortlichen der Rheinenergie keine Zukunft für den Behälter, der weg soll, um das Grundstück profitabel für das künftige Max-Becker-Areal zu verkaufen. Möglicherweise konnten die Gaswerksfreunde aus Augsburg doch in die berühmte Glaskugel schauen.

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