Seit 10. November leitet Dirk Käsbach (53) das Kölner Ordnungsamt mit knapp 1200 Beschäftigten. Im Interview spricht er über Sicherheit bei Großveranstaltungen und weitere Herausforderungen.
Kölns neuer Ordnungsamtschef„Wir werden mehr Personal brauchen“

Köln neuer Ordnungsamtsleiter Dirk Käsbach betont, seine Behörde solle für die Menschen da sein. Dazu gehöre auch, Regeln durch zusetzen.
Copyright: Thomas Banneyer
Warum wollten Sie die Leitung des Kölner Ordnungsamts übernehmen?
Es ist eine tolle Aufgabe in einer tollen Stadt. Köln ist die viertgrößte Stadt Deutschlands und super lebendig. Hier mittendrin im Geschehen zu sein und mitgestalten zu können, ist eine besondere und für mich absolut herausragende Aufgabe. Ich bin sehr froh, dass man mir das Vertrauen ausgesprochen hat.
In Wipperfürth, wo Sie auch mal Chef des Ordnungsamts waren, war der Job anders, oder?
Alles zum Thema Elfter Elfter
- Kölns neuer Ordnungsamtschef „Wir werden mehr Personal brauchen“
- Feiern ohne Auswüchse Wie Südstadt und Chlodwigplatz während Karneval attraktiv bleiben sollen
- Auszeichnung der Kölnischen Rundschau Ehrenamtspreis „Jeck met Hätz“ geht in die zweite Runde
- Rundschau-Sitzung „Ärm en Ärm“ „Der eigentliche Star ist das Publikum“
- Rudolfplatz in Köln In die Hahnentorburg soll wieder Leben einziehen
In so einer kleinen Kommune auf dem Land sind Sie in einem ganz kleinen Team. Als Leiter machen Sie selbst alles mit, Sie stehen nachts auf der Straße, und nach drei Tagen Schneefall sorgen Sie mit dem THW dafür, dass die Bauern melken können. Da verdient man sich seine Sporen und bekommt ein Gespür dafür, was los ist. Ich war auch mal Chef des Ordnungsamts in Rüsselsheim. Damals hatten wir bei Opel Großdemos mit 10.000 Menschen, da waren wir Versammlungsbehörde und Ordnungsbehörde zusammen. Wir hatten auch rechtsextreme Kundgebungen mit linken Gegendemos.
Sie haben also genug Erfahrung?
Ich kenne die Probleme aus eigener Anschauung. Früher habe ich mal im Rettungsdienst gearbeitet, als Zivildienstleistender. Da lernt man viele Facetten des Lebens kennen. Also, es ist nicht so, dass ich seit Ewigkeiten in irgendwelchen Managementbüros sitze und nie etwas anderes gesehen habe. Ich habe sehr großen Respekt vor der Aufgabe als Leiter des Kölner Ordnungsamts. Aber es ist nicht das erste Mal, dass ich eine große Verwaltungseinheit führe und Verantwortung trage.
Sie kamen einen Tag vor dem 11.11. ins Amt. Wie war die Sessionseröffnung für Sie?
Es waren extrem viele Eindrücke für mich. Wenn man gerade erst angefangen hat, muss man erst mal lernen und auf die Menschen vertrauen, die das schon lange machen. Das konnte ich mit sehr ruhigem Gewissen, weil ich gesehen habe: Alle Disziplinen, die nötig sind für so einen Tag, arbeiten hier in Köln wirklich Hand in Hand und sehr gut ineinander verzahnt. Es waren sehr viele Menschen auf der Straße, aber nach meinem Eindruck wirkte die Atmosphäre gut gelaunt und friedlich. So wie man sich das wünscht.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für das Amt?
Nach meinem Eindruck aus den ersten Wochen würde ich sagen: im Bereich Veranstaltungen. Die Anforderungen durch die allgemeine Sicherheitslage sind deutlich größer geworden in den letzten Jahren. Die Kolleginnen und Kollegen engagieren sich dort wirklich über alle Maßen. Aber das ist auf Dauer so nicht leistbar. Hier wird es mehr Personalressourcen brauchen. Ich bin keiner, der sofort nach mehr Geld, mehr Personal ruft. Aber im Bereich Veranstaltungssicherheit gehe ich davon aus, dass das unumgänglich sein wird.
Worum geht es konkret?
Wir reden über Karneval, Straßenfeste in den Veedeln, CSD, Weihnachtsmärkte, Silvester und so weiter. Es geht um Themen wie Überfahrsperren und Sicherheitskonzepte. Dafür habe ich eine 21-köpfige Abteilung. Die muss das im Moment für eine Millionenstadt komplett regeln. Sie braucht dringend Unterstützung, und dafür werden wir Ressourcen brauchen.
Was wollen Sie noch verbessern?
Ein wichtiges Thema ist der Ordnungsdienst. Ich möchte, dass wir den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger noch schneller gerecht werden können, als wir es im Moment tun. Zwischen dem „Kundenwunsch“ sozusagen und dem, was wir im Moment bedienen können, gibt es zurzeit noch ein Delta. Und das würde ich gerne schließen. Da werden wir am Ende wahrscheinlich auch wieder über Personal reden müssen.
Wie sehen Sie die Rolle des Ordnungsamtes im öffentlichen Raum? Sollen Ihre Mitarbeiter bei Verstößen auch mal ein Auge zudrücken oder sollen sie möglichst viele Bußgelder verhängen?
Ich sehe das Ordnungsamt als Dienstleister. Wir sind für die Menschen da. Die Menschen beantragen etwas bei uns, und wir sollten sie im Rahmen unseres Ermessens wohlwollend unterstützen bei ihren Anliegen. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die sich rücksichtslos verhalten, sich nicht an Regeln halten. Wenn Menschen rücksichtslos sind oder andere gefährden, müssen wir als Korrektiv regulierend einschreiten. Das kann zum Beispiel die zugeparkte Rettungszufahrt sein. Da sollten wir sehr, sehr klar auftreten und im Sinne der Betroffenen die Regeln durchsetzen. Natürlich mit Augenmaß.
Wie gehen Sie mit Kritik auf vermeintlich schikanierende Kontrollen um?
Ich würde nachfragen, worin das schikanierende Verhalten empfunden wird, und versuchen, dem auf den Grund zu gehen. Natürlich wollen wir nicht, dass jemand schikaniert wird. Nur: Manchmal werden Dinge als Schikane empfunden, bei denen es sich um die Aufrechterhaltung oder Durchsetzung notwendiger Regeln für die Allgemeinheit, also für uns alle, handelt. Die Wahrnehmung ist da oft sehr subjektiv. Ich gehe fest davon aus: Im Regelfall liegen sehr, sehr gute Gründe dafür vor, dass wir eingreifen.
Zum Beispiel am Brüsseler Platz?
Wir haben nachts maximal 60 Dezibel zu gewährleisten. Höchstrichterlich entschieden. Punkt. Die Anwohner haben das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und damit das Recht auf Nachtruhe ab 22 Uhr. Das müssen wir durchsetzen. Und wenn Sie Platzverweise aussprechen, Bußgelder erheben, dann wird das gelegentlich als schlimme Schikane empfunden. Aber wir tun das, was wir tun müssen und wozu wir höchstrichterlich verpflichtet sind. Auf der anderen Seite gibt es im Regelfall auch jemanden, der sagt: Gut, dass die das machen. Und sie sollten es vielleicht sogar schon viel früher tun. Wenn das als Schikane empfunden wird, dann kann ich nur sagen, das ist eine Bewertungsfrage.
Wie wollen Sie den Konflikt am Brüsseler Platz entschärfen?
Was die Lärmgrenzwerte betrifft, haben wir keinen Ermessensspielraum. Wir werden den Austausch mit den Anwohnern suchen und auch mit den Gastronomen. Unsere Aufgabe wird sein, für einen Interessenausgleich zu sorgen und für gegenseitiges Verständnis. Ich glaube, die Gastronomen sind Teil der Lösung. Ich kann Ihnen nicht in Aussicht stellen, dass das Thema jetzt im Sommer gelöst sein wird. Aber wir werden weiter daran arbeiten und mit verhältnismäßigen Mitteln versuchen, den Konflikt zu entschärfen.
Wie sehen Sie Ihre Rolle den Bürgern gegenüber? Wie wollen Sie im Amt gestalten?
Ich sehe das Ordnungsamt tatsächlich im besten Sinne als Dienstleister für die Menschen und möchte, dass wir für die Bürger auch ein Lotse sind, dass wir die Menschen unterstützen, wenn sie bei uns etwas beantragen. Ich möchte gerne ein Möglichmacher sein, aber wir können nicht Partikularinteressen vertreten, sondern wir müssen im Rahmen der Gesetze immer das große Ganze im Blick haben, also alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Ansonsten gibt es nun mal auch rücksichtslose Menschen. Und wir sind die, die diese Menschen auf die Grenzen hinweisen und die Verstöße ahnden müssen. Das sind die beiden Pole.
Der Außendienst des Ordnungsdienstes leidet unter Personalmangel. Wie sieht es aktuell aus?
Wir haben im Moment 180 Mitarbeitende für den Ordnungsdienst und 38 Vakanzen, aber es sind schon Neueinstellungen im nächsten Jahr avisiert. Wir haben zuletzt im Oktober zwölf Leute eingestellt, im Januar werden es 17 oder 18 sein.
Bleibt es bei der Ausbildung mit mehrmonatigen Lehrgängen im Schulungszentrum des Ordnungsdiensts in Junkersdorf?
Ja, das hat sich bewährt. Nach all dem, was mir die Kolleginnen und Kollegen berichten, haben wir in Köln eine sehr gute Ausbildung. Das ist sehr wichtig für die Qualität, die wir am Ende auf der Straße erleben. Wir üben hoheitliche Tätigkeiten aus und greifen in Rechte ein. Dafür sollen die Leute vernünftig ausgebildet sein. Unsere Bewerberzahlen und Einstellungszahlen sind gut. Auch die Qualität der Bewerber hat sich verbessert.
Es hieß früher, Köln brauche 300 Ordnungsdienstkräfte. Meinen Sie das auch?
Mein Eindruck ist im Moment, dass wir die Wünsche und die Bedarfe, die bestehen, nicht umfänglich decken können. Ob wir 300 brauchen, kann ich Ihnen nach wenigen Wochen im Amt noch nicht sagen. Es kommt darauf an, wie umfänglich man den Themen nachkommen will. Es hängt von dem Standard ab, den man will. Wir sind sichtbar, wir greifen ein, benennen die Dinge und sanktionieren auch. Ich nehme aber wahr, dass die Mehrheit in der Stadt sich ein deutlicheres Eingreifen und eine deutlichere Präsenz wünscht.
War es richtig, den Ordnungsdienst in Junkersdorf zu konzentrieren? Ein Teil soll nun ja wieder zurück ins Stadthaus ziehen.
Ich glaube, es war richtig, das zu tun, weil wir dort professionelle Strukturen geschaffen haben. Und es ist jetzt auch richtig, drei Dienstgruppen, die im Rechtsrheinischen unterwegs sind, in Deutz anzusiedeln. Das ist einfach dem Umstand geschuldet, dass die Wegezeiten dann viel kürzer sind. Der Anteil der Zeit, die die Menschen effektiv für Köln arbeiten können, wird einfach größer. Wie so häufig im Leben ist es so: Man macht etwas Gutes, und dann steuert man in Teilen nach. Deswegen wird die Ursprungsmaßnahme ja nicht schlecht. In Junkersdorf haben wir Top-Gegebenheiten für unsere Ausbildung. Wir bekommen aus ganz Deutschland Besuche von Kommunen, die sich dieses Gebäude ansehen aufgrund der Ausstattung, der Modernität, der Gliederung.
Was planen Sie in Bezug auf die künftige Zusammenarbeit mit der Polizei?
Wir haben einen intensiven, regelmäßigen Austausch mit der Polizei und neuerdings auch ein Netzwerktreffen zur öffentlichen Sicherheit. Ich denke, die Zusammenarbeit ist bereits extrem gut. Da sehe ich keinen Handlungsbedarf. Wir ziehen alle an einem Strang. Ich habe außerdem einen Jour fixe mit dem Leitenden Polizeidirektor, bei dem wir uns austauschen, falls die Zusammenarbeit doch einmal haken sollte, was ich mir kaum vorstellen kann. Das ist für mich eine sehr komfortable Situation zu sehen, dass schon alles wirklich sehr, sehr gut aufgestellt ist.
Im Wahlkampf waren der Neumarkt und das Domumfeld ein großes Thema. Der OB hat Verbesserungen angekündigt. Was heißt das für das Ordnungsamt?
Wir haben unsere Dienstzeiten erweitert und das setzen wir auf jeden Fall so fort. Wir wollen dort häufig präsent sein und das sind wir auch. Aber wir können nur die Symptome lindern. Natürlich können wir noch verstärkter auftreten. Aber die Lösungen für die Probleme, ob mit Drogenkranken oder Obdachlosen, liegen nicht im Bereich des Ordnungsamtes.
Köln steckt in der Haushaltskrise. Stellen Sie mehr Politessen ein und lassen sie mehr Knöllchen schreiben, um die Kasse aufzubessern?
Nein, der Verkehrsdienst ist nicht dazu da, die Leute abzukassieren, sondern Regeln durchzusetzen. Denken Sie etwa an die Themen Verkehrsgefährdung und Rettungswege. Im fließenden Verkehr stellen wir Blitzer dort auf, wo es Empfehlungen der Unfallkommission wegen Gefahrenstellen gab. Das wird auch weiterhin mein Kurs sein. Meine Intervention wird nicht sein: Wir stellen irgendwo einen Blitzer hin, ohne Empfehlung der Unfallkommission, nur um damit Geld zu machen. Definitiv nicht.
Sie sind der fünfte Leiter des Ordnungsamts in sieben Jahren. Wie lange wollen Sie im Amt bleiben?
Wenn es nach mir geht, möglichst lange und sehr gerne. Ich bin sehr zufrieden hier und freue mich sehr auf die Aufgabe.
